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"Internet der Dinge"
Gefahren und Chancen der digitalisierten Welt

Kühlschränke schicken selbstständig Nachrichten an Getränkelieferanten, bevor keine Getränke mehr da sind und LKW fahren ohne Fahrer: Das sogenannte Internet der Dinge hat nicht nur Auswirkungen auf unser Privatleben - Vernetzung, Automatisierung und Digitalisierung werden auch unsere Arbeitswelt grundlegend verändern.

Von Jan Rähm |
    Zahlenreihen lösen sich in einem hellroten Lichtfeld auf
    Durch das Internet der Dinge werden Daten noch leichter abgreifbar. (imago / Science Photo Library)
    Kassierer, Kuriere, Rezeptionisten...
    "Wenn man der Forschung, glaubt, dann sind so zwischen 40 und 60 Prozent der heute geleisteten Arbeitsplätze so nicht mehr vorhanden in sehr naher Zukunft."
    U-Bahn-Fahrer, Straßenbahnfahrer, Lokführer ...
    "Ich sehe weniger das Problem darin, dass wir weniger Menschen in der Beschäftigung haben werden, sondern es ist hier viel mehr das Problem in der Schere der Qualifikationen."
    Büroangestellte, Finanzbeamte, Sportreporter ...
    Vernetzung, Automatisierung, Digitalisierung - sie werden Jobs kosten. Zweifellos. Vernetzung, Automatisierung, Digitalisierung - sie werden unsere Welt, unser Leben, so wie wir es kennen, umkrempeln. Die Dinge um uns herum werden kleiner und kommunizieren miteinander. Sie bilden das Internet der Dinge.

    Das Internet der Dinge entstand 1982. Ein paar Mitarbeiter der Carnegie Mellon University schlossen einen Cola-Automaten testweise ans damalige Netzwerk an. Der Automat sollte erstens mitteilen, wie viele Dosen er noch vorrätig hat, und zweitens, ob die auch kühl genug sind. Damit war das wahrscheinlich erste "Ding" am Netz. Wohlgemerkt: 1982. Der Begriff "Internet der Dinge" tauchte Ende der 1990er Jahren das erste Mal in der Wissenschaft auf.
    Technische Meisterwerke - kaum größer als ein Fingernagel
    Heute sind die Dinge im Netz viel kleiner als ein Cola-Automat. Die kleinsten Dinge sind kaum größer als ein Fingernagel. Und doch sind sie kleine technische Meisterwerke. Nahezu vollständige Mikro-Computer mit Rechenwerk und Funkschnittstelle. Diese kleinsten der Dinge sind meist Sensoren. Sie messen allerhand: Temperatur, Helligkeit, Feuchte, Geschwindigkeit, Position etc.

    Auch der heimische Herd mit WLAN-Anschluss gehört heute genauso zum Internet der Dinge wie der Roboter in der Fertigungsstraße bei VW. Nicht zuletzt natürlich der moderne Enkel des Cola-Automaten, der heute beim Getränkelieferanten selbst Bescheid sagen kann, wenn die Dosen zur Neige gehen. Diese Dinge messen, sie kommunizieren, sie agieren. Seitdem die Wirtschaftsführer und die Politik erkannt haben, welchen Qualitätssprung es bedeutet, dass die Dinge selbst und nicht mehr nur die als solche erkennbaren und bedienbaren Computer, mit dem Internet verbunden sind, ist das "Internet der Dinge" zum Schlagwort einer großen Veränderung geworden.
    "Mit dem Internet der Dinge, mit Industrie 4.0, sind enorme Produktivitätsfortschritte von bis zu 30 Prozent zu erwarten."
    Matthias Machnig, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium.
    "Es können Kostenreduktionen vorgenommen werden, es können individualisierte Produkte auf den Markt gebracht werden, es können ganz neue Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen aufgebaut werden. Es können neue Services entstehen."
    Die Gefahren: Arbeitsplatzabbau und Datensammelwut
    Nur: Mit dem Internet der Dinge ziehen in die Gesellschaft auch neue Probleme ein. Zwei davon: Arbeitsplatzabbau und Datensammelwut. Ortstermin Denkendorf bei Stuttgart. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sichtlich Spaß. Er steigt in einen riesigen schwarzen Truck. Nimmt auf dem Beifahrersitz Platz und plaudert mit Daimler-Vorstand Wolfgang Bernhard.

