Als Suliko ein Baby von drei Monaten war, ist sein Onkel mit ihm über den fast 3000 Meter hohen Abanopass nach Tuschetien geritten. Im Dorf Alvani am Fuße des Großen Kaukasus war der Reiter aufgebrochen, um den Winzling zu seiner Oma ins tuschetische Dorf Iliurta zu bringen. Das war 1978. Damals gab es die unbefestigte Straße noch nicht, auf der wir jetzt mit Fahrer Suliko im Allrad-Geländewagen zum Abanopass unterwegs sind. Die gefährliche Strecke ist der einzige Zugang zu den abgeschiedenen Bergdörfern Tuschetiens, einer der ursprünglichsten Regionen im äußersten Nordosten Georgiens.
Auch wir sind morgens in Alvani gestartet, allerdings mit zwei robusten Fahrzeugen und nach letzten Einkäufen in einem Supermarkt, denn Geschäfte und Läden gibt es in Tuschetien nicht.
"Den zweiten Geländewagen steuert Giorgi, auch er ein Tusche, wie die Bewohner dieser abgelegenen Region genannt werden. Berühmt sind die außergewöhnlichen Fahrkünste der Tuschen, die sich im Gebirge bestens auskennen. Anfangs geht es noch moderat bergan, entlang üppiger Urwälder an den Berghängen. Doch schon bald ächzen die schweren Autos über endlose Serpentinen mit irrwitzigen Kehren immer steiler aufwärts, die holprige Piste ist voller Geröll und Schlaglöchern, von Gebirgsbächen überflutet, und seitlich fällt der Blick in tiefe Schluchten."
Blick auf die schneebedeckte Kette der Kaukasus-Gipfel
Endlich auf Georgiens höchstem befahrbarem Pass angekommen, werden wir mit einer grandiosen Berglandschaft rundherum und mit einer Weitsicht bis zu der schneebedeckten Kette der Kaukasus-Gipfel belohnt. Hier oben in totaler Stille im warmen Sonnenschein zu picknicken, lässt uns vor lauter Andacht verstummen.
"Auf der Fahrt vom Pass hinunter kommen schon bald die ersten mittelalterlichen Dörfer in Sicht, weit entfernt und wie verloren zwischen schroffen Bergen und Tälern. Die Sonne steht schon tief, als wir auf gut 2000 Meter Höhe das tuschetische Hauptdorf Omalo erreichen, gerade mal 72 Kilometer von unserem Start in Alvani entfernt. Unsere Herberge liegt am Fuße eines steilen Hügels, auf dem sich mehrere mächtige Wehrtürme erheben."
Nomaden zwischen Sommerdorf und Winterdorf
Beim Abendessen berichtet Tamuna Latsabidze, unsere georgische Reisebegleiterin, über das traditionelle Leben der Tuschen: Die Tuschen haben ein gewisses Nomadentum hier schon immer gehabt.
Es gab das Sommerdorf und das Winterdorf. Das Sommerdorf war höher gelegen. Diese Sommerdörfer bestanden mehr oder weniger aus Wohnwehrtürmen.
Und das Winterdorf, nahe an den Äckern, dort konnten sie auch ihr Vieh unterbringen. Die wären leicht einzunehmen gewesen, aber um die Zeit waren sie ja durch die Natur geschützt, wegen viel Schnee. Da sind sie dann also immer hin- und hergezogen, wie ein Nomade unterwegs, im Winter auf den Winterweiden und im Sommer auf den Sommerweiden. Das ist die einzige Region, die in dieser Art Nomadentum gelebt hat.
Häuser aus Schieferstein, Holzbalkone, uralte Wehrtürme
Später steigt Rauch aus den Häusern des Dorfes. Sie stehen verstreut neben einem Flüsschen und übereinander gestaffelt an den Hängen, viele aus Schieferstein mit Holzbalkonen, und darüber thronen die dunklen Wehrtürme wie Wächter aus einer längst vergangenen Zeit.
"Die ältesten Wehrtürme Tuschetiens sollen schon im 12. bis 13. Jahrhundert entstanden sein. In einem der hohen Wohnwehrtürme von Omalo hat ein Bewohner des Dorfes namens Nugsar Idoidse vor ein paar Jahren ein ethnografisches Museum geschaffen. Wir müssen uns bücken, um den Turm zu betreten."
