Die Diskussion über ein Islamisches Institut wird in Berlin seit 2008 geführt. Aber sie steckt dennoch in den Kinderschuhen. Ein zentraler Punkt ist die Ausbildung von Imamen. Allein bei dieser Frage sind die Auffassungen sehr verschieden. In der politischen und öffentlichen Diskussion lautet eine zentrale Forderung: Die Imame müssen hier ausgebildet werden, denn es sei wichtig, die hiesigen Lebensumstände zu kennen, um auf die Bedürfnisse vor allem junger Muslime einzugehen. Auch wird oft laut über Predigten in deutscher Sprache nachgedacht. Der stellvertretende Landesvorsitzende der DITIB in Berlin, Süleyman Küçük, hält das aber für eine Ungleichbehandlung. Genauso wie Russen, Griechen und Italiener ihre Predigten in ihrer Sprache hielten, müssten die Muslime das auch dürfen, sagt Küçük.
"Das, was von diesen Menschen, diesen Gläubigen erwartet wird, sollte auch von den Muslimen allgemein erwartet werden. Da steht auch nichts im Wege. Aber wir sind nicht der Meinung, dass von einer Gruppe dieses erwartet wird und von der anderen dieses nicht erwartet wird. Das verstößt auch gegen das Gleichheitsprinzip."
Imame aus der türkischen Staatskasse bezahlt
Die türkisch-islamische Anstalt für Religion, DITIB, ist der größte Islamverband in Deutschland. Und als Ableger der türkischen Religionsbehörde ist er in einer bequemen Situation: Die türkische Religionsbehörde entsendet alle Imame für DITIB und bezahlt sie selbst aus der türkischen Staatskasse. Dennoch sei die Imamausbildung in Deutschland ein mittel- bis langfristiges Ziel, sagt Küçük. Damit die Imame wie die Muslime selbst die hiesige Gesellschaft kennen und auch interreligiös aktiv werden können. Aber die Imamausbildung in der Türkei sei fundierter, denn dort beginne diese bereits in den religiösen Gymnasien. Das geplante Islamische Institut solle sich vordergründig um den wissenschaftlichen, nicht den geistlichen Nachwuchs kümmern, so Küçük. Der zuständige Berliner Wissenschafts-Staatssekretär, Steffen Krach, gibt zu, dass die Imamausbildung das kontroverseste Thema ist. Aber am Institut sollen nicht nur Imame ausgebildet werden.
"Wir werden natürlich über die Ausbildung von Religionslehrerinnen und Religionslehrern sprechen. Wir werden auch über eine Form von Sozialarbeit sprechen, wie man das ausbilden kann. Es geht auch um Gemeindereferenten. Es geht gegebenenfalls um Seelsorger. Es geht aber auch natürlich um wissenschaftlichen Nachwuchs."
Berlin führt Gespräche mit der Freien Universität, der Humboldt-Universität und mit der Alice-Salomon-Fachhochschule. In der Arbeitsgruppe, die die Planung vorbereitet, sitzen außerdem die Islamverbände DITIB, Verband der Islamischen Kulturzentren, der Zentralrat der Muslime, die Islamische Föderation sowie die Alevitische Gemeinde. Die Arbeitsgruppe wird von Experten aus den bestehenden Islamzentren in Münster, Osnabrück, Frankfurt am Main, Erlangen und Karlsruhe beraten.
Welche Rolle spielen die Aleviten?
Noch in dieser Legislaturperiode, das heißt, bis September 2016 soll ein Beirat gegründet werden, der die Lehrinhalte und die Einstellung des Lehrpersonals mitbestimmen soll. Hier bahnt sich der zweite Streitpunkt an: Die Aleviten, eine in Deutschland anerkannte eigenständige Glaubensgemeinschaft, wollen nicht, dass die Islamverbände über ihre Glaubensinhalte bestimmen. Im Beirat müssten die Aleviten unbedingt selbst vertreten sein, so der Rechtsanwalt İbrahim Emre vom Vorstand der Alevitischen Gemeinde in Norddeutschland.
"Wenn man einen Beirat für das Institut hat, in dem die Aleviten selber nicht vertreten sind, dann wird das natürlich einer machen, der nicht zwingend die alevitische Sicht repräsentieren möchte, sondern die herrschende islamische. Das kann dann falsche Entwicklungen nehmen. Dann wird etwas als Alevitentum unterrichtet, was von keinem Aleviten unter Umständen als solches anerkannt wird."
Diese Sorge liegt darin begründet, dass die türkische Religionsbehörde die Aleviten als Glaubensgemeinschaft nicht anerkennt. Innerhalb der Aleviten selbst wird aber auch diskutiert, ob sie sich im oder außerhalb des Islams sehen. Während die türkische Religionsbehörde versucht, sie islamisch zu assimilieren, sagt ihr deutscher Ableger DITIB, es sei Sache der Aleviten, wo sie sich verorten. Die DITIB beanspruche nicht, sie zu vertreten. Die Aleviten haben seit letztem Jahr den weltweit ersten Lehrstuhl an der Universität Hamburg. Dieses Modell wünschen sie sich auch in Berlin - am liebsten an einem Institut mit anderen Glaubensgemeinschaften wie im Hamburger Institut für Weltreligionen.