    Winfried Kretschmann und Wolfgang Bernhard sitzen im weltweit ersten autonom fahrenden Serien-Lkw und starten Richtung Autobahn. Eine halbe Stunde später ist der Sattelzug zurück. Der Ministerpräsident ist begeistert.
    "Das war ein tolles Erlebnis. Und bei so einer Pionierfahrt dabei zu sein, ist einfach etwas ganz Besonderes. Solche Aufbrüche in eine neue Zukunft erlebt man ja nicht alle Tage."
    In ein paar Jahren schon soll der LKW reif für den regulären Einsatz auf der Straße sein. Dann will der LKW seinen Fahrer entlasten.

    "Das ist erst mal das Wichtigste. Weil das vermeidet Unfälle. Die meisten Unfälle kommen ja durch Übermüdung und ähnliches. Das tut natürlich der Computer nicht. In der Vernetzung all dessen können wir auch davon ausgehen, dass die Infrastrukturen besser genutzt werden können. Also das hat eigentlich aufs Ganze gesehen nur Vorteile."
    Autonomfahrende LKW werden Arbeitsplätze kosten
    Nur Vorteile? Auch wenn die Branche klagt, sie finde keine neuen Fahrer mehr: Autonom fahrende LKW werden mehr Arbeitsplätze kosten, als heute frei sind. Noch kutschieren rund 500.000 Fernfahrer Waren durch Europa. Schon heute ist der Berufsstand überaltert. Viele werden in Rente gehen, wenn Maschinen das Steuer übernehmen. Aber der große Rest?

    "Wenn man in die Geschichte zurück guckt: Es gab ja andere Technologiewellen. Da hat sich natürlich immer gezeigt, dass es verschiedene Arten von Fähigkeiten und Fertigkeiten gibt, die nicht mehr gebraucht werden."

    Constanze Kurz. Informatikerin und Sprecherin des Chaos Computer Clubs. Sie ist eine der Vordenkerinnen des digitalen Wandels.
    "Natürlich kommt es dabei zu gewissen Umwälzungen, weil ja da nicht dieselben Menschen die neuen Arten von Jobs machen, zum Beispiel kann nicht jemand, der hauptberuflich LKW fährt und durch ein autonomes Fahrzeugsystem ersetzt wird, plötzlich zu einem Computer-Programmierer werden und diese Maschinen warten oder so."
    Welche Strategien hat die Politik?
    Die Angst vor dem Arbeitsplatzabbau durch Digitalisierung und Automatisierung durchzieht viele Branchen. Schon gibt es Angst vor einem Maschinensturm 4.0. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das Problem erkannt. In ihrer Rede zum IT-Gipfel im vergangenen November spricht sie die Sorge um Arbeitsplätze kurz an.

    Die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel auf dem Bundesparteitag in Karlsruhe.
    Angela Merkel sieht optimistisch in die digitale Zukunft (picture alliance / dpa / Uwe Anspach)
    "Es muss die richtige Balance gefunden werden - einmal zwischen der Freiheit der Datennutzung und der Datensicherheit zwischen der Flexibilität und der persönlichen Souveränität über die eigene Zeit. Und ich bin sehr hoffnungsvoll, dass wir mit der großen Erfahrung in der Sozialen Marktwirtschaft auch diese Konflikte so lösen, dass es für alle von Vorteil ist."
    Ähnlich optimistisch zeigt sich auch Arbeitsministerin Andrea Nahles. Sie nennt das Arbeiten in der vernetzten Welt "Arbeit 4.0".
    "Wie bringen wir wirtschaftlichen Erfolg auf der einen und faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen auf der anderen Seite auch in Zukunft zusammen. Arbeiten 4.0 heißt darum technische Innovationen und soziale Innovationen vorausschauend zusammen zu denken. Arbeiten 4.0 ist Arbeit der Zukunft in ihrer ganzen Vielfalt und Individualität, Arbeit, die die Menschen und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt. Arbeit mit Perspektive für Junge und Ältere."
    Wirtschafts-Staatssekretär Matthias Machnig ist zwar auch optimistisch, aber nicht so euphorisch. Er räumt ein, ein paar Arbeitsplätze werden schon wegfallen.
    "In der Tat, Produktivitätssteigerungen können auch damit verbunden sein, dass wir weniger Beschäftigung haben. Gleichzeitig entstehen natürlich neue Businessmodelle, neue Geschäftsmodelle, neue Geschäftsinitiativen. Und ich glaube, die Digitalisierung wird zu Berufsbildern führen, für die wir heute noch nicht mal einen Namen haben."
    Solche neu entstehenden Jobs bekomme aber nur, wer mit der digitalen Entwicklung mithalten kann.
    "Eines wird klar sein, es wird völlig neue Qualifikationsanforderungen in den nächsten Jahren geben, und dazu müssen wir die Beschäftigten vorbereiten."
    Wissenschaftler kritisieren fehlende digitale Aus- und Weiterbildung
    Matthias Machnig spricht einen wunden Punkt an: Bildung. Schon seit Jahren kritisieren Wissenschaftler, dass digitale Aus- und Weiterbildung in Schulen, teilweise auch an Universitäten, aber vor allem im beruflichen Umfeld vernachlässigt werde. Kann Deutschland hier in den nächsten Jahren nicht aufholen, sieht Axel Sikora, Professor für Kommunikationselektronik an der Hochschule Offenburg, gesellschaftliche Probleme entstehen.
    "Ich sehe weniger das Problem darin, dass wir weniger Menschen in der Beschäftigung haben werden, sondern es ist hier viel mehr das Problem in der Schere der Qualifikationen, dass die Anforderung an die gut ausgebildeten Fachkräfte immens steigen, auf der anderen Seite wir einen Niedriglohnbereich haben, der stark wächst und eigentlich die Mitte zunehmend fehlt."