"Der Eingang ist extra so niedrig, damit, wenn Fremde oder wenn Feinde einfallen würden, sie mussten sich verbeugen, sie konnten nicht aufrecht gehen, da sind sie in der Position gewesen, dass sie nicht schießen konnten. Außerdem ist es eigentlich so’n bisschen Demut - Demut vor dem Türengel, das ist der Beschützer des Hauses."
Lagerfeuer im Haus, Männerecke, Frauenecke
Drinnen führen grobe Holzstufen aufwärts und durch ein Deckenloch in die "Schua", den Wohnraum für die ganze Familie. Früher gab es nur eine Hühnerleiter, die man bei Gefahr schnell hochziehen konnte, und eine Klappe, mit der das Loch verschlossen wurde.
"Das ist die Männerecke. Und das ist die Frauenecke - hier, wo die Küchenecke ist und wirtschaftliche Sachen. Das ist jetzt so eine ganz typische Konstruktion von Lagerfeuer im Haus, wo man gekocht hat. Das ist zum Butter machen, also stampfen, Butterfass. Das ist eine Wiege, die man aber aufgehängt hat. Das ist zum Beispiel für Bier, wenn man Bier gebraut hat. Bier hat man ja nur zu feierlichen Anlässen gebraut, für diese Dorffeste. Hier gab es ja keinen Wein. Und das war eigentlich das Getränk."
Frauenfigur aus dem 5. Jahrhundert vor Christus
Durch weitere enge Öffnungen geht es zu den oberen Stockwerken hinauf, einem Schlafraum für Frauen und Kinder und ganz oben zu dem der Männer, wo sie auch Wache gehalten haben. Ein Schwert, ein altes Gewehr, Pfeil und Bogen sind zu sehen. Jedes Haus war damals Bestandteil einer größeren Festungsanlage, um sich vor Überfällen zu schützen. Ein besonderes Fundstück des Museums ist eine große Frauenfigur aus Holz, datiert auf das fünfte Jahrhundert vor Christus.
Bis heute sind einige Dörfer nur zu Fuß oder mit dem Pferd zu erreichen. Sich ihnen wandernd zu nähern, durch unberührte Gebirgslandschaften, bis hoch hinauf von dichten Wäldern bedeckt, ist ein unvergleichliches Erlebnis. Bei einer der schönsten Touren steigen wir auf einem steilen Bergrücken zwischen zwei tiefen Tälern zum dreitausend Meter hohen "Dach Tuschetiens" hinauf. Es ist heiß, über dreißig Grad und der Rucksack mächtig schwer.
Einkehr bei den höchsten Dörfern Europas
Doch je höher wir kommen, desto mehr ist über den schroffen Bergen die schneebedeckte Kette der Kaukasus-Gletscher zu sehen. Unter uns liegen weit verstreut die kleinen Dörfer, darunter Bochorna, eines der höchsten Dörfer Europas, und auf der anderen Seite des Bergrückens das Dorf Dartlo mit vielen Wehrtürmen. Beim Abstieg passieren wir an einem Steilhang eine riesige Schafherde, und weiter unten grasen Kühe. Andere Wanderer jedoch sind uns den ganzen Tag nicht begegnet.
Die Unterkünfte in Tuschetien sind einfach: kleine Zimmer mit schmalen Einzelbetten ohne Bad und elektrischen Strom. Köstlich sind die frisch zubereiteten Speisen, Teigtaschen mit scharf gewürztem Hackfleisch, heiße Käsefladen, gebratene Auberginen und selbst gebackenes Hefebrot. Nachts hilft eine tragbare Solarlampe auf dem Weg zur Gemeinschaftstoilette.
Hartes Leben in der Abgeschiedenheit des Tales
Am nächsten Morgen fahren wir mit Suliko und Giorgi tief ins Gometsari-Tal hinein, durch einen flachen Fluss neben einem Wasserfall, bis die Straße endet. In der Abgeschiedenheit dieses Tales entwickelten die einst dort lebenden Tsova-Tuschen ihre eigene Sprache. Doch schon lange haben sie das Dorf Tsaro verlassen.
