Nach langen Verhandlungen hat der Fahrer Li eingewilligt, zum Kanal zu fahren. Dieser soll Wasser nach Peking bringen, für die Olympischen Spiele. Tangxiang, in Pekings Nachbarprovinz Hebei, ist ca. 180 Kilometer von den Olympischen Stadien entfernt. Polizei-Kontrollen an jeder Strassenecke. Den Bauern und Taxifahrern hier in Tangxian wurde verboten, mit Ausländern zu sprechen, vor allem nicht über das Thema Wasser, so der Fahrer Li.
"Früher war das nicht so streng. Jetzt, wegen den Olympischen Spielen in Peking, ist die Lage sehr angespannt. "
Die Wege zu den kleinen Dörfern jenseits der Hauptstraße sind mit Schranken gesperrt. Li Maoda kennt die Kontrolleure. Er ist hier geboren und schlägt Schleichwege für uns ein. Die Scheiben seines Mini-Vans sind verdunkelt, so fallen wir als Ausländer nicht sofort auf. Es geht über holprige Feldwege an Maisfeldern vorbei. Fahrer Li zeigt auf das eingetrocknetes Flußbett, in dem inzwischen nur noch Plastikflaschen und Hausmüll liegen.
"Das war früher mal ein Teil des Wasserreservoirs, aber hier gibt es längst kein Wasser mehr. "
Sieben Jahre Dürre haben die nordchinesische Provinz Hebei ausgetrocknet. Zwar hat es ausnahmsweise in den letzten Wochen etwas geregnet, und die Felder sind nicht mehr staubig, sondern grün, doch Hebeis Bewässerungskanäle und Flüsse sind fast leer.
Am Kanal angekommen, hält Li auf der Brücke mit Blick auf den betonierten Kanal, der mit etwas Regenwasser gefüllt ist.
Eigentlich sollte der Kanal das letzte Stück des gigantischen "Süd-Nord-Wasserumleitungsprojektes" sein, das Wasser aus dem Jangtse Fluss in Südchina nach Peking umleiten soll. Doch als feststand, dass die Verbindung zum Jangtse Fluss bis zu den Olympische Spielen nicht pünktlich fertiggestellt werden kann -sondern erst im Jahr 2010 - befahl die Führung eine Notlösung: das Wasser aus vier Stauseen in Hebei soll nach Peking umgeleitet werden. Hebei - eine der trockensten Provinzen Chinas - soll sein kostbares Nass nach Peking liefern, damit die Hauptstadt für die Olympischen Spiele aus dem Vollen schöpfen kann.
"Das Thema Wasser beschäftigt alle hier in Hebei", erzählt uns Li. Doch seit den Kontrollen wagt keiner mehr offen darüber zu sprechen. Auch er will lieber vorsichtig sein.
"Wenn das Wasser bei den Olympischen Spielen nicht reicht, dann wird es von hier nach Peking transportiert. Ich befürchte aber, dass sie auch nach den Spielen darauf zurückgreifen werden. "
Das Feld von Bauer Wang Qingsong, der seinen wirklichen Namen nicht verraten möchte, ist nur ein Steinwurf von dem Kanal entfernt. Er jätet Unkraut in der Mittagshitze. Seine ausgebeulten Hosen hat er bis über die Knie hochgekrempelt. Zusammen mit seiner Familie baut er hier auf einem kleinen Feld Mais an. Bisher hat er das Wasser der Hebeier Stauseen für die Bewässerung seiner Felder benutzt. Doch jetzt hat die Hauptstadt Vorgriffsrecht und Wang Qingsong geht leer aus. Er weiß nicht mehr, wie er seine Felder bestellen soll. Wie die meisten Bauern hier hat er sich eine Pumpe gekauft, um einen Brunnen zu graben. Doch das kostet Geld und er ist arm.
