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Impfung
Kombinierter Schutz vor Denguefieber

Die WM in Brasilien steht bevor, und damit auch für alle Besucher ein Schwung Impfungen. Allein gegen das Denguefieber gibt es noch keinen Schutz, selbst die Produkte der Pharmariesen haben Schwächen. Deshalb versuchen nun brasilianische Forscher, den Körper auf zwei Wege zu immunisieren.

Von Sabine Goldhahn |
    Eine weibliche Gelbfiebermücke saugt menschliches Blut.
    Überträgt haufenweise Krankheiten: die Gelbfiebermücke. (picture alliance / dpa / James Gathany / CDC)
    Auch jetzt, im brasilianischen Spätherbst, ist Rio de Janeiro noch subtropisch warm: Temperaturen knapp um die dreißig Grad, dazu eine feuchte und drückende Luft. Ideale Bedingungen für Moskitos aller Art, wie zum Beispiel die Tigermücke, die Denguefieber überträgt. Allein im Jahr 2010 wurden in Brasilien eine Million Fälle von Denguefieber gemeldet, die Dunkelziffer liegt vermutlich noch höher. Kein Wunder also, dass die Forschergruppe um Ada Alves von der Fundação Oswaldo Fiocruz in Rio de Janeiro vor allem eines will: einen wirksamen Impfstoff.
    "Es ist eine große Herausforderung, einen Impfstoff gegen Dengue zu entwickeln, da es vier verschiedene Formen des Virus gibt. Somit muss ein Impfstoff gegen alle vier Untergruppen wirken. Denn wenn man nur vor einer geschützt ist, kann eine Neuinfektion mit einem anderen Virus-Typ viel schwerer verlaufen. Deshalb braucht man eigentlich vier Impfstoffe. Hinzu kommt, dass wir nicht einmal genau wissen, welcher Mechanismus uns eigentlich vor einer Infektion schützt."
    So staunten einige Wissenschaftler nicht schlecht, als sie die Ergebnisse eines neuen Impfstoffs sahen, der von dem Pharmaunternehmen Sanofi-Pasteur entwickelt wurde und derzeit in der klinischen Testphase ist. Dieser sogenannte chimäre Impfstoff enthält Antigene aller vier Dengue-Viren und sollte somit gegen alle vier Virustypen immun machen. Doch nur bei den Typen 3 und 4 war der Schutz mit 80-90 Prozent sehr hoch, beim Virus-Typ 1 lag er deutlich tiefer, und gegen eine Infektion mit dem Dengue-Virus Typ 2 nützte der Impfstoff gar nichts. Und das, obwohl das Immunsystem der geimpften Kinder deutlich auf die Impfung reagiert hatte: Es bildete nämlich Antikörper gegen den Virus-Typ 2. Nur schützten diese nicht vor einer Infektion.
    "Das brachte die Forschergemeinschaft zum Nachdenken darüber, ob Antikörper womöglich nicht das einzig Wichtige für den Schutz vor einer Neuinfektion sind. Natürlich sind Antikörper wichtig, aber wahrscheinlich ist das noch längst nicht alles."
    Neue Impfstoffkombination
    Deshalb versuchte es die brasilianische Forschergruppe mit einer neuen Strategie. Sie aktivieren gleich zwei wichtige Mechanismen der Immunabwehr zusammen, nämlich die Bildung von Antikörpern und die zellulären Abwehrkräfte. Um das zu erreichen, kombinieren sie zwei Impfstoffe. Einerseits einen ähnlichen chimären Impfstoff, wie ihn auch Sanofi-Pasteur verwendet. Der führt zur Bildung von Antikörpern gegen das Dengue-Virus. Andererseits nehmen die Forscher um Ada Alves noch einen DNA-Impfstoff, bei dem einzelne Genstücke des Dengue-Virus über ein Transportvehikel, ein sogenanntes Plasmid, in den Organismus eingeschleust werden. Durch diese Genstücke werden bestimmte Proteine des Virus im Körper selbst gebaut, was das Immunsystem dazu bringt, seine ganze zelluläre Abwehr in Gang zu setzen, um die fremden Proteine zu vernichten.
    "Wir fanden heraus, dass die Kombination beider Impfstoffe zur Bildung von viel mehr Antikörpern führt, als wenn man nur eine Strategie anwendet. In unseren Versuchen an Mäusen hat der DNA-Impfstoff zu einer starken zellulären Immunantwort geführt, und einige Arbeiten anderer Forscher deuten darauf hin, dass diese zelluläre Immunantwort entscheidend ist, ob man in der Folge geschützt ist oder nicht."
    Das könnte auch erklären, warum der chimäre Impfstoff allein nicht gegen Dengue Typ II geholfen hat, obwohl Antikörper gebildet wurden. Möglicherweise reagiert der Körper ganz unterschiedlich auf die vier Virus-Typen, und erst das Zusammenspiel der Antikörper und der zellulären Abwehr schützt ausreichend.
    "Wenn eine Zelle infiziert ist, kann das Immunsystem sie erkennen und zerstören. Somit wird das Virus nicht auf andere Zellen übertragen, das ist ein Teil des Schutzes. Der andere Teil sind die Antikörper, die verhindern, dass das Virus überhaupt in die Zelle gelangt. Und gelingt es ihm doch, gibt es diese zweite Chance, dass die infizierten Zellen noch von der Immunabwehr zerstört werden."
    Die Forscher gehen anhand ihrer Ergebnisse davon aus, dass bereits nach der ersten Kombi-Impfung ein besserer Schutz vor Dengue bestehen wird, als bei einem Einzel-Impfstoff. Das klingt vielversprechend. Doch bis zum fertigen Impfstoff wird es noch einige Jahre dauern. Erst müssen sie ihre Ergebnisse noch in Tierversuchen an Primaten bestätigen sowie die Wirksamkeit für die anderen drei Virus-Typen zeigen. Und es wird nicht einfacher. Denn es gibt Hinweise, dass das Dengue-Virus nicht nur in vier verschiedenen Formen vorkommt, sondern sogar in fünf.
    Für Touristen, die daher nach Brasilien und in andere tropische Länder fahren, gilt vor allem eines: Mückenspray mit DEET einpacken und ihn schon tagsüber auf Haut und Kleidung verwenden. Denn anders als Malariamücken sind die Tigermücken auch am Tag aktiv.