Wir wandern zu den steil am Hang liegenden Ruinen, verfallenen Häusern und Türmen aus übereinander geschichteten Schiefersteinen. Tamuna berichtet, dass in diesem Dorf Kranke aus Angst vor Ansteckung mit etwas Nahrung in ein abgelegenes Haus geschickt wurden und dort verhungerten. Schwangere mussten ihr Kind allein gebären und durften erst 40 Tage nach der Geburt in die Gemeinschaft zurückkehren. Viele Mütter und Babys haben das nicht überlebt. Ob das Dorf daran zugrunde ging? Oder an Epidemien? Inmitten der Landschaft sind überall Reste archaischer Türme zu sehen, Zeichen einer mystischen Welt, durch die manchmal eine Horde weißer wilder Hunde streift.
Schwindelerregende Hänge, reißende Flüsse
Mindestens zehn bewohnte Dörfer gibt es noch in Tuschetien. Eines davon ist das düstere Dochu, dessen Häuser sich auf einer Bergspitze und einem schwindelerregend steilen Hang eng aneinanderdrängen. Leider liegt es jenseits eines breiten, reißenden Flusses, gespeist von einem mächtigen Wasserfall.
"Suliko hält, steigt aus und prüft die Strömung. Steigt wieder ein, rangiert den Jeep in einen schrägen Winkel und fährt mit rasender Geschwindigkeit in den Fluss. Wir halten den Atem an. Das Auto schwankt im Wasser, Suliko fährt rückwärts zurück ans Ufer. Steigt nochmals aus, prüft wieder die gurgelnde Strömung, rast in einem anderen Winkel durch den Fluss und dann die Böschung hinauf. Er ist per Seil mit Giorgis Geländewagen verbunden, damit er diesen notfalls aus dem Wasser ziehen kann. Doch auch Giorgi kommt durch."
Söhne aus dem jahrhundertealten Dorf leben heute in den USA
Die Tuschen sind gelassene Zaubermenschen mit einem unerschütterlichen Selbstvertrauen, daran haben wir keinen Zweifel mehr, als wir den Steilhang zu den uralten Häusern von Dochu hinunterklettern. Im Schatten vor seinem Haus sitzt Usup Torghwaidze, ein älterer Mann. Er komme jeden Sommer hierher, sagt er.
"Er hat ein Bild sogar aus dem Jahr 1880, von einem Deutschen aufgenommen. Das Dorf gibt es seit Jahrhunderten, seine Vorfahren stammen hierher."
Damals gab es noch sieben Wehrtürme in Dochu. Sie seien nach und nach abgebaut und die Steine für neue Häuser verwendet worden, sagt Usup, weil Verteidigung nicht mehr so wichtig war. Seine beiden Söhne haben im Ausland studiert und leben heute in den USA und in England.
Die Tochter lebt sogar in Deutschland mit ihrer Familie. Sie sind gestern angekommen, sie kommen aus Nürnberg. Sie sind in Omalo hängengeblieben gestern, und die werden morgen hierher kommen.
"Gebetet wird an Steinhaufen, 'khati' genannt"
Vor sieben Jahren hat Usup sein Haus in ein Hotel mit zwölf Zimmern umgewandelt, die Gäste seien international, sagt er. Für den steilen Pfad ins Dorf hinunter müssen sie jedenfalls gut gerüstet sein.
"Um das achte, neunte Jahrhundert haben die Tuschen gezwungenermaßen das Christentum angenommen - 500 Jahre später als im übrigen Georgien. Doch richtige Christen sind sie nicht geworden. Bis heute sind heidnische Traditionen und der Glaube an Naturgeister weit verbreitet. Es gibt nur ein, zwei kleine Kirchen in Tuschetien. Gebetet wird an heiligen Plätzen, an Nischen und Steinhaufen, "khati" genannt, wo sie ihrem Halbgott Kopala Opfer bringen. Frauen dürfen sich diesen Plätzen nicht nähern, geschweige denn etwas berühren. Von diesem Kopala hat der Heilige Georg, christlicher Schutzpatron Georgiens, ein paar Funktionen übernommen. Tamuna sagt: "Auch dem Heiligen Georg opfert man Schafe - das darf der Heilige Georg gar nicht wissen."
