"I will shortly leave the job. It hast been the honor of my life to hold the second female PM, but certainly not the last. I do so with no ill will. But with enormous and enduring gratitude to have the opportunity to serve the country I love."
Es war politisch gesehen sicherlich ihr bitterster Moment. Ende letzten Monats verkündete Theresa May ihren Rücktritt unter Tränen – und das vor den Augen der gesamten Nation, die sie in den letzten Monaten und Wochen nur kämpferisch und unerschütterlich erlebt hatte. Allen Anfeindungen auch aus dem eigenen Tory-Lager zum Trotz.
In Mays Wahlkreis
"We are now approaching Maidenhead."
Spurensuche im Wahlkreis von Theresa May. Maidenhead, eine Kleinstadt mit rund 80.000 Einwohnern 40 Kilometer westlich von London. Hier hat sie ihre politische Karriere begonnen, 1997 schaffte die Vikarstochter den Sprung ins britische Unterhaus, wurde später Innenministerin unter David Cameron und dann 2016 auch für eigene Partei völlig überraschend Premierministerin.
"Ich persönlich mag sie. Weil sie unsere konservative Anführerin hier von Maidenhead ist. Deshalb habe ich sie auch gewählt. Ich finde es traurig. Sie hatte eine wirkliche Herausforderung, und jeder hätte es schwierig gehabt, nicht nur sie", sagt Sarah, eine junge Britin mit langen braunen Haaren.
Das sieht auch Enjerence nicht anders, er kommt ursprünglich aus Indien, lebt aber schon lange in Großbritannien: "Es waren die Leute aus ihrer eigenen Partei, die verhindert haben, dass sie liefern kann. Obwohl die Mehrheit der Briten für den Brexit gestimmt hat. Aber sie haben sie massiv behindert. Deshalb trägt sie keine Schuld".
"Mit einer Magaret Thatcher wäre das nicht passiert"
10 Meter weiter ruht sich Louise, Mitte 60, kurz auf einer Bank in der Fußgängerzone von Maidenhead aus. Sie hat sich als ehemals treue Stammwählerin längst von den Konservativen abgewendet. May sei eine Katastrophe gewesen, sagt Louise, dabei hätten sie alle hier unterstützt. Völlig überfordert, eine Fehlbesetzung. Mit einer Magaret Thatcher wäre das nicht passiert; die hätte sich gegen die Intrigen und Anfeindungen dieser Leute erfolgreich gewehrt.
"She was a desaster. Sadly, we all supported her und congratulated her when she got the position. But looking back – her record was not good. And for such a massive task thinking about Brexit it was probably the worst choice we could have made. If Magaret Thatcher would have been on this place, it would have been totally different. She would have stand up to this miserable people to let her down and conspired against her."
Rückblende: der 10. Juli 2016 – vor Downing Street Number 10 steht am Mikrofon eine stolze wie zuversichtliche Theresa May, die ursprünglich gegen den Brexit gekämpft hatte:
"Ich war gerade im Buckingham-Palast. Die Königin hat mich mit der Regierungsbildung beauftragt und ich habe akzeptiert. Nach dem Referendum wird es hier eine Zeit des Wandels geben. Und ich kenne Großbritannien – wir werden diese Herausforderung bestehen. Wir werden die EU verlassen und für uns eine neue, positive Rolle in der Welt finden.
May reiht Fehler an Fehler
Doch der politische Absturz kommt schnell, denn May reiht Fehler an Fehler. Ende März 2017 wird, obwohl planlos, der Austrittsantrag an die EU gestellt. Die Premierministerin will vor allem in den eigenen Reihen punkten und läßt deshalb die Opposition viel zu lange links liegen. Die Folge: Die Hardliner geben immer mehr Ton und Richtung an. Zumal May dann auch noch 2017 eine folgenschwere politische Dummheit begeht.
"Seitdem ich Premierministerin bin, habe ich gesagt, wir brauchen bis 2020 keine Neuwahlen. Jetzt aber weiß ich: Wenn wir Sicherheit und Stabilität in den nächsten Jahren wollen, brauchen wir diese Neuwahlen. Dafür brauche ich Ihre Unterstützung."
Die Wahlen gehen krachend verloren, die Tories sind seither im Unterhaus auf die Unterstützung der fundamentalistischen nordirischen DUP angewiesen. Doch jenseits aller politischen Probleme kommt auch noch die schwierige Persönlichkeit der Premierministerin dazu: Sie gilt als unzugänglich, fantasielos, schweigsam und hölzern.
Historische Niederlage im Unterhaus
Dabei kann der "Maybot", der May-Roboter auch ganz anders – etwa auf dem Parteitag 2018, als die Regierungschefin plötzlich zur Musik von ABBA tanzend auf der Bühne auftaucht:
Aber die Ernüchterung kommt schnell – der ausgehandelte Brexit-Deal mit der EU zerschellt im Januar 2019 am Widerstand der eigenen Hardliner und an einem heillos zerstrittenen Parlament.
"Order! The ayes to the right, 202, the noes to the left, 432."
Speaker John Bercow verkündet eine historische Niederlage. Und doch kämpft die Premierministerin in den nächsten Wochen scheinbar unbeeindruckt weiter – gegen Labour, die eigenen Hardliner, die ständigen Intrigen, trotz aller Hoffnungslosigkeit, den Deal doch noch im Parlament durchzubekommen. Auch wenn am Ende selbst die eigene Stimme nicht mehr will.
"I profoundly regret the decision the house has taken tonight. I continue to believe that by far the best outcome is that the United Kingdom leaves the EU in orderly fashion with a deal."
Gescheitert an heillos zerstrittenem Parlament
Am Ende scheitert May an einem Parlament, das zwar keinen harten Brexit will, ansonsten aber – wie auch das ganze Land - heillos zerstritten ist. Und an einem unnachgiebigen Tory-Parteiflügel, der jeglichen Konsens verweigert. Aber vielleicht scheitert sie auch mit an der eigenen Persönlichkeit, an ihrer lange Zeit kompromisslosen Grundhaltung.
Was nun kommt, ist völlig ungewiss – zumindest darin sind sich im heimischen Wahlkreis Maidenhead dieses Mal alle weitgehend einig. Manche warnen vor Boris Johnson und vor der Brexit-Partei, die anderen sehen Großbritannien in gefährlichen Gewässern. Alles sei möglich, sagt noch einer, vielleicht geht ja doch noch gut aus.
"I don't want Boris Johnson. I think it's just uncertain with the Brexit Party, just I don't know what the future holds, really. The UK is going to uncertain water. Nobody knows for sure at the moment. Wait and see. It could go the one way or the other way. It could be perfect as well."