    Und die, die intellektuell nicht mitkommen? Die, die abgehängt werden auf dem Arbeitsmarkt?
    "Da will ich nicht drum rumreden, das ist ein Problem."
    Ein Problem, über das Constanze Kurz viel nachgedacht hat. Sie ist zum Schluss gekommen, gesellschaftlich müsse sich etwas ändern.
    "Wir haben eine Gesellschaft, wo wir üblicherweise durch Steuern auch Gewinne abgreifen und anderen helfen, die Hilfe brauchen. Und das wird natürlich spannend, wenn man sich überlegt, dass ein Großteil, also mehr als die Hälfte der heute von Menschen geleisteten Arbeit maschinell produziert wird. Ich denke, da wird man anders drüber nachdenken müssen, wo die Dividende aus der Automatisierung bleibt und ob sie nicht in zu hohem Maße bei denen bleibt, die die Digitalisierung, Roboterisierung, Automatisierung initiieren."
    Constanze Kurz plädiert dafür, Einkommen und Ausgaben des Staates in Teilen radikal umzustellen. Zum Beispiel die Besteuerung von Wertschöpfung und Arbeit.
    "Man könnte natürlich im Rahmen dieser Debatte um die Digitalisierung und Automatisierung den ganzen Bereich versuchen fairer zu regeln. Und dafür ist das Grundeinkommen natürlich sexy, ja. Es ist vielleicht gerade nicht sehr hip darüber zu reden, wie man eine Gesellschaft fair und solidarisch machen kann, aber ich glaube, man wird das schlicht müssen, weil es doch einige Bereiche geben wird in naher Zukunft, wo plötzlich eine große Anzahl von Menschen nicht mehr gebraucht wird und deren Fähigkeiten."
    Wo Menschen keine Arbeit mehr haben, verdienen sie auf der einen Seite kein Geld und sind auf soziale Absicherung angewiesen. Auf der anderen Seite zahlen sie so auch keine Steuern. Das könnte zu einer doppelten Belastung für Deutschland werden. Ähnlich wie Constanze Kurz haben sich einige Parteien in den vergangenen Jahren viele Gedanken darüber gemacht, was die Digitalisierung mit der Gesellschaft macht: Piraten, Linke und Grüne. Sie haben es nach aktuellem Stand jedoch nicht geschafft, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen.
    Der Datenhunger der Industrien wächst
    Daten und Arbeit - Arbeit und Daten. Beides ist im Internet der Dinge eng miteinander verknüpft. Doch während es das eine - die Arbeit - perspektivisch weniger brauchen wird, scheint der Datenhunger der neuen Industrien kaum zu stillen zu sein.

    In Deutschland gilt: Wer Daten sammeln, Daten auswerten oder Daten gar verwerten will, der muss strengen Auflagen genügen. Doch gesammelt wird, was das Zeug hält. Ob erlaubt oder nicht.

    "Die Sensoren, die die Grundlage für das Internet der Dinge bilden, sammeln ja permanent Unmengen an Daten."