Sowjets wollten die Bevölkerung sesshaft machen
Als die Perser im 17. Jahrhundert in Kachetien einfielen, sollen die tollkühnen Kämpfer der Tuschen dem kachetischen König geholfen haben, sie zu vertreiben. Zum Dank gestattete man ihnen, die Alazani-Ebene unten im Tal als Winterweide zu nutzen. Später, nachdem Georgien 1801 von Russland annektiert worden war, erbaten die Tuschen die Erlaubnis, dort im Winter auch zu leben. So blieb es bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts - im Sommer oben, im Winter unten.
Doch dann wollten die Sowjets, dass die Bergbevölkerung unten sesshaft wird.
"Also die Sowjets, die fanden das zu mühsam, es war einfach zu abgelegen und zu schwierig hier, die sowjetische Struktur einzubringen. Also haben sie die Leute gezwungen, nach unten überzusiedeln. Das hat man da unten ganz gezielt gewollt. Unten gab es Krankenhäuser, Schulpflicht, den Fortschritt, oben gab es nichts, nicht mal eine Straße. Also sie haben auf alles verzichten müssen, was man unten schon an Fortschritt hatte. So sind sowohl Tuschetien als auch Chewsuretien, die benachbarte Region, leer geworden."
Schewardnadze wollte der Entvölkerung entgegenwirken
Erst Ende der 70er Jahre kam der Umschwung, in der Regierungszeit von Eduard Schewardnadze. Um der Entvölkerung der Region entgegenzuwirken, erhielt Omalo eine Krankenstation, eine Schule, und der Reitweg über den Abanopass wurde zur Straße ausgebaut. Seither kehren die tuschetischen Familien in den Sommermonaten in ihre Dörfer zurück, reparieren die Häuser, bauen Balkone und pflegen ihre Traditionen.
Hundert Tage nach dem orthodoxen Osterfest finden in den Dörfern traditionelle Volksfeste mit archaischen, teils vorchristlichen Bräuchen statt. Undenkbar wäre es für die Tuschen, diese Feste anderswo als hier oben in den Bergen zu feiern, mögen sie auch mittlerweile in Tiflis oder Telawi wohnen. Oft werden die genauen Termine erst kurzfristig festgelegt oder wieder verschoben, sodass Reisende ein bisschen Glück brauchen, um am richtigen Ort zur richtigen Zeit ein Fest mitzuerleben.
"Wir übernachten in Dartlo, auf einer Bergzunge über einem Flusstal gelegen, mit seinen besonderen Wehrtürmen und Wohnhäusern eines der schönsten Dörfer Tuschetiens. Höher am Hang liegen urtümliche Dörfer, zu denen wir am nächsten Morgen hinaufwandern. Aufgetürmte Steinhaufen-Heiligtümer säumen den Pfad zum Dorf Dano. Ein Junge reitet tollkühn über eine Alm zu einer Wasserstelle. Kinder spielen vor einem Gehöft, gesäumt von Schiefermauern, auf denen ein frisches Schaffell zum Trocknen ausgebreitet ist."
Im Haus der berühmten tuschetischen Sängerin Lela Tataraidze
In eines der Häuser werden wir auf einen türkischen Kaffee und selbst gebrautes Bier in die Wohnküche eingeladen. Elena ist mit ihrem Baby vor zwei Wochen aus Tiflis heraufgekommen und wird noch eine Weile bleiben. Ihr dreijähriger Sohn Sura ist mit Oma Teona schon länger hier. Es stellt sich heraus, dass dieses Haus der Tante Elenas, der berühmten tuschetischen Sängerin Lela Tataraidze, gehört.
"...Lela Tataraidze. Wir sind in Lelas Haus..."
In der Wohnküche von Elena erfahren wir, dass nachmittags in Dano die große Festtafel dieses Dorfes stattfinden wird. Vorher bleibt uns noch Zeit genug, um zu den schroffen Mauern von Kwawlo hinaufzusteigen.
"Die Häuser wurden einst in atemberaubender Höhe, als wollten sie mit den Bergen konkurrieren, an die Hänge gebaut. Der uralte Turm an einer Steilwand ist mit einem Gerüst gesichert, damit er nicht zusammenbricht. Er trägt eine ungewöhnliche Spitze, als wäre er ein Khati-Heiligtum."
