Für Wulf Beleites ist es ein herrlicher Tag: In strömenden Regen sitzt er auf einer Parkbank, vor ihm eine weitläufige Hundewiese in Hamburg Eimsbüttel.
"Es regnet im Moment. Und kein Hund ist zu sehen. Hängt wahrscheinlich mit den Hundehaltern zusammen, die es nicht mögen, wenn ihre Hunde nasses Fell haben. Weil die Hunde dann noch mehr stinken als sonst."
Beleites ist 66 Jahre alt, trägt Trenchcoat, die langen graublonden Haare zum Zopf gebunden. Unter seinem schwarzen Regenschirm behält er die Wiese im Blick. In der Hand hält er die erste Ausgabe seines Magazins, von "Kot und Köter - die Zeitschrift für den deutschen Hundefeind".
"Also in Stoßzeiten laufen hier – bei gutem Wetter – so an die zehn bis zwanzig Hund herum. Und tollen rum, zertrampeln den Rasen. Es gibt ja dieses berühmte Lied, ich glaube von Bettina Wegener: "Sind so kleine Hälmchen, darf man nicht rauf kacken!" Und das passiert hier denn schon. Was ich auch sehe, ist, dass manche Leute ganz vorbildlich den Dreck dann wegmachen. Und manche tun so, pfeifen ein fröhliches Lied, als ob sie das gar nicht gesehen hätten!"
Die Idee für die "Kot und Köter"-Zeitschrift entwickelte der Journalist zusammen mit Kollegen. An einem Abend Anfang der Neunzigerjahre, nach einigen Guinness-Bieren. Den Titel "Kot und Köter" ließen sie sich schützen und als die Boulevardpresse und Talkshows Wind davon bekamen, war Beleites plötzlich ein gefragter Gesprächspartner:
"Und dann tingelte ich sechs Jahre lang als "Hundehasser der Nation" durch die Talkshows, obwohl es gar nichts gab... Ich hatte ein Titelbild, mehr aber nicht. Das war denen aber auch egal. Talkshows sind aufgebaut in Good Guys und Bad Guys. Und die brauchten einfach jemanden als Bad Guy zwischen den ganzen anderen Tierliebhabern."
Tingeln als "Hundehasser der Nation"
Sechs Jahre machte er den Zirkus mit. Talkte bei Margarete Schreinemakers und Arabella Kiesbauer. Wir sollten uns ein Beispiel an den Indianern nehmen: Dort gehöre der Hund nicht unter, sondern auf den Tisch. Dann hatte Beleites genug und outete sich als Satiriker, dessen Hundephobie man doch bitte nicht so ernst nehmen sollte. Dass nun, fast 20 Jahre später nicht nur ein Titelblatt, sondern die erste echte "Kot und Köter"-Ausgabe im Handel ist, war Zufall. In einem Workshop für junge Journalisten testete Beleites die Möglichkeiten des Crowdfundings. Er sammelte Geld bei Unterstützern. 7000 Euro kamen zusammen, 100 Euro spendete Kai Diekmann, Chefredakteur der "Bild"-Zeitung. 7,80 Euro kostet die Zeitschrift und sie findet reißenden Absatz. Die ersten 1000 Exemplare sind längst vergriffen, Beleites muss nachdrucken. Und hat schon 1.500 Interessenten für ein "Kot und Köter"-Abonnement, die Gefallen finden am Hintergrundwissen für Hundefeinde. Dazu gehört die in der Erstausgabe vorgestellte Studie der Uni Gießen, die erklärt, wie thüringische Mennoniten im 19. Jahrhundert Bratwürste aus Dackelfleisch fabrizierten.
"Und als sie sich doch entschlossen, auszuwandern und rund um die Welt zogen, nahmen sie einen Dackel mit. Und so hat sich der Dackel und die Bratwurst aus dem Dackel um den Globus bis nach Paraguay und Argentinien verbreitet. Und in Argentinien ist das Rezept dann verfeinert worden. Und so ist der 'Argentinische Dackelrücken' entstanden."
Beleites schaut kurz auf: In schnellen Hundegalopp hechelt ein kleiner Kläffer seinem durch den Regen radelnden Herrchen hinterher. Zeit zum Haufenmachen hat er nicht. Beleites lächelt. Schlägt den Kragen hoch. Genießt den Regen, die hundefreie Wiese.