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Hochschulfinanzierung
"Dann muss eben ein anderer entscheiden"

Sachsen-Anhalts Wissenschaftsminister Hartmut Möllring will einzelne Forschungsinstitute zur Not selbst schließen, wenn die Universitäten sich nicht zu Strukturreformen durchringen könnten. Wo die Autonomie nicht funktioniere, müsse die Politik Entscheidungen treffen, sagte Möllring im DLF.

Hartmut Möllring im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Hartmut Möllring (CDU), Minister für Wirtschaft und Wissenschaft des Landes Sachsen-Anhalt, am 28.03.2014 während einer Pressekonferenz in Magdeburg.
    Hartmut Möllring (CDU), Minister für Wirtschaft und Wissenschaft des Landes Sachsen-Anhalt. (picture alliance / dpa / Jens Wolf)
    Manfred Götzke: Forschung und Lehre sind frei - so steht es im Grundgesetz, und seit den 70er-Jahren haben die Länder dieses Grundrecht auf freie Forschung auch ausbuchstabiert, und zwar so: Autonomie der Hochschulen - die Unis und FHs können selbst entscheiden, was sie mit ihrem Etat machen, welche Fakultäten sie ausbauen und welche sie schließen. Hartmut Möllring, der Wissenschaftsminister in Sachsen-Anhalt, der will an diesem Grundsatz jetzt allerdings rütteln. Er will im Ringen um Einsparungen die beiden Unis des Landes notfalls entmachten und selbst Uni-Institute dichtmachen. Herr Möllring, welches Problem haben Sie mit der Hochschulautonomie?
    Hartmut Möllring: Ich hab überhaupt gar kein Problem mit der Hochschulautonomie. Ich halte das für einen ganz wichtigen Teil unserer Forschung und Lehre, und deshalb setze ich ja darauf, dass die Hochschulen auch selber ihre Konzepte erarbeiten. Da sind sie auch auf einem guten Weg.
    Götzke: Dennoch wollen Sie ja zur Not Uni-Institute, Hochschulinstitute selbst schließen können.
    Möllring: Ja gut, irgendwann muss eine Entscheidung getroffen werden, und wenn die Selbstverwaltungsorganisationen nicht in der Lage sind, eine Entscheidung zu treffen, was gäbe es denn dann für ein Chaos? Dann wäre Geld da, und jeder greift auf das Geld zu, und wenn es alle ist, ist es vorbei? So kann man ja keine Strukturpolitik machen, da bin ich mir mit den Rektoren der Universitäten auch völlig einig, und das ist auch logisch, dass eben Budgets, die vorhanden sind, müssen vernünftig verteilt werden, und am besten durch die Autonomie der Hochschulen.
    Götzke: Dennoch sagen Sie ja, wenn das mit der Autonomie nicht greift, dann greift am Ende der Minister durch. Wie viel ist Autonomie dann wert?
    Möllring: Wenn Autonomie nicht funktioniert - ich verstehe Ihre Frage nicht. Ich habe es Ihnen doch eben deutlich erklärt. Es ist so: Wenn ein begrenztes Mittel an Geld da ist, und das ist an allen Hochschulen dieser Welt so, das muss nach vernünftigen Maßstäben verteilt werden, und das macht die Uni am besten selber. Aber wenn die Uni keine Entscheidung treffen würde, was ich nicht erwarte, dann muss eben jemand anders die Entscheidung treffen, entweder das Ministerium oder der Landtag.
    Götzke: Wer blockiert denn an den Hochschulen?
    Möllring: Na ja, es ist natürlich immer schwierig, wenn Entscheidungen, Strukturentscheidungen getroffen werden, die gar nicht unbedingt finanzielle Gründe haben müssen, sind diejenigen, die davon betroffen sind, immer am wenigsten begeistert. Das ist ja auch eine ganz menschliche Reaktion. Trotzdem müssen Entscheidungen getroffen werden, auch wenn sie unbequem sind. Aber wenn man aus Bequemlichkeit keine Entscheidungen trifft, dann muss eben jemand anders die Entscheidung treffen. Aber das ist überall auf der Welt so.
    Götzke: Sie sagen Bequemlichkeit. Aber sie haben es ja auch ein bisschen gerade angedeutet, dass Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter nicht dazu geneigt sind, sich selbst wegzurationalisieren.
    Möllring: Ja, deshalb müssen die Gremien ja vernünftige Entscheidungen treffen. Es sind ja nicht nur die Betroffenen in diesen Gremien, sondern man ist ja in diese Gremien gewählt worden, um das Wohl der gesamten Hochschule zu fördern und darüber zu entscheiden. Und das ist in der Politik so, das ist in Vereinen so, das ist an den Hochschulen so, das ist überall so, dass Entscheidungen getroffen werden müssen, die das Gesamtwohl im Interesse haben, und dann müssen das in den Hochschulen auch. Aber ich hab auch gar keinen Zweifel, dass das so geschehen wird.
    Götzke: Warum dann dieser Vorschlag?
    Möllring: Der Vorschlag ist das Normalste der Welt, dass dort, wo keine Entscheidungen getroffen werden können oder keine getroffen werden wollen, jemand anders die Entscheidung treffen muss. Aber das ist jetzt nichts Revolutionäres.
    Götzke: Die Gewerkschaft Ver.di, die wirft Ihnen vor, sie wollten die Rektoren aus der Schusslinie nehmen, um die Kürzungsvorhaben an den Hochschulen durchzusetzen.
    Möllring: Ja gut, das ist die Pflicht von Ver.di, natürlich eine andere Meinung zu haben als ich, und der Spruch, wer nicht hören will, muss fühlen, das ist nun wirklich Pädagogik des letzten Jahrhunderts, darum geht es mir gar nicht. Auch Ver.di muss ein Interesse daran haben, dass die Arbeitsplätze hoch qualifiziert sind, wo ihre Mitglieder arbeiten, und das ist eben gut, wenn die Universitäten gut aufgestellt sind. Und da arbeiten wir gemeinsam dran, und deshalb verstehe ich die ganze Aufregung nicht. Ich bin überzeugt, dass die Universitäten in eigener Verantwortung die richtigen Entscheidungen treffen.
    Götzke: Wie sinnvoll ist es denn, in Ihrem Bundesland, das auf Forschung und Entwicklung - Sie haben es gerade selbst gesagt - angewiesen ist, wie sinnvoll ist es da, den Hochschuletat um fünf Millionen Euro zu kürzen?
    Möllring: Der Hochschuletat ist in diesem Jahr so hoch wie noch nie in diesem Land. Er wird auch im nächsten Jahr deutlich noch mal höher sein. Es ist richtig, dass ein Konsolidierungsbeitrag entnommen wird. Dafür wird auf anderer Seite auch Geld zugeführt. Und dieses muss nur sinnvoll verteilt werden. Es geht nicht nach der Gießkannenmethode oder nach der Rasenmähermethode, ob sie es positiv oder negativ sehen, sondern es muss strukturell verantwortbar gehandelt werden. Dafür sind die Hochschulgremien da. Ich bin überzeugt, die werden ihre Aufgabe erfüllen. Und das müssen wir jetzt abwarten. Allerdings, wenn diese Aufgabe nicht erfüllt werden sollte - wovon ich allerdings nicht ausgehe - dann muss eben jemand anders entscheiden.
    Götzke: Zur Not muss jemand anders entscheiden: der Minister. Das sagt Sachsen-Anhalts Wissenschaftsminister Hartmut Möllring. Danke schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.