Pferderennen, viel Schnaps, überbordende Festtafeln
Als wir verschwitzt nach Dano zurückkehren, hat das Festmahl schon begonnen. Gerade hebt die Akkordeonmusik an, gespielt von der Tante des diesjährigen Gastgebers Stephane Tataraidze, der auch ein Verwandter der berühmten tuschetischen Sängerin Lela Tataraidze ist. Stephane heißt die Besucher herzlich willkommen. Er lebt in Tiflis, aber zum Fest seines Heimatdorfes kommt er immer herauf, sagt Tamuna.
Dieses Jahr ist er Gastgeber, und er war der Fahnenträger dieses Jahr. Also gestern um 12 Uhr hat er die Fahne nach oben auf den Berg getragen und sie waren die Nacht dort. Und heute gegen Mittag haben sie die Fahne hier herunter getragen. Also das ist die Einführung für das Ritual. Und dann erst gibt es das Pferderennen, und dann erst gibt es die Tafel. Wir sind gerade bei der Tafel.
"Herzlich willkommen hier noch einmal. Genießen Sie’s."
Unter einem Dach mit Planen an den Seiten stehen zwei lange Tische, überbordend vor Speisen, viel Hammel- und Rindfleisch, gebackenes, gewürztes Gemüse, Salate, Käsebrote mit Kartoffeln, dazu selbst gebrautes Bier und Schnaps. Auf den Bänken der einen Seite sitzen die Männer, auf der anderen Seite die Frauen, die Kinder pendeln hin und her, und in der Mitte dazwischen wird getanzt. Ab und zu wird der Boden gewässert, damit es nicht so staubt. Tamuna ruft:
"Ein bisschen Schnaps! Auf die heiligen Plätze hier müssen wir trinken!" "Auf die heiligen Plätze! Auf die heiligen Plätze!"
"Werden jedes Jahr hochkommen, um unsere Feste zu feiern"
Die Schnapsgläser werden ständig nachgefüllt. Wir nippen und schütten den Rest unauffällig hinter uns auf den Boden.
Wieder beginnt die Tanzmusik in Moll. Die Männer tanzen mit Leidenschaft und fordern die Fremden auf, mitzutun. Noch einmal werden die Gläser gefüllt, bevor Gastgeber Stephane eine Rede hält, die Tamuna übersetzt.
"Ich möchte auf das Wohl der Gäste zu trinken, die diese schöne Ecke Georgiens bereisen. Wir sind die jüngere Generation von Tuschen, die den Traditionen nachgehen und diese Region von den Vorfahren überliefert bekamen. Wir werden das hier auch nie aufgeben. Wir werden jedes Jahr hochkommen, um unsere Feste zu feiern, und die Gäste sind da herzlich eingeladen."
"Was sie von ihrem Halbgott Kopala erbitten, bleibt ihr Geheimnis"
Dann wird auf dem Akkordeon "Wie schön ist Tuschetien" angestimmt, das Lieblingslied der Tuschen. Da springt am Tisch der Männer einer auf und schmettert los, mit mächtiger Stimme.
Er tänzelt umher in seinem schönen, vielfarbigen Hemd, die Männer pfeifen, spornen ihn an, die Frauen kreischen. Und als der betrunkene Sänger erschöpft auf einen Stuhl sinkt, singen die Gäste für ihn weiter, und die Frau mit dem Akkordeon spielt zu Ende bis zum letzten Ton.
Die Verabschiedung dauert endlos, Gruppenfotos, Adressentausch, Umarmungen, bis wir den Weg abwärts zu unserem Quartier in Dartlo nehmen. Vor der Silhouette der dunklen Berge schimmert Danos größtes Khati-Heiligtum magisch im Dämmerlicht, mit Nischen und Vorsprüngen für die Opfergaben, und ganz oben, über mächtigen Steinbockhörnern, ragt ein langer weißer Stein empor. Drei Männer hocken zu Füßen des Khati, und was immer sie von ihrem Halbgott Kopala erbitten, bleibt ihr Geheimnis.