"Weil ihr gesagt habt, ihr wart gestern Abend hier: Es haben auch schon auf zwei Touren Leute abends hier einen Wolf gesehen, einfach beim Spazierengehen, außerhalb der Tour." Teilnehmerin murmelt: "Super."
Für die Teilnehmer des "Erlebniswochenendes" von Wolflandtours am Rand eines ehemaligen Tagebaues in der Lausitz wäre das ein Traum: Einmal einen Wolf in freier Wildbahn sehen.
"Und ich weiß, dass er immer weiter vorrückt und sich hier verbreiten darf im Moment, das freut mich ungemein."
"Der Schutzstatus ist unnötig"
Des einen Freud ist des anderen Leid: Jeden Tag bekomme er per Mail und SMS Bilder von gerissenen Schafen, erzählt der Präsident des brandenburgischen Landesjagdverbandes, Dirk Wellershoff, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bauern und Schäfern in Potsdam. Schuld sei der Wolf:
"Der positive Erhaltungszustand ist erreicht. Der Schutzstatus ist unnötig und übertrieben und behindert uns natürlich bei der Lösung der jeden Tag auftretenden Konflikte."
Jäger, Bauern und Schäfer wollen morgen in Bad Saarow den versammelten Umweltministern ihre Forderungen überreichen. Der zentrale Satz lautet: "Der Schutz der Weidetierhaltung muss Kernanliegen des Naturschutzes werden und darf nicht dem Wolfsschutz untergeordnet werden." Der Umweltbeauftragte des Deutschen Bauernverbandes, Eberhard Hartelt, sieht eine gesamte Wirtschaftsweise in Gefahr:
"Nämlich die Haltung von Weidetieren. Wenn die Weidehaltung aufgrund der Existenz des Wolfes hier zum Erliegen kommt, wird auch ein großer Bereich des Arten- und Biotopschutzes, nämlich der Erhalt von wertvollen Grünlandflächen, mit untergehen."
"Wir können damit nicht mehr leben"
Viele seiner Kollegen hätten bereits aufgegeben, berichtet Schäfer Maik Gersonde, der mit seinen Herden auf den Elbdeichen in Mecklenburg-Vorpommern Hochwasserschutz betreibt:
"Es ist eine von der Gesellschaft gewollte Situation, aber wir können damit nicht mehr leben. Man kann nachts nicht schlafen, man weiß ja nicht, wo greifen die Wölfe an. Wir haben Angst davor, dass die Schafherden auf der Straße sind und da ein Bus rein fährt oder ein Motorradfahrer und Personenschäden. Das ist das Schlimmste."
Laut amtlicher Statistik leben zurzeit rund 70 Wolfsrudel und -paare in Deutschland. Die Zahl der Nutztierrisse ist im vergangenen Jahr auf 700 Weidetiere gestiegen. Bundesweit sei das vielleicht noch nicht dramatisch, meint Eberhard Hartelt vom Bauernverband, doch der rasche Anstieg der Zahlen bereite den Tierhaltern große Sorgen:
"Die Schäden zeigen sehr deutlich, da ist eine rasante Populationsentwicklung am Gange und ein entsprechender Schadensverlauf."
Wolfsbeobachter: Vom Wolf geht keine Gefahr für den Menschen aus
Bleibe der Wolf so streng geschützt wie derzeit, werde er sich weiter schnell ausbreiten, darum müsse jetzt gehandelt werden, argumentieren die Verbände. Sie fordern in ihrer Resolution konkret, Wölfe, die Weidetiere reißen oder sich Menschen nähern, abzuschießen und das Raubtier generell auf sogenannte Akzeptanzkorridore wie ehemalige Tagebaue oder Truppenübungsplätze zu beschränken. Die Jäger und Bauern wollen auf Landesebene ihre Forderungen in den dieses Jahr zu erneuernden Wolfsmanagementplan einbauen. Auf Bundesebene setzt sich Brandenburgs Umweltminister Jörg Vogelsänger bereits für eine Lockerung des strengen Schutzstatus ein. Die Verbände hoffen, dass die Umweltministerkonferenz sich heute und morgen ebenfalls in diese Richtung bewegt.
Umweltschützer, Naturfreunde, aber auch manche Jäger und Förster sind dagegen. Vom Wolf gehe keine Gefahr für den Menschen aus, denn er sei ein scheues Wildtier, erklärt zum Beispiel Uwe Schanz, der im westlichen Brandenburg als ehrenamtlicher Wolfsbeobachter mit dem GPS-Gerät durch den Wald streift. Der graue Räuber ernähre sich auch hauptsächlich von Rehwild oder Wildschweinfrischlingen - und kaum von Schafen oder Kühen.
"Das ist ein bisschen unterschiedlich, je nach Region kann das auch mal ein bisschen mehr sein. Aber im Großen und Ganzen liegt das irgendwo um die ein Prozent."