"Wir haben wenig Wasser. Das macht uns Sorgen. Wir holen unser Wasser jetzt aus dem Brunnen. Wir haben tief gegraben, doch wir stoßen nur auf Abwasser. Aber die olympischen Spiele sind gut. In Peking gibt es eben mehr Menschen, die brauchen jetzt das Wasser. "
"Wir sind gut vorbereitet," dröhnt es zur Musik aus dem Lautsprecher am Pekinger Westbahnhof. Auf der Leinwand leuchtet die Schrift "Beijing Welcomes You" dem Besucher entgegen. Gleich neben dem Ausgang, ein großer Springbrunnen. Trotz des chronischen Wassermangels setzt Peking alles daran, der Welt "grüne Spiele" zu präsentieren. Der Chaobao-Fluss in Shunyi war längst ausgetrocknet. Für die olympischen Ruder- und Kanuwettbewerbe wird er mit Wasser gefüllt. Die Fontäne des Springbrunnens am See soll mit ihren 134 Meter den Weltrekord brechen.
Die international bekannte Umweltaktivistin Dai Qing schimpft über die Wasser-Verschwendung. Für ihre Kritik am Drei-Schluchten-Damm sass sie früher im Gefängnis, danach immer wieder unter Hausarrest. Auch heute noch wird sie beschattet. Doch den Mund lässt sich Dai Qing nicht verbieten.
"Die Olympischen Spiele sind ein ganz schlechter Modellfall für Peking nach dem Motto: "Das Leben, das ich mir heute wünsche, kann ich realisieren, egal auf welche Kosten." Wenn die Spiele vorbei sind, wird der Gedanke bleiben, befürchte ich. Aber wer will denn diese Projekte? Das Nord-Süd-Projekt? Die Olympischen Stadien? Es geht doch alles um ein großes Baugeschäft. Und für Fehlplanungen wird hier keiner zur Rechenschaft gezogen. Keiner kontrolliert die kommunistische Partei. "
Das alles wird dramatische Folgen haben, warnt Dai Qing.
Um die Spiele zu begrünen, pumpt Peking nicht nur Wasser aus den Nachbarprovinzen heran, sondern zapft vor allem immer mehr Grundwasser aus großer Tiefe. Zu zwei Drittel stellt die Stadt ihre Wasserversorgung heute aus Grundwasser sicher. Schon im Jahr 2004 haben die Behörden damit begonnen, Wasser aus dem Karst in über 1000 Meter Tiefe heraufzupumpen - Vorräte, die sich in Millionen Jahren gebildet haben und kaum wieder aufgefüllt werden können, heißt es in einem Bericht der kanadischen Organisation "Probe International", mit der Dai Qing eng zusammenarbeitet. 17 Millionen Pekinger Einwohner sind bereits auf knappstes Grundwasser angewiesen, das aus immer tieferen Quellen geholt wird. Mit unabsehbaren Folgen, so Dai Qing.
"Die größte Gefahr besteht in den Hohlräumen, die durch die Grabungen entstanden sind. Ich denke an die vielen Hochhäuser und Fabriken, die in ihrer Stabilität gefährdet sind oder auch an eine Erdbebengefahr. "
Damit kein Schatten auf die Olympischen Spiele fällt, behandeln die Behörden die Wasserkrise wie ein Geheimnis und weigern sich, die Statistiken zu veröffentlichen, klagte Dai. Hinzu komme, dass die Flüsse und Reservoirs der Stadt gravierend verschmutzt sind. In vielen dicht besiedelten Vororten gleichen Pekings Flüsse stinkenden Kloaken. Die Pekinger Bevölkerung sei sich der Wasserkrise aber überhaupt nicht bewußt.
Zur selben Zeit wird Pekings Durst immer größer. Die Mega-Metropole wächst rasant, der Lebensstandard der Menschen steigt kontinuierlich. Allein Pekings neue Golfanlagen sollen weitere 30 Millionen Kubikmeter Wasser verbrauchen.
Wenn nicht bald etwas unternommen wird, geht der nächsten Generation das Wasser aus, warnt Zhang Junfeng von der Nicht-Regierungsorganisation "Green Earth Volunteers" in Peking.
