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Homosexuelle Paare
Renzi will eingetragene Lebenspartnerschaften ermöglichen

Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi will homosexuelle Lebenspartnerschaften legalisieren - das Thema ist in dem primär katholischen Land sehr umstritten. Seine Chancen stehen allerdings gut: Aus dem Vatikan kommt nur wenig Gegenwehr. Lebenspartnerschaften sollen allerdings nicht komplett gleichgestellt werden mit der Ehe.

Von Thomas Migge |
    Matteo Renzi hält eine Rede und gestikuliert dabei.
    Matteo Renzi während seiner Regierungserklärung im Senat. (picture alliance / dpa / Fabio Frustaci)
    Drei schwule Paare aus Italien hatten in Straßburg geklagt. Ihnen war von ihren Kommunen die rechtliche Anerkennung ihrer Partnerschaften verweigert worden. Doch mit der Gesetzeslage in ihrem Heimatland wollten sie sich nicht abfinden. Regierungschef Matteo Renzi denkt ähnlich. Gleich nach seiner Amtsübernahme vor gut einem Jahr erklärte der italienische Regierungschef: "Italien muss auch bei diesem Thema", so Renzi damals, "deutlich nachholen und zu einem modernen Rechtsstaat werden".
    Nach dem siegreichen Referendum in Irland, bei dem eine Mehrheit für homosexuelle Ehen stimmte, müssten im ähnlich katholischen Italien, so Renzi, auch die letzten Gegner von Homo-Lebenspartnerschaften ihre anachronistischen Positionen aufgeben.
    Doch Renzi weiß, wer seine Gegner in Sachen schwuler Lebensgemeinschaften sind. Einige Hunderttausend von ihnen, vor allem katholisch inspirierte Italiener, demonstrierten Ende Juni in Rom gegen ein Gesetz für schwule Lebenspartnerschaften. Ein solches Gesetz könnte der erste Schritt auf dem Weg zur Einführung der homosexuellen Ehe sein, so die Befürchtung. Doch lesbische und schwule und andere nicht-heterosexuelle Ehen zu legalisieren, das hat Renzi nicht im Sinn:
    "Ein Gesetz über Lebens-Partnerschaften garantiert allen Paaren fast die gleichen Rechte. Das ist aber was anderes als die Ehe. Die Ehe ist eine Beziehung zwischen Mann und Frau. Eine Lebens-Partnerschaft hingegen ist eine Beziehung zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Personen. Mal abgesehen von dem Recht auf Adoption sollten beide Beziehungsformen die gleichen Rechte haben."
    Papst Franziskus äußert sich bisher nicht
    Während die italienische Bischofskonferenz offiziell ein Gesetz über homosexuelle Lebenspartnerschaften ablehnt, befürworten verschiedene katholische Bischöfe und einige Kardinäle im Vatikan eine entsprechende Regelung. Eine gewisse Offenheit in diese Richtung zeigt etwa ein so prominenter Kardinal wie Walter Kasper, einer der engsten Vertrauten von Papst Franziskus. In einem Interview mit der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" sagte Kasper, für seine Kirche sei die Ehe eine Sache zwischen Mann und Frau. Die katholische Kirche könne sich aber für partnerschaftliche Beziehungen öffnen: Wenn zwei Menschen sich lieben, auch dann, wenn sie das gleiche Geschlecht haben. Kasper hofft, dass eine entsprechende Einigung gefunden werden kann beim zweiten Teil der Familiensynode im Herbst.
    Papst Franziskus hält sich, und ist damit unter den Päpsten der vergangenen Jahrzehnte eine Ausnahme, generell aus inneritalienischen Diskussionen heraus. Auch zum geplanten Gesetz für homosexuelle Lebensgemeinschaften äußert er sich bisher nicht. Für Aufsehen sorgte allerdings seine Äußerung von 2013:
    "Wer bin ich schon, um ein Urteil zu fällen. Der Katechismus unserer Kirche sagt es deutlich: Man darf niemanden ausgrenzen. Jeder muss in die Gesellschaft integriert werden."
    Eine Äußerung, die Matteo Renzi, der Regierungschef, sicherlich zum Anlass nahm, auch in Italien das immer noch heiße Eisen homosexueller Lebenspartnerschaften in die Hand zu nehmen. Zumal er, wie es in Rom heißt, der erste italienische Regierungschef ist, der nicht mehr mit entschiedener Opposition "von oben", also aus dem Vatikan, rechnen muss.
    Umfragen zufolge sprechen sich rund zwei Drittel aller Italiener dafür aus, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften einzuführen. Sogar der Medienzar und Oppositionspolitiker Silvio Berlusconi ist inzwischen dafür. Als einzige große Partei verteufelt die Lega Nord die "perversen Beziehungen mit staatlichem Segen", so Lega-Chef Matteo Salvini.
    Renzi sitzt politisch fest im Sattel. Wohl wissend, dass der Papst sich nicht gegen ein solches Gesetz aussprechen wird, scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis auch Italien als letztes primär katholisches Land nach Spanien und Irland gleichgeschlechtliche Beziehungen legalisieren wird.