Es fühlt sich ein bisschen an wie Fingerhakeln: Der Klimagipfel in Paris geht in die Schlussphase, heute Morgen will die französische Präsidentschaft einen neuen Entwurf für das Abschlussdokument vorlegen. Sie drückt auf das Tempo, zumal ein Vertrag in allen sechs UN-Sprachen vorliegen muss, um beschlossen zu werden. Freitagabend wäre planmäßig Schluss, doch auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks rechnet mit einer Verlängerung. "Natürlich haben die Franzosen als Gastgeber ein Interesse daran, auch zeitgerecht fertig zu werden, aber das hat bestimmt nicht die erste Priorität."
Gestern hatte die Europäische Union Erfolg bei der Suche nach Verbündeten: Eine Gruppe von 79 ärmeren Entwicklungsländern stellte sich hinter wichtige Vorstellungen der Europäer über den Inhalt eines Vertrages. Patrick Gomes, Generalsekretär der Staatengruppe aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik: "Wir glauben deshalb, dass wir ein konkretes Abkommen brauchen, mit klaren Zielen, die umgesetzt und alle fünf Jahre überprüft werden müssen, damit wir den Fortschritt sehen können. Ein Zurück gibt es nicht und alle 79 Staaten der afrikanisch-karibisch-pazifischen Gruppe sind sich mit der Europäischen Union völlig einig, wie wir vorankommen können."
Die Europäer haben beim Gipfel größere Finanzzusagen für Hilfen beim Klimaschutz abgegeben und sie stellen sich auch hinter die Forderung, in einem Abkommen die Begrenzung der Erderwärmung auf eineinhalb Grad über dem vorindustriellen Niveau zu verankern – neben der Höchstgrenze von zwei Grad. Eine weitere Staatengruppe hat die 1,5 Grad-Grenze in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellt - die Gruppe der besonders verwundbaren Staaten. Ihr Sprecher, der philippinische Klimaschutz-Minister Emanuel de Guzman begründet dies sehr grundsätzlich: "Die 1,5 Grad-Grenze kann die Menschenrechte Wirklichkeit werden lassen. Sie ist erforderlich für unser Überleben. Sie ist nötig für den Fortbestand der Menschheit und ihr Wohlergehen und für die Bewahrung der Natur."
Entscheidungen in letzter Minute erwartet
Dafür wäre allerdings eine Vollbremsung beim CO2-Ausstoß erforderlich und dazu ist eine starke Staatengruppe nicht bereit. Die Allianz aus China, Indien, Brasilien und Südafrika will vor allem von den Industrieländern stärkere Anstrengungen. Indiens Umweltminister Prakash Javadekar. "Wir sind nach wie vor enttäuscht über den geringen Ehrgeiz der entwickelten Länder im Klimaschutz und darüber, wie wenig sie die Entwicklungsländer unterstützen. Es ist notwendig, dass die entwickelten Länder, die die historische Verantwortung tragen und größere Möglichkeiten haben, sichtbar die Führung übernehmen, wenn es darum geht, die Emissionen zu senken und finanzielle und technologische Unterstützung für die Entwicklungsländer zu leisten."
Die Entscheidungen werden vermutlich in letzter Minute fallen, doch zumindest die großen Blöcke üben sich im Verbindlichkeit – auch der Vertreter Indiens: "Es ist nun an uns Allen, den politischen Willen aufzubringen, um ein Abkommen zu erreichen. Indien will in Paris den Erfolg."
Entscheidungen müssen einmütig fallen bei UN-Konferenzen. Das gibt vor allem den Staaten Macht, die eigentlich kein Abkommen wollen – etwa wegen ihrer Abhängigkeit vom Öl. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hofft jedoch, auch sie ins Boot zu holen. "Ja, wir sind natürlich auf dem Weg. Und wir sind zuversichtlich, dass sie sich auch hinterher nicht aus der Gemeinschaft der Staaten verabschieden wollen."