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Klausurtagung in Meseberg
Unklarheiten über Diesel-Nachrüstung

Nun doch Hardware-Nachrüstungen bei Diesel-Autos? Laut Medienberichten denkt die Bundesregierung über einen milliardenschweren Fonds nach, mit dem die Nachrüstungen ermöglicht werden sollen. Bei der Klausurtagung in Meseberg wird deutlich: eine eindeutige Linie gibt es vonseiten der zuständigen Ministerien nicht.

Von Paul Vorreiter |
    Ein Autoauspuff und daneben eine blaue Umweltplakette
    Eigentlich wollen die Koalitionspartner in Meseberg über ihre Zusammenarbeit sprechen - doch schon beim Thema Diesel gibt es Konfliktpotenzial (imago stock&people)
    In Meseberg sind sie zusammengekommen, um sich auf eine gemeinsame Zusammenarbeit einzustellen. Doch gleich zu Beginn der neuen GroKo wird das Teamwork von Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer auf die Probe gestellt. Denn es geht darum, wie sich beide zum Diesel positionieren.
    Der "Spiegel" hatte geschrieben, dass die Bundesregierung über einen neuen milliardenschweren Fonds nachdenkt, mit dem Hardware-Nachrüstungen zumindest eines Teils der deutschen Autos ermöglicht werden sollen. In diesen Fonds soll die Autoindustrie fünf Milliarden Euro einzahlen, die Regierung würde allerdings auch Geld zuschießen, heißt es in dem Bericht. Profitieren sollen Kunden von Euro 6 und Euro 5-Autos, die technisch für die Nachrüstung in Frage kommen. Es geht um Fahrer in Regionen, die nach dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil wahrscheinlich von Fahrverboten bedroht sind.
    Auf den Fonds angesprochen sagte Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister, dass da nichts dran sei. In der "Passauer Neuen Presse" erklärte er, dass sein Ministerium rechtliche und technische Vorbehalte gegen solche Nachrüstungen habe.
    "Im Bundesumweltministerium sind Pläne für einen solchen Nachrüstfonds nicht bekannt. Wir wüssten auch nicht, wozu der gut sein soll. Unsere Position kennen Sie ja: Wir halten Nachrüstungen für erforderlich und finden dass die Hersteller sie auch komplett bezahlen sollten", sagte Nikolai Fichtner, Sprecher des Bundesumweltministeriums diese Woche und so wird klar. Auch in der neuen Bundesregierung bleibt die Konfliktlinie zwischen den beiden Ministerien bestehen.
    Unterdessen argumentierte heute die Deutsche Umwelthilfe auf einer Pressekonferenz erneut, dass die Nachrüstungen technisch möglich und auch geboten seien. Verkehrsexperte Axel Friedrich:
    "Wieso kommt dann die Autoindustrie dazu zu sagen, diese Hardware Nachrüstung geht nicht, sie funktioniert nicht und sie bringt keine Minderungen der Emissionen? Für mich ein Rätsel."
    Deutsche Umwelthilfe hält Nachrüstungen weiterhin für möglich
    Die Grünen-Bundestagsfraktion hat nach Informationen des Bayerischen Rundfunks berechnet, was ein Hardware-Einbau kosten könnte. Wenn 80 Prozent aller Euro5-Diesel-Besitzer sich dafür entscheiden würden, wären das Kosten für die Autoindustrie von 5,3 Milliarden Euro. Etwa die Hälfte davon würde an Volkswagen fallen, BMW und Mercedes müssten deutlich weniger bezahlen. Für Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sind das zumutbare Summen:
    "Die Nachrüstkosten schränken in keiner Weise die Wettbewerbsfähigkeit ein und schon gar nicht gefährden sie die Zukunft der Hersteller."
    Die Autoindustrie sieht das nicht so. VDA-Präsident Bernhard Mattes sagte zu Beginn der Woche in Berlin, dass solche Hardware-Umbauten sehr, sehr komplex seien und außerdem würden sie zwei bis drei Jahre dauern. Zeit, die man nicht habe. Und Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister, der versucht unterdessen zu beruhigen: "Die Politik sagt immer. 1. bitte keine Panik, 2. Wir wollen keine Verbote und 3. auf diesen Fehlern, die gemacht wurden, dürfen nicht die Diesel-Fahrer sitzen bleiben."
    Niedersachsen und Bayern schlagen Förderprämie vor
    Damit bleibt die Frage nach wie vor ungeklärt, was denn zusätzlich zu den auf dem Diesel-Gipfel beschlossenen Software-Updates für etwa fünf Millionen Autos noch getan wird. Dass die Ergebnisse dieses Treffens im vergangenen Jahr nicht ausreichen, scheinen auch die Landesregierungen von Niedersachsen und Bayern zu glauben.
    Beide haben vorgeschlagen, dass der Staat gemeinsam mit den Autokonzernen den Absatz von modernen, weniger umweltschädlichen Diesel-Autos mit einer zusätzlichen Förderprämie von 2.000 Euro pro Fahrzeug fordert, berichtet der BR. Das Bundesfinanzministerium lehne die Idee aber ab und begründe das mit steuerrechtlichen Vorbehalten und abgelaufenen EU-Fristen. Darüber berät heute offenbar auch eine Expertenkommission und arbeitet an einer Abschlusserklärung dazu.