    Volker Lüdemann, Professor für Wirtschafts- und Wettbewerbsrecht an der Universität Osnabrück.

    "Da es keine Gesetze gibt, die den Sensoreinsatz in der jetzigen Form, wie wir ihn kennen, rechtfertigen und die Einwilligung kaum möglich ist, sind diese Sachen, sind die Eingriffe ins Recht auf informationelle Selbstbestimmung meist unzulässig."
    Sensoren erheben Daten, unmerklich und allgegenwärtig. Der Einzelne hat überhaupt keine Möglichkeit mehr, bewusst über Erhebung und Verwendung zu entscheiden. Sein Grundrecht wird ihm durch die Sensoren sozusagen in Teilen genommen.

    "Diese Daten sind personenbeziehbar, weil die meisten Sensoren einer bestimmten Person oder einer Gruppe von Personen zugeordnet werden können. Und damit greifen die Sensoren mit ihrer Sammeltätigkeit in das vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein."
    Wer darf auf die Daten aus dem Internet der Dinge zugreifen?
    Die Problematik wird am Beispiel Auto noch deutlicher. Im modernen Mittelklassewagen sind gut sieben Dutzend Sensoren verbaut. Die sammeln Geschwindigkeit, Fahrtrichtung, Beschleunigung, Standort, das Setzen der Blinker und so weiter und so fort.

    Jedem diese Sensoren einzeln die Datensammelei erlauben? Unsinnig und unpraktikabel. Denn beispielsweise der Geschwindigkeitssensor muss messen, egal ob ich zustimme oder nicht. So bleibt nur eine rechtliche Regelung, die die Datensammlung in bestimmten Fällen erlaubt. Es geht aber nicht nur um die Erhebung, die Frage stellt sich, wer darf auf die Daten eigentlich zugreifen?
    Interesse haben alle Beteiligten: Hersteller und Zulieferer für Wartung und Qualitätssicherung. Kranken- und KFZ-Versicherungen geht es ums Risiko.
    "Wer sehr häufig bei McDonalds hält oder sehr aggressiv fährt, hat vielleicht ein höheres Risiko für bestimmte Krankheiten oder anders herum."
    Nur, ob und wer zugreifen darf, ist noch unklar. Dem vom höchsten Gericht definierten Grundrecht zufolge muss jeder selbst bestimmen können, wer was wann über ihn weiß und was mit den Daten passiert. Ausnahmen sind nur in engen Grenzen möglich.
    "Wenn ein Gesetz dies erlaubt. Hier könnte man für gewisse Sensorengruppen etwas schaffen oder wenn der Betroffene zustimmt. Nur wenn man etwas nicht weiß, ist es natürlich sehr schwierig, dem zuzustimmen. Und die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zustimmung, oder die Einwilligung ist der richtige juristische Begriff, sind sehr schwierig. Die muss vorher stattfinden, die muss informiert sein, man muss wissen, was mit den Daten passiert und auch der Zweck muss ganz genau vorgegeben sein. Das sind Voraussetzungen, die im Internet der Dinge kaum noch praktikabel scheinen."
    Das sehen auch Teile der Wirtschaft und der Politik so. Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung scheinen auf dem Weg ins Internet der Dinge und hin zur Industrie 4.0 nur zu stören. In diese Richtung gingen jüngst auch Aussagen von Kanzlerin Merkel, die auf dem Tag der deutschen Industrie sprach.
    "Hier müssen wir alle gemeinsam sehr aufpassen, dass nicht das Element des Datenschutzes zu stark ausgeprägt sein wird und die Balance mit der Datenverarbeitung nicht ausreichend gesichert wird. Denn wenn es richtig ist - und ich glaube, es ist richtig -, dass Daten der Rohstoff des 21. Jahrhunderts sind, dann muss es möglich sein, neue Produkte und Wertschöpfung auf der Basis von Daten zu ermöglichen; dann muss es gesichert sein, dass Europa das kann. Hier sind wir den Vereinigten Staaten von Amerika und anderen Wirtschaftsräumen noch nicht gleichgestellt."
    Die Privatsphäre schützen und Daten gleichzeitig wirtschaftlich nutzen - geht das?
    Es ist Konsens: Die Daten erzählen uns viel und bergen auch neue Erkenntnisse. Stichwort: Big Data. Aber wie weit dürfen Datensammelei und -auswertung gehen? Daten schützen und Daten nützen, geht das zusammen? Jurist Volker Lüdemann von der Universität Osnabrück sagt: Es muss abgewogen werden, wo in die Privatsphäre der Menschen eingegriffen wird und wo nicht.

