Die Zukunft von Saudi-Arabien liegt hinter einem Bogen, gebaut im prunkvollen Tausend-und-eine-Nacht-Stil. Dies ist das Stadttor von King Abdullah Economic City, eine gute Fahrstunde nördlich von Jeddah am Roten Meer gelegen. Hinter dem Tor fährt man zunächst noch viele Kilometer durchs Nichts, durch die Wüste. Auf einer Kreuzung pusten Arbeiter mit einem Laubbläser Sand von der Fahrbahn. Schließlich tauchen die ersten Wohnviertel und Bürogebäude auf, dahinter das türkisfarbene Meer.
Stephen Bowen ist der Marketing-Manager von King Abdullah Economic City: "Vor zehn Jahren war das alles Wüste, hier war nichts. Seitdem haben wir etwa 350 Kilometer Straße gelegt und 3.500 Straßenlaternen aufgestellt. Wir haben fünf große Wohnkomplexe errichtet und 6.500 Apartments und Villen, und wir haben einen 'Businesspark' fertiggestellt. Wir haben 120 Unternehmen aus den bereichen Handel, Logistik und Produktion für unser Gewerbegebiet gewinnen können. Weil dies ein Areal von 181 Quadratkilometern ist, sieht alles viel leerer aus, als es tatsächlich ist."
Karrieremöglichkeiten und moderner Lebensstil
181 Quadratkilometer - das ist in etwa die Fläche von Nürnberg. Derzeit leben hier etwa 7.000 Menschen. Ende des Jahres sollen es doppelt so viel sein. Und der Masterplan sieht vor, dass es im Jahr 2035 schließlich zwei Millionen sind - vor allem Saudis, denen die Stadt Karrieremöglichkeiten und einen modernen Lebensstil bieten will. Der Chef des Projektes ist Fahd al-Rasheed. Weil die Stadt aus Sicht der Regierung Vorbildfunktion hat, gilt Rasheed, Mitte 40, nun als einer der wichtigsten Wirtschaftsbosse des Landes:
"King Abdullah Economic City, kurz KAEC, ist eine Private-Public-Partnership. Als eine Stadt, die mit privatem Kapital finanziert wird, ist sie das größte Bauprojekt des Privatsektors auf der ganzen Welt. Außerdem ist es die erste Stadt, die an der Börse geführt wird. Es ist also eine ganze andere Art der Entwicklung der Wirtschaft. Wir versuchen, aus dem Nichts eine Stadt zu bauen, die ein Motor für die wirtschaftliche und sozioökonomische Entwicklung in Saudi-Arabien sein wird."
Obwohl der Grundstein am Roten Meer bereits 2005 gelegt wurde, passt die Stadt hervorragend in die "Vision2030", die der Vize-Kronprinz, Mohammed bin Salman al-Saud, vor einem Jahr vorstellte. Mit diesem Plan will die Regierung das Land fit machen für die Zeit nach dem Öl. Derzeit kommen etwa 90 Prozent der Staatseinnahmen direkt oder indirekt aus der Ölproduktion - das soll sich ändern, denn der Rohstoff, der Saudi-Arabien Wohlstand brachte, ist endlich. Wie das geht, macht King Abdullah Economic City beeits vor: Kein einziges der Unternehmen, die sich dort bereits angesiedelt haben, ist energieintensiv - alle sind außerhalb des Öl-und-Gas-Sektors tätig.
Keine Geschlechtertrennung, anders als sonst in Saudi-Arabien
Der Tiefseehafen von King Abdullah Economic City. An einigen Stellen wird noch gebaut, doch der Betrieb läuft bereits. Der Hafen ist das Herz der Stadt. Eine der wichtigsten Frachtrouten der Welt führt durch das Rote Meer. Diesen Standortvorteil will Projektmanager Rasheed nutzen, als Umschlagplatz für Container und Stückgut: "Unser Standort ist entscheidend, auch für das Königreich. Das Land wird seine Lage zwischen drei Kontinenten - Asien, Europa, Afrika - als Wettbewerbsvorteil nutzen, in der Logistik und als wirtschaftlicher Knotenpunkt. Mit unserem Hafen sind wir im Zentrum dieses Plans, und deshalb expandieren wir auch so schnell."
In King Abdullah Economic City gibt es bereits das Nötigste zum Leben, einen Supermarkt zum Beispiel und ein Ärztezentrum. Schritt für Schritt entstehen auch Freizeitangebote, wie ein 18-Loch-Golfplatz und ein Sportkomplex. Faris Musallam lebt und arbeitet in der Stadt. Bei einer Rundfahrt erzählt er fast beiläufig, was in Saudi-Arabien eigentlich eine Sensation ist: "Ich würde sagen, dass diese Stadt eine sehr offene Gemeinde ist. Männer und Frauen arbeiten zusammen, wir haben keine Geschlechtertrennung. In Saudi-Arabien ist das eine wichtige Neuerung. Ich habe vorher andernorts gearbeitet, und da gab es immer eine Trennung von Männern und Frauen; sie konnten nicht gemeinsam in einem Büro sitzen."