So klingt sie, die Rauchschwalbe, die Mitte April in Deutschland zu Brüten beginnt. Eine Langzeitstudie von Leipziger Wissenschaftlerinnen, die das Brutverhalten der Schwalben mit verschiedenen Klimadaten abgeglichen haben, zeigt nun, dass die Vögel immer eher zu Brüten beginnen. Trotzdem bekommen sie am Ende weniger Nachwuchs durch – warum, erklärt Brigitte Schlögl von der Uni Leipzig.
"Das liegt daran, dass es auf lokaler Ebene, also in Ostdeutschland jetzt konkret, im Mai noch mal zu einer Reduktion der Temperatur kommt. Dass es da Langzeittrends gibt, dass die Maitemperaturen sinken. Und wir vermuten, dass diese niedrigeren Temperaturen dazu führen, dass die Vogeleltern nicht mehr genug Insekten finden, um ihre Jungen zu füttern."
Über 7000 Bruten der Rauchschwalbe haben die Wissenschaftlerinnen analysiert und mit Klimadaten der Jahre 1997 bis 2010 abgeglichen. Dabei haben sie festgestellt, dass sich in diesen 14 Jahren der Brutbeginn um insgesamt eine Woche nach vorn geschoben hat.
Allgemein läuft das bei der Rauchschwalbe so: Im April, nur wenige Tage nach ihrer Rückkehr aus den warmen Gefilden Afrikas, beginnt sie direkt mit dem Eierlegen. Gebrütet wird etwa zwei Wochen, dann schlüpfen die Jungtiere. Um deren Entwicklung zu verfolgen, werden sie nach der Geburt beringt. Und diese Daten, in ihrem Fall von einer Station auf Hiddensee, haben die Wissenschaftlerinnen um Annegret Grimm vom Leipziger UFZ ausgewertet.
Falscher Alarm durch Klimaerwärmung
"Jungtiere werden beringt im Alter von zehn bis 15 Tagen, weil dann sind sie groß genug, dass sie den Ring nicht mehr verlieren. Sie sind aber noch so klein, dass sie das Nest noch nicht verlassen können. Und wenn man sich eben 7000 Bruten anschaut, dann hat man eben von jeder Brut das genaue Datum, wann sie wiedergekommen sind. Und das ist eben über die Zeit immer früher geworden."
Schuld daran ist die globale Großwetterlage, in diesem Fall die sogenannte Nordaltlantik-Oszillation. Sie signalisiert den Schwalben, es sei schon warm genug für eine Rückkehr. Dabei sind die lokalen Temperaturen häufig noch nicht optimal für den Nachwuchs. Ein Mismatch nennt das die Wissenschaft: zu wenig Nahrung zum exakt richtigen Zeitpunkt. Eben genau im Mai, wenn es für die gefräßigen Jungtiere ums Überleben geht. Die Folge: Der Bestand der Rauchschwalben nimmt kontinuierlich ab.
"Im Erstgelege haben die Schwalben ca. 4-5 Nachkommen. Das kann variieren zwischen zwei und acht. Und im Laufe der Zeit, also zwischen 1997 und 2010 war es aber so, dass im Durchschnitt allein das Erstgelege nur so 3-4 Nachkommen hatte. Sie hängen ja von den Insekten ab, das ist ihre Hauptnahrungsquelle. Und wenn die weniger werden, dann haben sie weniger zu fressen."
Das scheint paradox, besagt doch der Klimawandel, dass es insgesamt wärmer wird. Demnach sollte es eigentlich auch mehr Insekten geben. In einigen Gebieten, wie eben in diesem Fall im Osten Deutschlands, scheint das aber für den Moment nicht zu stimmen. Ein negativer Langzeittrend? Brigitte Schlögl ist sich da noch nicht ganz sicher.
Künftig drei Bruten anstelle von zwei Bruten
"Es kann durchaus sein, dass es in den nächsten zehn Jahren andere Trends gibt. Aber es ist schon ein recht langer Zeitraum, der auch in die generellen Muster, die man so zum Klimawandel kennt, aus anderen Studien, hineinpasst. Nämlich dass insbesondere Zugvögel immer früher mit dem Brutgeschehen beginnen ..."
Noch ist die Rauchschwalbe nicht akut in ihrem Bestand bedroht. Nach Angaben des Naturschutzbund Deutschland, dem "NABU", brüten allein in Mitteleuropa vier bis sechs Millionen Paare des kleinen schlanken Singvogels. Doch er steht bereits auf der Vorwarnliste der bedrohten Brutvögel, neben dem Klimawandel macht ihm seit Jahrzehnten schon die zunehmende Versiegelung der Landschaft zu schaffen.
Die Leipziger Wissenschaftlerinnen hoffen nun, dass sich die Rauchschwalben in Zukunft einfach besser anpassen. Neben einer zweiten Brut im Sommer könnten sie bald häufiger noch eine Dritte folgen lassen – und so den Klimawandel für sich nutzen, meint Annegret Grimm.
"Sie passen sich in der Hinsicht an, dass sie eben einen längeren Zeitraum zur Verfügung haben im Laufe des Jahres und damit zum Beispiel ein drittes Gelege machen können. Sind also nicht so starr, auch wenn sie schon März ankommen würden, würden sie nur zwei Gelege legen. Sie haben länger Zeit und machen dadurch ein drittes Gelege und können damit den Verlust aus dem ersten Gelege wieder ausgleichen. Also von daher sind sie schon anpassungsfähig, ob sie schnell genug sind mit dem Anpassen, das wissen wir natürlich noch nicht."