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Keine Weckfunktion

Physiologie. - Koffein soll munter machen. Doch die alltägliche Frühstücksdroge verliert diese Wirkung schon bei mäßigem Genuss schnell, das zeigte eine britische Studie. Stattdessen kommt es zur Abhängigkeit von der Substanz.

Von Kristin Raabe |
    Für einige der Versuchspersonen, war die Teilnahme an der Studie die pure Qual. 16 Stunden lang durften sie keinen Kaffee oder Tee trinken. Schon mittelstarke Koffeinkonsumenten zeigten danach Entzugserscheinungen. Sie wurden müde und bekamen Kopfschmerzen. Dabei waren sie es lediglich gewohnt, etwa zwei Tassen Kaffee oder drei Tassen Tee pro Tag zu trinken. Deutlicher waren die Entzugserscheinungen natürlich bei den starken Koffeinkonsumenten, die zuvor täglich etwa sechs bis acht Tassen Tee oder vier bis fünf Tassen Kaffee getrunken hatten. Nur den Teilnehmern, die in ihrem Alltag nur wenig oder gar keine koffeinhaltigen Getränke zu sich nahmen, blieben die Entzugserscheinungen erspart. Alle 379 Studienteilnehmer, erhielten nach dem Koffeinentzug entweder ein Placebo oder eine Koffeintablette. Außerdem mussten sie einen Fragebogen ausfüllen, den ihnen der Studienleiter Peter Rogers von der Universität Bristol vorlegte:

    "Wir haben die Leute einfach gefragt, wie sehr ihr augenblicklicher Gefühlszustand einem bestimmten Wort entsprach. Sie sollten beispielsweise angeben wie 'nervös', 'angespannt' oder 'gereizt' sie sind. Wir wollten auch wissen, ob sie gerade ihr Herz schlagen hören. Uns hat interessiert, wie sich die Antworten ändern, wenn wir unseren Versuchspersonen entweder ein Placebo oder eine Koffeintablette gaben. Die Studienteilnehmer wussten nicht, was sie da bekommen, denn die beiden Pillen sahen völlig gleich aus. Aber in der einen Gruppe enthielt die Pille Koffein und in der anderen lediglich eine Placebo-Substanz."

    Wer zuvor kaum Kaffee oder Tee getrunken hatte, erlebte keine Entzugserscheinungen und wurde durch die Koffeintablette tatsächlich wacher, aber auch ein wenig nervöser. Am interessantesten waren allerdings die Reaktionen der Teilnehmer, die es gewohnt waren, größere Mengen Kaffee oder Tee zu sich zu nehmen.

    "Wer ein starker oder auch nur mittelstarker Koffeinkonsument war, wurde durch den Entzug sehr müde und unkonzentriert. Die Koffeintablette machte diese Leute lediglich so wach und aufmerksam, wie es die Gruppe der schwachen Koffeinkonsumenten in der Placebogruppe ohne jedes Koffein war. Bei regelmäßigem Kaffee- oder Teegenuss gewöhnt sich der Körper allmählich an das Koffein und die wachmachende Wirkung lässt nach. Koffein lindert dann lediglich die Entzugserscheinungen, macht aber nicht wirklich wacher. Das ist bei unserer Studie also die schlechte Nachricht."

    Je mehr Kaffee jemand trinkt, desto geringer ist die wachmachende Wirkung des Koffeins. Die Entzugserscheinungen nehmen dagegen zu. Mit diesem Ergebnis wollten sich Peter Rogers und seine Mitarbeiter aber noch nicht zufrieden geben. Sie wollten außerdem noch herausfinden, wie eine bestimmte Genvariante sich auf den Tee oder Kaffeekonsum auswirkt. Diese Genvariante sorgt nämlich dafür, dass bei Koffeinkonsum ein ganz leichter Angstzustand eintritt. Immerhin triff das auf 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung zu.

    "Wir haben herausgefunden, dass jemand, der für die angstauslösende Wirkung von Koffein sehr empfänglich ist, nicht notwendigerweise weniger Kaffee oder Tee trinkt. Eher neigen diese Menschen dazu ein wenig mehr Kaffee zu trinken. Wir glauben dass sie so eine Art 'Angstkick' beim Kaffee- oder Teetrinken erleben. Das muss aber nicht unbedingt unangenehm sein."

    Im Gegenteil: Dieser sehr milde, bewusst kaum wahrnehmbare "Angstkick" macht wahrscheinlich das Vergnügen am Kaffee- oder Teegenuss überhaupt erst aus. Ob das allerdings die schweren Entzugserscheinungen wert ist, unter denen so viele Kaffee- und Teetrinker leiden, bezweifeln die britischen Forscher. Peter Rogers selbst trinkt übrigens ausschließlich entkoffeinierten Tee.