"Wenn Peking etwas grundlegend ändern will, muss die Bevölkerung gedrosselt werden und wir müssen unsere Lebensgewohnheiten ändern. Es kann sehr gut sein, dass wir in fünf bis zehn Jahren die Pekinger Wasserversorgung gar nicht mehr gewährleisten können. Wenn es Engpässe gibt, wird das gravierende wirtschaftliche und gesellschaftliche Spannungen mit sich bringen. Die Pekinger Bevölkerung wird noch große Einschneidungen erleben. "
"Früher war das nicht so streng. Jetzt, wegen den Olympischen Spielen in Peking, ist die Lage sehr angespannt. "
Die Wege zu den kleinen Dörfern jenseits der Hauptstraße sind mit Schranken gesperrt. Li Maoda kennt die Kontrolleure. Er ist hier geboren und schlägt Schleichwege für uns ein. Die Scheiben seines Mini-Vans sind verdunkelt, so fallen wir als Ausländer nicht sofort auf. Es geht über holprige Feldwege an Maisfeldern vorbei. Fahrer Li zeigt auf das eingetrocknetes Flußbett, in dem inzwischen nur noch Plastikflaschen und Hausmüll liegen.
"Das war früher mal ein Teil des Wasserreservoirs, aber hier gibt es längst kein Wasser mehr. "
Sieben Jahre Dürre haben die nordchinesische Provinz Hebei ausgetrocknet. Zwar hat es ausnahmsweise in den letzten Wochen etwas geregnet, und die Felder sind nicht mehr staubig, sondern grün, doch Hebeis Bewässerungskanäle und Flüsse sind fast leer.
Am Kanal angekommen, hält Li auf der Brücke mit Blick auf den betonierten Kanal, der mit etwas Regenwasser gefüllt ist.
Eigentlich sollte der Kanal das letzte Stück des gigantischen "Süd-Nord-Wasserumleitungsprojektes" sein, das Wasser aus dem Jangtse Fluss in Südchina nach Peking umleiten soll. Doch als feststand, dass die Verbindung zum Jangtse Fluss bis zu den Olympische Spielen nicht pünktlich fertiggestellt werden kann -sondern erst im Jahr 2010 - befahl die Führung eine Notlösung: das Wasser aus vier Stauseen in Hebei soll nach Peking umgeleitet werden. Hebei - eine der trockensten Provinzen Chinas - soll sein kostbares Nass nach Peking liefern, damit die Hauptstadt für die Olympischen Spiele aus dem Vollen schöpfen kann.
"Das Thema Wasser beschäftigt alle hier in Hebei", erzählt uns Li. Doch seit den Kontrollen wagt keiner mehr offen darüber zu sprechen. Auch er will lieber vorsichtig sein.
"Wenn das Wasser bei den Olympischen Spielen nicht reicht, dann wird es von hier nach Peking transportiert. Ich befürchte aber, dass sie auch nach den Spielen darauf zurückgreifen werden. "
Das Feld von Bauer Wang Qingsong, der seinen wirklichen Namen nicht verraten möchte, ist nur ein Steinwurf von dem Kanal entfernt. Er jätet Unkraut in der Mittagshitze. Seine ausgebeulten Hosen hat er bis über die Knie hochgekrempelt. Zusammen mit seiner Familie baut er hier auf einem kleinen Feld Mais an. Bisher hat er das Wasser der Hebeier Stauseen für die Bewässerung seiner Felder benutzt. Doch jetzt hat die Hauptstadt Vorgriffsrecht und Wang Qingsong geht leer aus. Er weiß nicht mehr, wie er seine Felder bestellen soll. Wie die meisten Bauern hier hat er sich eine Pumpe gekauft, um einen Brunnen zu graben. Doch das kostet Geld und er ist arm.
"Wir haben wenig Wasser. Das macht uns Sorgen. Wir holen unser Wasser jetzt aus dem Brunnen. Wir haben tief gegraben, doch wir stoßen nur auf Abwasser. Aber die olympischen Spiele sind gut. In Peking gibt es eben mehr Menschen, die brauchen jetzt das Wasser. "
"Wir sind gut vorbereitet," dröhnt es zur Musik aus dem Lautsprecher am Pekinger Westbahnhof. Auf der Leinwand leuchtet die Schrift "Beijing Welcomes You" dem Besucher entgegen. Gleich neben dem Ausgang, ein großer Springbrunnen. Trotz des chronischen Wassermangels setzt Peking alles daran, der Welt "grüne Spiele" zu präsentieren. Der Chaobao-Fluss in Shunyi war längst ausgetrocknet. Für die olympischen Ruder- und Kanuwettbewerbe wird er mit Wasser gefüllt. Die Fontäne des Springbrunnens am See soll mit ihren 134 Meter den Weltrekord brechen.
