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Klopapier aus rechtem Wahlkampfmaterial
Drei Lagen, eine Haltung

Wer beim Stuhlgang politisch sein will, für den hat ein kleines Unternehmen nun das richtige Toilettenpapier auf dem Markt gebracht. Es ist dreilagig und besteht zum Teil aus Broschüren und Plakaten rechter Parteien. Die Botschaft des sogenannten "Scheißpapiers": Hass ist für'n Arsch.

Von Axel Schröder |
    Eine Rolle des sogenannten "Scheißpapiers" auf einer Toilette
    Das Scheißpapier - ein politisches Toilettenpapier (Deutschlandradio / Axel Schröder)
    Malte Schremmer sitzt an einem kleinen Tisch in einem winzigen Raum. Neonröhren unter der Decke, rechts und links vollgepackte Regale. Der junge Unternehmer trägt eine dicke, grob gestrickte Wollmütze, vor ihm auf der Tischplatte ein kleiner, noch verschlossener Pappkarton:
    "Vor uns haben wir die "Sonderedition Scheißpapier". Hintergrund ist gewesen, dass uns die Art der Wortwahl, die während des Wahlkampfs immer entsteht und auch die – gerade, was sich auf politischer Ebene in letzter Zeit entwickelt hat – so ein bisschen gegen den Strich ging. Und da wollten wir ein Zeichen setzen und sagen, diese ganzen Hasspredigten und was man sonst so noch alles mitkriegt, dass immer sehr viel Angst und Gewalt geschürt wird, das finden wir nicht cool! Und da wir ja ein eigenes Klopapier auch sonst auf dem Markt haben und unser Thema auch sonst der Stuhlgang ist, haben wir gesagt: 'Hass ist doch eigentlich für den Arsch!'"
    Aufruf zu Spenden von rechten Plakaten und Broschüren
    Eigentlich verdient Malte Schremmer mit seiner Firma "Goldeimer" Geld mit der Vermietung von Kompost-Toiletten für Großveranstaltungen und dem dazugehörigen Klopapier. Ein Teil der Einnahmen fließt aber immer auch an die Welthungerhilfe, die Gemeinnützigkeit des Projekts ist anerkannt. Damit das in kleiner Stückzahl aufgelegte "Scheißpapier" auch tatsächlich "Scheiße" enthält, so Malte Schremmer, habe man vor der Bundestagswahl dazu aufgerufen, Flyer und Borschüren von rechtspopulistischen Parteien zu sammeln und an "Goldeimer" zu schicken, um es der regulären Klopapier-Produktion beizumischen. Von welcher Partei steckt besonders viel Material im "Scheißpapier"?
    "Wir selber wollen uns da jetzt nicht unbedingt zu äußern. Als gemeinnütziges Projekt kann man eben nicht dazu aufrufen, gegen spezielle Parteien Stimmung zu machen. Aber es ging letztendlich schon auch sehr stark um die Themen, die die AfD im Internet und eben auch auf Flyern, auf Reden und so gestreut hat. Das ist einfach eine große Art von Angstmacherei, die da verbreitet wird, dass wir das nicht gut finden."
    Teil der Erlöse für Gemeinnützigkeit
    Wichtig war den Machern aber, dass das Einsammeln von rechtem Wahlkampfmaterial geordnet abläuft: "Wir haben explizit darauf hingewiesen, dass das Ganze bitte gewaltfrei ablaufen soll. Wir haben nicht gesagt: 'Reißt die Plakate ab!' Wir wollten auch nicht zu Straftaten aufrufen, sondern: 'Geht da hin, informiert Euch, nehmt die Flyer mit. Vielleicht liegt auch mal so ein Stapel Zeitungen bei Euch im Briefkasten. Und wenn Ihr der Meinung seid, dass diese Hetz- und Hassschriften was Besseres verdient haben als gelesen zu werden, dann schickt sie uns zu und wir machen Klopapier draus.'"
    Insgesamt sind rund fünf Kubikmeter geschredderte Wahlkampfbroschüren, -plakate oder Flugblätter zusammengekommen. Das Material wurde der Produktion von 1.500 Klopapierrollen beigemischt. Mit fünf Euro sind die dreilagigen Klorollen zwar nicht billig. Aber aus den Erlösen fließen rund 5.000 Euro an den "Cura"-Opferfond der Berliner Amadeu-Antonio-Stiftung. Mit dem Geld werden Opfer von rechtsextremen Gewalttätern unterstützt.
    Humorvoller Umgang mit Rechts
    Malte Schremmer greift sich den kleinen Karton, dreht ihn, zeigt die Sprüche darauf und das Zertifikat, das jeder Rolle beiliegt: "Wir haben hier zum Beispiel: 'Hass in seiner besten Rolle!' Ein klassisches Wortspiel. Und wenn man sich den Unterboden anguckt: ein eigenes Siegel entwickelt, so eben draufsteht: 'FCKNZS', ‚'Papier aus unverantwortlichen Quellen'. Wenn man die Packung aufmacht, hat man eine schöne Rolle Klopapier für sich zu Hause als Statement. Drei Lagen, eine Haltung, bei sich zu Hause im Badezimmer."
    Die Sprüche sollen zeigen: es geht nicht um eine bierernste, sondern eine humorvolle Auseinandersetzung mit rechtspopulistischen Ideen. Und vielleicht, so Malte Schremmer, sei das ja auch der Grund, warum es außer einigen Einträgen in sozialen Netzwerken bislang keine Anfeindungen aus dem extrem rechten Spektrum wegen des "Scheißpapiers" gab.