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Laizismus in Frankreich
Wie lässt sich religiöser Extremismus in den Griff kriegen?

Vor 110 Jahren wurde in Frankreich mit dem Gesetz zur Trennung von Religion und Staat der Laizismus eingeführt. Hilft Laizismus, religiösen Extremismus in den Griff zu bekommen - oder fördert er ihn? Ein Gespräch mit dem französisch-österreichischen Autor Danny Leder. Er bezeichnet sich als "jüdischen Atheisten mit Linksdrall".

Danny Leder im Gespräch mit Monika Dittrich |
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    Nach dem 13. November - Hilft Laizismus gegen religiösen Extremismus? (picture alliance / dpa / ©francois Lafite/Wostok Press)
    Für Danny Leder ist der französische Laizismus eine Voraussetzung für das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Konfessionen und Weltanschauungen.
    "Wir haben nichts besseres gefunden", so Leder im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Juden und Protestanten hätten in Frankreich für die Trennung von Kirche und Staat kämpfen müssen, um "als gleichberechtigte Teile der französischen Nation anerkannt zu werden".
    Der Laizismus sei deshalb zur eigentlichen Religion der Juden und Protestanten in Frankreich geworden.
    Nicht erst seit den jüngsten Anschlägen erlebt der Journalist und Korrespondent Danny Leder in Frankreich eine neue, schärfere Debatte über den Laizismus. Es seien die Muslime, die die Trennung von Religion und Staat nicht mehr als Fortschritt und Gleichberechtigung erlebten,
    "sondern im Gegenteil als eine Einschränkung ihrer Wünsche, den Alltag konfessionell zu gestalten". Tatsächlich aber werde der Islam in Frankreich nicht benachteiligt.
    "Er wird genauso behandelt wie alle anderen Konfessionen."
    Auszug aus dem Gespräch
    Monika Dittrich: Herr Leder, wie empfinden Sie das Zusammenleben der Religionen und Religionsgemeinschaften in Frankreich derzeit?
    Danny Leder: Es ist schon klar, dass in bestimmten Gegenden, die als soziale Brennpunkte, als soziale Krisenviertel betrachtet werden können, das es da eine Radikalisierung eines Teils der Jugend aus muslimischen Familien gibt. Das ist natürlich auch eine Reaktion auf eine tatsächliche Diskriminierung, die diese Jugendlichen bei der Jobvergabe, bei der Wohnungsvergabe erleiden. Zum Teil gibt es auch Übergriffe der Polizei. Wir haben dann umgekehrt diesen Radikalisierungsprozess von Seiten dieser Jugendlichen. Der bedroht an erster Stelle die jüdische Minderheit, die noch in diesen Vierteln in Mitten einer örtlichen muslimischen Mehrheit lebt. Da liegt einiges im Argen, das kann gefährlich werden, das wurde ja bereits gefährlich. Diese aggressiven radikal-islamischen Strömungen, deren Ausläufen bis hin zu diesen Dschihadismus reichen, dagegen muss sich jedes säkulare, demokratische System zur Wehr setzen. Da spielt die französische Spezifität das Laizismus im Grunde genommen eine untergeordnete Rolle.