    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Die Angst vor Überwachung und Datenklau steigen - un das nicht zu Unrecht (picture alliance / dpa / Malte Christians)
    "Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, in unserem Grundrechtssystem hat das eine herausragende Bedeutung, das Bundesverfassungsgericht hat das aus Artikel eins und Artikel zwei, der Menschenwürde und der allgemeinen Handlungsfreiheit abgeleitet. Größer geht es kaum. Wir müssen dieses juristisch vollkommen überentwickelte Institut der Einwilligung praktikabel machen. Es muss vielleicht eine Generaleinwilligung sein, die man auf eine bestimmte Art und Weise gibt."
    Vorher muss aber noch die Frage geklärt werden, wem gehören die Daten? Dem, bei dem sie anfallen? Dem, dem die Sensoren gehören? Beispiel Auto: Gehört es einem selbst, oder dem Arbeitgeber, oder dem Carsharing-Unternehmen? Ist es geleast und gehört somit eigentlich der Bank?
    "Nicht die Daten sind das Problem, sondern die Verwendung der Daten."
    Rainer Kuhlen war Professor für Informationswissenschaft an der Universität Konstanz. Er hält Daten allein für nutzlos. Erst die Verarbeitung schaffe Information, schaffe Wert.
    "Sie werden erst dann zum Problem, wenn man sie nutzt."
    Und diese Nutzung, die sollen ja die Erzeuger oder Betroffenen der Datensammelei bestimmen können. So will es das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, mit dem Kuhlen jedoch Schluss machen will.
    "Dieser defensive Begriff, dass jeder Einzelne sozusagen die Kontrolle über seine Daten hat, diesen Begriff muss man, so schwer das vielleicht sich auch anhört, aufgeben. Es ist nicht mehr möglich im Sinne der informationellen Selbstbestimmung in jeder Hinsicht die Kontrolle über seine Daten zu behalten."
    Das Problem verschärft sich bei der Auswertung von Daten im Schadensfall, zum Beispiel nach einem Verkehrsunfall mit dem Auto. An die entsprechenden Daten wollen viele – Autohersteller und Versicherungen, aber auch Polizei und Unfallgegner. Der Jurist Lüdemann:
    "Auch dieses ist wieder ein Grundrechtsproblem. Bisher ist es ja so, es hat Grundrechtsrang, das ich mich nicht selber belasten muss. Niemand muss sich selbst vor Gericht selbst belasten. Und jetzt stellen Sie sich das mal vor, das eigene Auto sagt gegen Sie aus! Und damit haben wir dann auch wieder, wenn dieser Datenrekorder strafprozessual, aber auch zivilprozessual verwendet wird, das Problem, dass die Daten gegen Sie sogar verwendet werden können."
    Rainer Kuhlen hält dagegen:
    "Da sehe ich eigentlich kein Problem, weil das ist Aufklärung eines Unfalls dient, die möglicherweise auch Schaden an anderen Personen oder an öffentlichen Eigentum der Straße oder was immer zugeführt hat. Da sehe ich keine Privatheitsverletzung drin, dass mein technisches Gerät da von autorisierten Personen überprüft wird. Privatheit ist nicht länger ein nur persönlichen Problem, für dessen Schutz ich verantwortlich bin und das ich sozusagen als mein Eigentum betrachten kann, sondern das wird eben zum mehr ein soziales öffentliches Problem, und deshalb denke ich, dass in diesem speziellen Fall dieses Zeugnisverweigerungsrecht nicht direkt über die Verfügung der Daten an mein Auto übertragen werden kann."
    Verkehrsunfälle werden, glaubt man den Versprechen der Autoindustrie, künftig deutlich weniger werden. Dem autonomen Auto sei Dank. Bleibt zu hoffen, dass damit auch die Grundrechtskonflikte weniger werden. Klar ist so viel: Das Internet der Dinge stellt große Aufgaben an die Politik, schon allein, was die zwei Aspekte "Zukunft der Arbeit" und "Sicherheit der Daten" angeht.
    "Die Digitalisierung wird sich nicht zurückdrehen lassen und das wollen wir natürlich auch nicht. Denn letztlich wenn wir weniger arbeiten müssen allesamt, also jetzt gesellschaftlich gesehen, ist es ja eine tolle Sache, wenn uns Maschinen Arbeit abnehmen."