Das Prinzip ist ganz simpel. Trifft Sonnenlicht auf eine weiße Oberfläche, wird der größte Teil der Energie reflektiert. Das heißt, die Albedo ist sehr hoch und die Oberfläche erwärmt sich kaum. Eine schwarze Oberfläche dagegen nimmt viel Sonnenenergie auf, ihre Albedo ist gering.
"In der Arktis hat die Meereisbedeckung seit Beginn der Satellitenmessungen vor 35 Jahren deutlich abgenommen. Heute sind in den Sommermonaten 40 Prozent weniger Ozeanfläche von Eis bedeckt. Es sind also wirklich dramatische Veränderungen, die wir dort beobachten."
Denn je mehr dunkler Ozean freiliege, desto mehr Sonnenenergie könne die Arktis aufnehmen, erklärt Ian Eisenman, und sich dadurch noch stärker erwärmen, sodass noch mehr Eis verschwinde. Der Klimaforscher und seine Kollegen von der Universität von Kalifornien in San Diego wollten deshalb wissen, um wie viel genau die Albedo des Arktischen Ozeans abgenommen hat. Das herauszufinden ist allerdings nicht ganz so einfach. Denn selbst dort, wo die Meereisdecke noch erhalten ist, variiert ihr Rückstrahlvermögen sehr stark. An einigen Stellen liegt frischer, weißer Schnee auf dem Eis und reflektiert fast das gesamte Sonnenlicht, an anderen Stellen nimmt das blanke, etwas dunklere Eis schon einen Teil der Strahlung auf, und wieder einige Meter weiter schluckt ein Schmelzwassersee auf dem Eis noch mehr Strahlung.
"Wir haben deshalb versucht, die Veränderungen der Albedo mithilfe von Satellitenmessungen abzuschätzen. Wir verfügen zum einen seit zehn Jahren über Daten von NASA-Satelliten, die die Albedo der Erde direkt messen. Zum anderen haben wir seit 35 Jahren Satellitendaten über die Meereisbedeckung. Also haben wir uns diese beiden Datensätze genauer angeschaut. In der Zeit, in der sie überlappen, stimmen sie überraschend gut überein. Aus der Beziehung zwischen den Daten zur Meereisbedeckung und zur Albedo in den vergangenen zehn Jahren konnten wir dann die Veränderungen der Albedo in den vorangegangenen Jahrzehnten relativ genau abschätzen, für die wir nur Meereisdaten haben."
Vor 50 Jahren schon hatten Forscher vermutet, dass ein Rückgang des Meereises in der Arktis zu einer Abnahme der Albedo führen würde. Um diese These überprüfen zu können, fehlten aber bislang direkte Messungen. Und obwohl Ian Eisenman und seine Kollegen eine Abnahme der Albedo erwartet hatten, waren sie von ihren Ergebnissen überrascht.
"Die Albedo der Arktis hat zwei- bis dreimal stärker abgenommen, als bisherige Studien erwarten ließen. Sie nimmt heute wesentlich mehr Strahlung auf als noch vor 35 Jahren. Und wenn Sie diese zusätzlich aufgenommene Energie gleichmäßig über den Globus verteilen, entspricht sie 25 Prozent der Erwärmung, die direkt auf die Zunahme des Kohlendioxids in der Atmosphäre zurückzuführen ist."
Die starke Abnahme der arktischen Albedo wirkt sich zwangsläufig auf das weltweite Klima aus. In den aktuellen Klimamodellen wird sie allerdings noch nicht berücksichtigt. Ian Eisenman hofft nun, dass seine Ergebnisse dazu beitragen können, die Klimamodelle zu verbessern.