Nuno Sequeira von der portugiesischen Umweltorganisation Quercus hat keine Zweifel: Bei einem schweren Unfall im spanischen Kernkraftwerk in Almaraz, rund 130 Kilometer westlich der portugiesischen Grenze, wären die Behörden in Portugal hoffnungslos überfordert. Seit Jahren protestieren spanische und portugiesische Atomkraftgegner für eine Stilllegung des Meilers, der 1983 in Betrieb genommen worden war. Eigentlich sollte Almaraz schon vor sechs Jahren stillgelegt werden. Doch mitten in der Wirtschaftskrise verlängerte die damalige spanische Regierung die Laufzeit bis 2020. Kleinere Zwischenfälle hat es auch in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Die Angst vor einer nuklearen Katastrophe habe jedoch in den vergangenen Monaten in der portugiesischen Bevölkerung spürbar zugenommen, sagt Nuno Sequeira:
"Zu Beginn des Jahres haben sich fünf spanische Inspektoren der staatlichen Sicherheitsbehörde an die Öffentlichkeit gewandt. Bei der letzten Kontrolle des Reaktors sind ihnen schwere Sicherheitslücken aufgefallen. Der Meiler ist einfach überaltert und sollte ja schon 2010 vom Netz genommen werden. Der Reaktor selbst kann zwar über die vorgesehene Laufzeit hinaus noch in Betrieb bleiben, aber die Bauteile drum herum werden mit zunehmendem Alter immer unzuverlässiger. Die Technologie ist veraltet. Und die Sicherheits- und Kühlsysteme geben keine Garantie mehr, dass sie bei einem Zwischenfall tatsächlich eine Kernschmelze verhindern können."
Rückendeckung vom portugiesischen Parlament
Zusammen mit einer Reihe von spanischen und portugiesischen Umweltorganisationen hat Nuno Sequeira den Protest gegen den Reaktor mitorganisiert. Rückendeckung bekommen die Atomkraftgegner vom portugiesischen Parlament. Die Abgeordneten haben einstimmig Spanien aufgefordert, den Meiler stillzulegen. Seit den Parlamentswahlen im Oktober 2015 regiert in Portugal eine sozialistische Minderheitsregierung, die sich auf drei kleinere Linksparteien stützt, die sich zum Teil auch für den Umweltschutz einsetzen. Der Abgeordnete Jorge Costa hatte in der Vergangenheit mit seiner Partei "Bloco Esquerda" bereits mehrere ähnliche Initiativen gestartet – ohne Erfolg:
"Früher sind unsere Resolutionen für eine Schließung des Atommeilers am Widerstand der beiden portugiesischen Volksparteien gescheitert. Die Sozialisten und die Konservativen haben sich immer den Interessen des großen Bruders in Spanien unterworfen. Dazu kommt, dass einer der Hauptaktionäre des Kernkraftwerks in Almaraz – die Firma Endesa – auch ein wichtiger Akteur auf dem portugiesischen Energiemarkt ist und hier ebenfalls ihren Einfluss geltend gemacht hat."
Jorge Costa glaubt, dass es neben den Sicherheitsbedenken noch einen weiteren Grund gibt, warum die Portugiesen ausgerechnet jetzt die Schließung der spanischen Anlage so vehement fordern.
Auch spanische Umweltorganisationen machen mobil
"In Portugal gab es bereits den politischen Machtwechsel. Das gleiche kann jetzt auch in Spanien passieren, wo ja in ein paar Wochen ein neues Parlament gewählt wird. Wir hoffen, dass die neue spanische Regierung die Bedenken, die wir hier in Portugal gegenüber dem Atomkraftwerk haben, ernst nimmt und eine Stilllegung vorantreibt."
Die Veranstalter der für Samstag geplanten Demonstration erwarten in Cáceres einen der größten Anti-Atomkraft-Proteste der vergangenen Jahre. Der Bloco Esquerda plant Hunderte von Unterstützern aus Lissabon nach Spanien zu bringen. Und auf spanischer Seite will neben den Umweltorganisationen auch das linke Wahlbündnis aus Podemos und Izquierda Unida Flagge zeigen. Damit könnte die Forderung nach der Stillegung von Almaraz auch im Wahlkampf in Spanien eine Rolle spielen.