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Kampf um Nigerias Bodenschätze

Terrorattentate auf religiöse Einrichtungen in Nigeria sorgen weltweit für Schlagzeilen. Nach Jahrzehnten der Diktatur ist das westafrikanische Land seit 1998 bemüht, eine Demokratie aufzubauen. Doch der politische Neubeginn wird von einem gnadenlosen Kampf um Bodenschätze erschwert.

Von Corinna Mühlstedt |
    "Im Gegensatz zu dem, was manche Medien behaupten, sind die aktuellen Konflikte in Nigeria nicht religiöser Natur. Im Hintergrund stehen vielmehr Gier, Machthunger und Korruption. Denn in Nigeria kämpfen verschiedene Wirtschaftsunternehmen um Macht und Einfluss. Sie wollen den Markt kontrollieren und die Umwelt ausbeuten. Sie versuchen, die Regierung zu destabilisieren, um ihren Interessen ungestört nachgehen zu können. Nigeria ist sehr reich, aber das Geld bleibt in den Taschen Weniger. Das sind die Gruppen, die in unserem Land für Chaos sorgen und daran verdienen."

    Die Religionen, insbesondere der islamische Fundamentalismus, würden von den Unruhestiftern nur benutzt, betont Benediktinerpater Peter, der im Süden Nigerias ein Kloster leitet und zu den bekanntesten christlichen Theologen im Land gehört. Das Ziel der Wirtschaftsunternehmen sei es, die Auseinandersetzungen als Religionskonflikt zu kaschieren, um die wahren Absichten der Interessengruppen zu verbergen.

    "Von der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram werden Kirchen bombardiert, Dörfer überfallen und Menschen getötet. Das ist wahr. Aber es gibt in Nigeria auch landesweit eine starke interreligiöse Bewegung und sehr gute Beziehungen zwischen Muslimen und Christen. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass Terroristen eine Kirche beschießen, und anschließend helfen uns gute Muslime, sie wieder aufzubauen. Es gibt auch viele Muslime, die den Terror offiziell verurteilen. Ich bin deshalb sicher: Es ist kein Krieg zwischen Christen und Muslimen."

    Im Saint Benedikt Monastery von Ewu-Ishan lebt eine dynamische junge Gemeinschaft, zu der 40 Benediktiner mit einem Durchschnittsalter von 38 Jahren gehören. Gott sei Dank, so Prior Peter, sei die Region von den blutigen Kämpfen bisher verschont geblieben.

    "In Ewu-Ishan leben zu gleichen Teilen Christen, Muslime und Anhänger der traditionellen afrikanischen Religion. Sogar innerhalb einer Familie können alle drei Glaubensrichtungen vertreten sei. Der amtierende Herrscher in unserer Gegend ist ein Moslem, unser Kloster hat beste Beziehungen zu ihm. Auch unsere Angestellten gehören zu allen drei Religionen. Und das ist gut so. Wir machen keine Kundgebungen für den Frieden, wir alle leben einfach im Alltag friedlich zusammen."

    Ihren Lebensunterhalt verdienen die Mönche mit der Herstellung von Naturheilmitteln. Für die meisten Krankheiten, erklärt Prior Peter, habe man bewährte Produkte. Selbst Patienten, die an Aids oder Krebs litten, seien überzeugt, dass die Naturmedizin des Klosters ihre Beschwerden lindern könne.

    "Wir benutzen alte afrikanische Rezepte, die seit Generationen weiter gegeben werden. Anfangs wollten wir mit der Medizin nur der Dorfbevölkerung in der Nähe unseres Klosters helfen. Aber heute sind unsere Produkte unter dem Namen Pax Herbal in ganz Nigeria bekannt. Pax – Frieden – ist unser benediktinisches Motto. Derzeit bemühen wir uns sogar, die Packungen einiger Produkte an den europäischen Standard anzupassen, um sie nach Europa oder in die USA exportieren zu können. Aber der größte Teil unserer Medizin wird durch ein weites Netzwerk in Nigeria verkauft."

    Das Gästehaus der Gemeinschaft ist rund ums Jahr ausgebucht. Unter den Besuchern sind etliche Muslime. Die medizinischen Produkte, so der Benediktiner, seien aber nur ein Grund für den Zustrom, den das Kloster habe.

    "Man sagt oft, Afrika sei ein sehr religiöser Kontinent, und das stimmt ganz sicher für Nigeria. Unsere jungen Leute kennen in aller Regel den Unterschied zwischen oberflächlichen Bedürfnissen und einer tieferen Sehnsucht. Deshalb kommen viele zu uns. Sie suchen nach Orientierung und einem Lebensinhalt. Sie brauchen einen ruhigen, sicheren Ort, an dem sie fundierte Erfahrungen machen können, die sie im täglichen Leben vermissen."