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Kulturgüter aus dem Irak
Mit einer Broschüre gegen die Hehlerei

Deutschland gilt wegen laxer Gesetze als einer der beliebtesten Umschlagplätze für geraubte Kulturgüter aus aller Welt. Auch gestohlene Objekte aus dem Irak werden hierzulande verkauft. Mit einer erstmals ins Deutsche übersetzte Broschüre des Internationalen Museumsrates will der Bund den Zoll und mögliche Käufer sensibilisieren.

Von Christiane Habermalz |
    Kulturstaatsministerin Monika Grütters von der CDU.
    Kulturstaatsministerin Monika Grütters beklagt die Gesetzgebung zu Kulturgütern in Deutschland. (dpa / Picture Alliance / Soeren Stache)
    Kulturgüter können manchmal sehr unscheinbar sein. Rollsiegel aus gebranntem Ton etwa - 15 Zentimeter lange zylinderförmige Walzen, bedeckt mit winzigen Abdrücken. Nicht jeder würde erkennen, dass es sich um 3.000 Jahre alte Zeugnisse der Schrift handelt, frühe Keilschriftdokumente aus dem alten Mesopotamien. Sie sind noch dazu handlich klein, sodass man sie leicht in die Tasche stecken kann.
    Rollsiegel sind daher typische Objekte, die im illegalen Handel auftauchen. Damit Zollbeamte und Ermittlungsbehörden sie leichter erkennen können, ist ein Bild davon in der Roten Liste der gefährdeten Kulturgüter des Irak abgebildet. Auf den ersten Blick zwar nur eine kleine Broschüre, räumt Michael Henker, Präsident von ICOM Deutschland ein.
    "Aber es ist ein scharfes Instrument im Hinblick auf das, was es bewirken kann. Und das sehe ich schon als meine Aufgabe hier noch einmal drauf hinzuweisen, dass so ein kleiner Flyer ein ganz entscheidender Schritt im Kampf gegen die Bedrohung der Kulturgüter der Welt ist."
    Eine Liste für Zoll und Reisende
    In der Broschüre sind keine gestohlenen Objekte aufgeführt und abgebildet, sondern beispielhafte Objektgruppen, die besonders gefährdet sind, obwohl ihre Ausfuhr streng verboten ist. Assyrische Tonfiguren und Reliefs, kleine Votivstatuen aus der Stadt Uruk, bemalte Teller, Schmuck, Werkzeuge und Waffen. Die Liste soll nicht nur dem Zoll bei der Identifizierung helfen, sondern auch Bewusstsein bei möglichen Käufern, Touristen, Sammlern oder beim Kunsthandel schaffen, dass diese Art Objekte nicht erworben werden sollten.
    "Wir wissen sehr wohl, dass die Fundplätze, und das geht noch weit hinaus über die propagandistischen Zerstörungen, systematisch geplündert werden, und es ist unermesslich, was dort an Zerstörungen, aus dem Kontext gerissen wird, ja verloren geht, für immer verloren geht", betont Herrmann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
    "Es ist ja nicht nur die kulturelle Identität der Menschen in diesen Ländern, sondern es ist die Wiege der Zivilisation, etwas was für uns alle von Bedeutung ist und uns alle betrifft."
    Aktualisierung wegen Plünderungen notwendig
    Seit dem Jahr 2000 gibt der Internationale Museumsrat ICOM für die von Raubgrabungen und Plünderungen am stärksten betroffenen Regionen der Welt Rote Listen heraus. Es gibt sie bereits für Länder wie Afghanistan, Syrien, Kambodscha oder Südamerika. Doch die schon einmal 2003 erstellte Rote Liste zum Irak musste angesichts des Ausmaßes der Plünderungen 2015 aktualisiert werden - und sie erscheint nun zum ersten Mal, unterstützt von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in deutscher Übersetzung. Das ist besonders wichtig, denn Deutschland gilt als einer der beliebtesten Umschlagplätze für geraubte Kulturgüter aus aller Welt.
    Das beklagt auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Sie begrüßte dass jetzt eine deutsche Fassung vorliege, denn "allein der Verdacht, Deutschland könnte sich als internationale Drehscheibe für Hehlerware eignen, ist mit unserem Selbstverständnis als Kulturnation Deutschland nicht zu vereinbaren."
    Grütters beklagt wirkungsloses Gesetz
    Dass ausgerechnet in Deutschland immer wieder geraubte Kulturgüter im Handel oder im Internet - oft mit falschen oder gar keinen Herkunftsangaben versehen, hat mit der hierzulande besonders laxen Gesetzgebung zu tun. Die Unesco-Konvention von 1970 zum Schutz von Kulturgut wurde in Deutschland erst 2007 mit 37-jähriger Verspätung umgesetzt - und dann in einem besonders wirkungslosen Gesetz, wie Grütters immer wieder beklagt.
    "Obwohl es in den vergangenen Jahren zahlreiche Ersuchen ausländischer Staaten gab, ist es, neben freiwilligen Rückgaben, bisher leider ganz deutlich zu keiner einzigen Rückgabe auf Grundlage dieses Gesetzes gekommen."
    Grütters will mit ihrer Novelle des Kulturgutschutzgesetzes die Einfuhrbedingungen für Antiken nach Deutschland verschärfen. Dem überarbeiteten Entwurf stimmte das Bundeskabinett im vergangenen November zu, es soll noch 2016 in Kraft treten.