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Indonesien
Australische Drogenschmuggler in der Todeszelle

In Indonesien sollen zwei seit neun Jahren inhaftierte australische Drogenschmuggler in Kürze hingerichtet werden. Der Fall spaltet die australische Bevölkerung und setzt die Regierungen beider Länder unter Druck. Der indonesische Präsident wird wohl kaum Milde walten lassen: Kritiker werfen ihm ohnehin vor, zu weich zu sein.

Von Andreas Stummer |
    Mahnwache für zwei Drogenschmuggler. In der Innenstadt von Sydney drängen sich Hunderte Menschen um eine Bühne. Es gibt Musik und Reden, Kerzen werden hochgehalten. Die Kundgebung ist für Andrew Chan und Myuran Sukamaran, 31 und 33 Jahre alt, zwei Australier, die im Kerobokan-Gefängnis von Bali in der Todeszelle sitzen. Im April 2005 wurden sie verhaftet, als sie versuchten, acht Kilogramm Heroin von dort nach Sydney zu bringen. Ihre sieben Drogenkuriere bekamen langjährige Freiheitsstrafen, Chan und Sukamaran aber - die Anführer - wurden zum Tode verurteilt. Nach zehn Jahren Haft sollen sie in den nächsten Wochen hingerichtet werden.
    "Ich bin hilflos. Wir müssen alles unternehmen, dass die beiden nicht umgebracht werden", fleht Raji Sukamaran, Myuran’s Mutter. "Niemand sollte so etwas durchmachen müssen. Diese Situation ist grauenhaft."
    Seit neun Jahren werden Chan und Sukamaran von Anwalt Julian McMahon vertreten. Einsprüche, Eingaben und Gnadengesuche: McMahon hat alles versucht, um das Urteil abzumildern. Vergebens. Doch selbst jetzt hat McMahon die Hoffnung noch nicht aufgegeben. "Die beiden haben sich geändert, sie sind rehabilitiert", sagt er. Sie seien vorbildliche Häftlinge, die ihre Tat bereuten und Gutes täten. Andrew Chan ist heute Priester, Myuran Sukamaran malt. "Statt vor ein Erschießungskommando zu kommen", plädiert Julian McMahon, hätten die beiden es verdient, am Leben zu bleiben.
    "Bei Andrew stehen Mithäftlinge Schlange, weil er ihnen als Seelsorger Trost spendet. Myuran will nichts anderes tun als malen und kreieren. Er gibt Kunstunterricht im Gefängnis, den sogar Studenten aus ganz Indonesien besuchen. Er möchte sein Talent weitergeben. Aber in ein paar Tagen könnte er tot sein."
    Die bevorstehende Hinrichtung von Andrew Chan und Myuran Sukamaran hat Australien gespalten. Gut 50 Prozent der Befragten gab bei Umfragen an, das Todesurteil der indonesischen Justiz zu respektieren. Australien habe kein Recht sich in die Gesetzgebung anderer Länder einzumischen. Die andere Hälfte der Umfrageteilnehmer aber fordert, die beiden australischen Todeskandidaten zu begnadigen.
    Proteste eine politisch korrekte Heuchelei
    "Ich bin für Gnade" heißt eine Online-Kampagne einheimischer Schauspieler, Autoren und Musiker, fast 200.000 Australier haben ein Amnestie-Gesuch an Indonesiens Präsident Joko Widodo unterschrieben. "Nichts weiter als politisch korrekte Heuchelei", wettert hingegen Darren Finch, der als Therapeut in Sydney die Familien von Heroinopfern betreut. Sympathie für Drogenschmuggler hält Finch für so unangebracht wie scheinheilig.
    "Sie wussten, dass in Indonesien auf Drogenschmuggel die Todesstrafe steht, aber sie waren bereit dieses Risiko einzugehen. Jetzt winselt halb Australien um Gnade für die beiden - einfach nur, weil es sich um Australier handelt. Wären wir aus Prinzip gegen die Todesstrafe, dann würden wir auch in anderen Ländern und für andere zum Tode Verurteilte protestieren."
    Seit Monaten versucht die australische Regierung hinter den Kulissen zu vermitteln, doch der öffentliche Druck wird immer größer. So groß, dass Premier Tony Abbott die Indonesier kürzlich daran erinnerte, dass Australien nach dem Tsunami 2004 750 Millionen Dollar Wiederaufbauhilfe gespendet habe. Dafür sei man Australien doch etwas schuldig. Philipp Flood, lange Jahre Botschafter in Indonesien, fürchtet allerdings, dass die australische Führung die Lage der beiden Drogenschmuggler nur noch hoffnungsloser gemacht hat.
    "Präsident Widodo hat vor der Wahl klar gemacht, dass er hart gegen den Drogenschmuggel vorgehen will. Jetzt klein beizugeben, würde ihm politisch enorm schaden. Seine Gegner halten ihn ohnehin für zu weich. Sollte er sich dem Willen eines anderen Landes beugen, wäre er in großen Schwierigkeiten."
    Als 2002 bei einem Bombenanschlag in Bali 88 Australier ums Leben kamen, wurden drei der gefassten Terroristen später hingerichtet. Damals gab es in Australien keine Proteste gegen die Todesstrafe in Indonesien. Im Gegenteil. Kein Wunder also, dass Eiszeit herrscht zwischen Canberra und Jakarta. Es wird dauern, bis wieder politisches Tauwetter einsetzt. Für Andrew Chan und Myuran Sukamaran, die australischen Drogenschmuggler, die in Indonesien auf ihr Erschießungskommando warten, wird es dann zu spät sein.