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Hip-Hop von Young Fathers
Wieder Preisverdächtig

Das Hip-Hop-Trio Young Fathers aus Edinburgh wurde im vergangenen Jahr mit einem der renommiertesten Musikpreise der Welt - dem Mercury Prize - für ihr Album "Dead" ausgezeichnet. Und auch auf ihrem neuen Album "White Men Are Black Men Too" drehen und dehnen sie den Hip-Hop wieder preisverdächtig in alle möglichen Richtungen.

Von Anke Behlert |
    Die CD- und die Vinylversion von "White men are black men too" ist mit einem Aufkleber versehen, auf dem "File under rock and pop" zu lesen ist. Man soll das Album also unter Rock und Pop einsortieren. Aber die guten alten Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Songs sucht man bei Young Fathers vergeblich. Hört man sich ihren wild-eklektischen Mix aus Soul, Hip-Hop, Pop und Punk an, fällt es schwer, Young Fathers überhaupt irgendwo einzusortieren.
    Young Fathers sind Alloysious Massaquoi, Kayus Bankole und 'G' Hastings. Kennengelernt haben sie sich als Teenager in der Hip-Hop-Szene Edinburghs. Allerdings waren sie schon damals Außenseiter erzählt Graham 'G' Hastings.
    "Verschiedene Szenen sind schon wichtig für eine Stadt, sie geben den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl. Aber innerhalb dieser Szenen herrscht oftmals ein gleichgeschaltetes Denken und die Leute laufen irgendwelchen Trends nach, ohne zu wissen, warum. Wir haben das von Anfang an durchschaut. Als wir uns kennengelernt haben, waren da viele Typen, die schon seit Jahren rappten. Die haben aber nie mit uns gesprochen. Deshalb haben wir angefangen, unsere eigene Vorstellung von Pop und Dance Music umzusetzen. Man fühlt sich besser, wenn man sein eigenes Ding macht. Deshalb sind wir auch nie zum Teil irgendeiner Szene geworden und haben stattdessen lieber miteinander abgehangen."
    Hooklines, die sich ganz schnell im Ohr festsetzen
    Ihre eigenen Vorstellungen von Pop und Dancemusik beinhalten so unterschiedliche Dinge wie ein Glockenspiel, ein verzerrtes Keyboard, das auch mal schiefe Töne spielt, einen Drumcomputer und Sampler die alle möglichen knarzenden und klappernden Geräusche erzeugen. Aber es gibt auch immer Hooklines, die sich ganz schnell im Ohr festsetzen. Pop eben. Aber nicht von der x-beliebigen und schnell vergessenen Sorte. Denn hinter richtig gutem Pop steckt immer eine Ideologie.
    "Denk nur mal an Motown oder Chess Records. Diese Labels haben tollen Pop veröffentlicht und hatten eine Ideologie. Das trifft zwar auf 90 Prozent der Pop Musik nicht zu, weil diese Songs einfach nur in der Bedeutungslosigkeit herumschwirren. Aber es gibt diese Ausnahmen und davon haben wir uns immer angezogen gefühlt. Das war die Musik, die unsere Eltern gehört haben und die uns bis heute maßgeblich beeinflusst."
    Dass Young Fathers in Interviews manchmal etwas mürrisch wirken kommt wohl daher, dass sie ihre Musik und alles, was damit zu tun hat, sehr ernst nehmen und auch eine Kontroverse nicht scheuen. Den Albumtitel "White Men Are Black Men Too" mussten sie gegenüber ihrem Management verteidigen, erzählt Alloysious Massaquoi.
    "Zunächst einmal haben wir den Titel gewählt, weil er sich richtig anfühlte. Er drückt unsere Geisteshaltung aus. Aber wenn man eine solche Aussage trifft, muss man sich fragen, wie andere Menschen damit umgehen werden. Denn es wird immer Beschwerden geben, da kann man nichts dran ändern. Wir haben uns wochenlang Gedanken darüber gemacht, denn man kann eine solche Aussagen nicht treffen, ohne mit positiven und negative Reaktionen zu rechnen. Wir brechen damit ein Tabu. Die Leute bekommen einfach Angst, wenn man Fragen der Rasse in einem Albumtitel thematisiert."
    Aufnahme in einem ungemütlichen Kellerstudio in Berlin
    Große Teile ihres neuen Albums haben Young Fathers in einem ungemütlichen Kellerstudio in Berlin aufgenommen. Offenbar war das die richtige Arbeitsatmosphäre. Wenn man nicht zu Hause ist, kann man sich einfach besser konzentrieren findet G Hasting.
    "Wir mussten einfach aus dem Keller raus, in dem wir bisher aufgenommen haben. Wir wollten woanders hin und Berlin ist mit dem Flugzeug nur eine Stunde von Edinburgh entfernt. Außerdem wurden in dieser Stadt viele tolle Alben aufgenommen. Und uns hat es hier schon immer gut gefallen, wenn wir zu Besuch waren. Berlin schien also eine gute Wahl zu sein. Wir wollten an einen Ort, wo wir uns ganz der Platte widmen konnten, weil wir die Arbeit daran endlich abschließen wollten. Abseits von der Heimat klappt das oft besser, weil man dann nicht von so vielen Dingen abgelenkt wird."
    Dank ihres furchtlosen, sehr eigenem Umgangs mit Musik schaffen Young Fathers einen sehr zeitgemäßen Sound, der beim Hörer jegliche vorgefasste Meinung darüber, wie Popmusik heutzutage klingen soll, in Frage stellt. Wer sich davon nicht abschrecken lässt oder überfordert fühlt, dem wird "White Men Are Black Men Too" von Young Fathers großen Spaß machen.