Die international bekannte Umweltaktivistin Dai Qing schimpft über die Wasser-Verschwendung. Für ihre Kritik am Drei-Schluchten-Damm sass sie früher im Gefängnis, danach immer wieder unter Hausarrest. Auch heute noch wird sie beschattet. Doch den Mund lässt sich Dai Qing nicht verbieten.
"Die Olympischen Spiele sind ein ganz schlechter Modellfall für Peking nach dem Motto: "Das Leben, das ich mir heute wünsche, kann ich realisieren, egal auf welche Kosten." Wenn die Spiele vorbei sind, wird der Gedanke bleiben, befürchte ich. Aber wer will denn diese Projekte? Das Nord-Süd-Projekt? Die Olympischen Stadien? Es geht doch alles um ein großes Baugeschäft. Und für Fehlplanungen wird hier keiner zur Rechenschaft gezogen. Keiner kontrolliert die kommunistische Partei. "
Das alles wird dramatische Folgen haben, warnt Dai Qing.
Um die Spiele zu begrünen, pumpt Peking nicht nur Wasser aus den Nachbarprovinzen heran, sondern zapft vor allem immer mehr Grundwasser aus großer Tiefe. Zu zwei Drittel stellt die Stadt ihre Wasserversorgung heute aus Grundwasser sicher. Schon im Jahr 2004 haben die Behörden damit begonnen, Wasser aus dem Karst in über 1000 Meter Tiefe heraufzupumpen - Vorräte, die sich in Millionen Jahren gebildet haben und kaum wieder aufgefüllt werden können, heißt es in einem Bericht der kanadischen Organisation "Probe International", mit der Dai Qing eng zusammenarbeitet. 17 Millionen Pekinger Einwohner sind bereits auf knappstes Grundwasser angewiesen, das aus immer tieferen Quellen geholt wird. Mit unabsehbaren Folgen, so Dai Qing.
"Die größte Gefahr besteht in den Hohlräumen, die durch die Grabungen entstanden sind. Ich denke an die vielen Hochhäuser und Fabriken, die in ihrer Stabilität gefährdet sind oder auch an eine Erdbebengefahr. "
Damit kein Schatten auf die Olympischen Spiele fällt, behandeln die Behörden die Wasserkrise wie ein Geheimnis und weigern sich, die Statistiken zu veröffentlichen, klagte Dai. Hinzu komme, dass die Flüsse und Reservoirs der Stadt gravierend verschmutzt sind. In vielen dicht besiedelten Vororten gleichen Pekings Flüsse stinkenden Kloaken. Die Pekinger Bevölkerung sei sich der Wasserkrise aber überhaupt nicht bewußt.
Zur selben Zeit wird Pekings Durst immer größer. Die Mega-Metropole wächst rasant, der Lebensstandard der Menschen steigt kontinuierlich. Allein Pekings neue Golfanlagen sollen weitere 30 Millionen Kubikmeter Wasser verbrauchen.
Wenn nicht bald etwas unternommen wird, geht der nächsten Generation das Wasser aus, warnt Zhang Junfeng von der Nicht-Regierungsorganisation "Green Earth Volunteers" in Peking.
"Wenn Peking etwas grundlegend ändern will, muss die Bevölkerung gedrosselt werden und wir müssen unsere Lebensgewohnheiten ändern. Es kann sehr gut sein, dass wir in fünf bis zehn Jahren die Pekinger Wasserversorgung gar nicht mehr gewährleisten können. Wenn es Engpässe gibt, wird das gravierende wirtschaftliche und gesellschaftliche Spannungen mit sich bringen. Die Pekinger Bevölkerung wird noch große Einschneidungen erleben. "