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Haustiere
Wo wurde der Hund domestiziert?

Hunde sind mehr als Haustiere. Vielen sind sie Begleiter und Hilfe im Alltag, ein vollwertiges Familienmitglied. Wann und wo die Tiere erstmals domestiziert wurden, ist heftig umstritten. Ein internationales Forscherteam hat sich auf die Suche nach dem Ursprung des Haustiers Hund gemacht.

Von Lennart Pyritz |
    Australischer Dingohund
    Dingos sind verwilderte Haushunde, die seit Jahrtausenden vom Menschen unabhängig sind (picture alliance / dpa / Hinrich Bäsemann)
    "Dem Hunde, wenn er gut gezogen, wird selbst ein weiser Mann gewogen."
    So formulierte schon Johann Wolfgang von Goethe im "Faust". Hunden gewogen ist auch Adam Boyko, Professor in der Abteilung für Biowissenschaften der US-amerikanischen Cornell University. Seine Arbeitsgruppe erforscht, wie natürliche Selektion und menschliche Züchtung das Erbgut des Haustiers Hund beeinflusst haben.
    "Viele Menschen interessieren sich für Hunde, besonders den eigenen. Welche Geschichte haben seine Vorfahren? Tatsächlich wissen wir nicht, welche Menschen Hunde domestiziert haben. Wir kennen die ursprüngliche Wolfspopulation nicht, aus der Hunde einst hervorgegangen sind. Unsere Wissenslücken sind enorm."
    So viel scheint sicher: Vor mindestens 15.000 Jahren begannen Menschen damit, Wölfe zu zähmen und in Haustiere zu verwandeln. Hunde sind damit die älteste domestizierte Art. Wo die Vierbeiner erstmals zum Begleiter des Menschen wurden, ist allerdings umstritten. Erst 2013 verorteten Forscher die Wiege des Hundes in Europa. Laut Boyko aber voreilig.
    Die Streuner lieferten wichtige Informationen
    "Diese Studie basierte auf Fossilien, die hundeartig aussehen. Aber es war nicht klar, ob das Hunde- oder Wolf-Fossilien sind. Nachfolgende Erbgutanalysen haben jetzt gezeigt: Diese Fossilien haben genetisch nichts mit modernen Haushunden gemein."
    Boyko und sein Team wählten einen anderen Ansatz, um den Ursprung der heutigen Vierbeiner zu rekonstruieren. Sie sammelten Blutproben von mehr als 5.0 Hunden. Darunter reinrassige Tiere aber auch streunende Hunde aus unterschiedlichen Regionen der Welt. Anhand der Proben analysierten die Forscher deren Erbgut. Dabei verglichen sie Diversitätsmuster über das gesamte Genom anhand von mehr als 150.000 DNA-Abschnitten. Gerade die Streuner lieferten dabei wichtige Informationen.
    "Fast überall, wo wir Proben gesammelt haben, zeigten diese streunenden Hunde eine regional spezifische genetische Signatur. Das sind indigene Populationen, die jeweils schon lange an ihrem Ort existieren."
    Boyko und sein Team kamen zum Ergebnis: Die Vorfahren unserer Haushunde wurden vermutlich in Zentralasien domestiziert. Die Spur zu dieser Erkenntnis lieferten die unterschiedlichen Muster in der Hunde-DNA.
    Zeitpunkt der Domestizierung genauer eingrenzen
    "Wenn eine Population beginnt, ihren Ursprungsort zu verlassen – zum Beispiel der Mensch Afrika –, wandert nur ein Teil der Individuen ab. Die genetische Vielfalt dieser Teilpopulation ist natürlich geringer. Und je weiter man sich vom Ursprung einer Art entfernt, desto geringer wird sie. Für Menschen ist das Zentrum der Diversität in Ost-Afrika. Und sie nimmt ab, je weiter man den Routen aus Afrika hinaus folgt. Wir haben dasselbe Muster bei den Hunden gesehen – aber ausgehend von Zentralasien."
    Vermutlich wurden die ersten Hunde in der Nähe des heutigen Nepal oder der Mongolei domestiziert. Europäische Spuren im Erbgut sind in Asien rar. Anders sieht die Situation in Mittel- und Südamerika aus. Dort gehen die streunenden Hunde maßgeblich auf Vorfahren zurück, die europäische Siedler offenbar mitgebracht haben. Auch dazu, wie Mensch und Tier ursprünglich zueinander fanden, hat Boyko eine Theorie: Vermutlich näherten sich Wölfe den menschlichen Jägern, um in Zeiten knapper Nahrung etwas von deren Beute abzubekommen.
    "Ob die ersten Hunde von allein zu anderen Menschengruppen gewandert sind und fester Bestandteil von ihnen wurden, oder ob die Menschen selbst die Hunde in der Welt verbreitet haben – das wissen wir nicht."
    Im nächsten Schritt wollen die Forscher Studien mit DNA-Sequenzen anschließen, die durch archäologische Funde kalibriert sind. So wollen sie nach dem Ort auch den Zeitpunkt der Domestizierung genauer eingrenzen.