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Jury-Entscheidung
"Sozialtourismus" ist Unwort des Jahres

Seit mehr als 20 Jahren wählt eine Jury das "Unwort des Jahres" aus. Auch in diesem setzen die Sprachkritiker mit ihrer Entscheidung ein sozialpolitisches Signal.

14.01.2014
    Die EU-Kommission will einen Leitfaden gegen "Sozialtourismus" vorlegen, schreibt die "Deutsche Welle", "Focus" spricht von einem "Programm gegen Sozialtourismus", "Die Welt" von "Klarheit in der Sozialtourismus-Debatte". Alles Meldungen von Montag darüber, wie Brüssel einem aufgeregt geführten Thema Herr zu werden versucht. Die kurze, oberflächliche Onlinerecherche zeigt: Das Wort "Sozialtourismus" hat es längst in den allgemeinen Sprachgebrauch geschafft. In den von Politik- wie Medienvertretern.
    Und so begründet die "Unwort"-Jury-Vorsitzende Nina Janich auch die Entscheidung für "Sozialtourismus" als "Unwort des Jahres 2013", mit dem Schlagwort "wurde von einigen Politikern und Medien gezielt Stimmung gegen unerwünschte Zuwanderer, insbesondere aus Osteuropa, gemacht".
    Grüße nach Bayern
    Die Sprachwissenschaftlerin erklärte: "Dies diskriminiert Menschen, die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu." Der Ausdruck reihe sich ein in ein Netz weiterer Unwörter, die diese Stimmung befördern wie etwa "Armutszuwanderung".
    Mit diesem Begriff bezeichnet die CSU gering qualifizierte Migranten, die nach Einschätzung der Partei in Deutschland vor allem Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollen, aber kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.
    "GroKo" ist "Wort des Jahres"
    Zum "Unwort des Jahres 2012" war "Opfer-Abo" gewählt worden, 2011 "Döner-Morde". Die "Unwort"-Aktion gibt es seit 1991.
    Neben der unabhängigen, sprachkritischen Jury mit ihrer Sprecherin in Darmstadt wählt davon getrennt die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden das "Wort des Jahres". Für 2013 wurde im Dezember das Schlagwort "GroKo" bekannt gegeben. Der Kurz-Begriff für die große Koalition in Berlin charakterisiere am besten das zu Ende gehende Wahljahr.