Die Nahe. Drüben stürzt sie über ein Stauwehr etwa anderthalb Meter runter. Die alte Nahebrücke, Ende des 2. Weltkriegs von deutschen Truppen gegen die Amerikaner zerstört, längst wieder aufgebaut, will uns ihre Geschichte nur zögerlich erzählen. Dabei war Kreuznach immer schon Kreuzpunkt wichtiger Handelsstraßen über diesen Fluss. In Römerzeiten war es eine Holzbrücke an der strategisch wichtigen Verbindung von Trier nach Mainz. Trier war da ja bekanntlich eine zeit lang Residenz römischer Kaiser, Maximianus, Konstantin der Große.
Immer hat hier auch Militär die Uferseiten gewechselt. Die Römer, die Franken, später die Franzoseneinfälle, Blücher oder auch Gustav Adolf, der Schwedenkönig.
Nun aber zu den mehrstöckigen Brückenhäusern. Sie hängen, bildhaft erklärt, mit dem Hintern weit über der Nahe. Nur der fordere Teil steht auf den festen Brückenbögen. Heute sind die Brückenhäuser Wahrzeihen der Stadt, liegen an der Flaniermeile Altstadt - Nahebrücke – Neustadt. (Glocke) ....Ein Optikergeschäft, das zusätzlich in den oberen Stockwerken auch eine Goldschmiedewerkstatt betreibt, Das alles in einem, ja es ist ein Fachwerkhaus, auch hier innen drin ein Gewirr von alten Trägerbalken und knarrenden Stiegen. Armin Göckel....
" Wir messen die Augen aus, im Brückenhaus. Wir fertigen Schmuckstücke aus Gold, Silber und Platin. Dieses Brückenhaus hat fünf Etagen, fünf Etagen, zwei im Brückenpfeiler, dann sind noch einmal drei Etagen oben drauf. Und träumt man aus der oberen Etage aus dem Fenster mit seinem Blick, das schafft ne Stimmung, ne Ruhe...."
Ob das hier nicht doch ein bisschen..... wackelt’s, Wackelzahn?
" Ja, es wackelt richtig, also wenn es stürmisch ist und sie sitzen in der fünften Etage des Brückenhauses, dann spüren sie wie bei einem Erdbeben ähnlich die Schwingungen. Das Haus ist richtig in Bewegung. Es wackelt so sehr, dass ich im Vorstadium einen Statiker befragt habe, ob das nicht gefährlich sei? Und er sagte, na ja, woanders hat man auch Pfahlbauten. Und die stehen seit Jahrhunderten auf dem Wasser. Und die sind alle in Bewegung. Und weil sie elastisch sind stehen sie auch so lange. "
Wie alt sind Ihre Balken, hier?
"Die Balken dürfte so zwischen 900 und 1100 Jahre sein. So dass wir hier Bauteile haben, die aus dem vorletzten Jahrtausend stammen. "
Wir gehen weiter jetzt in die "wieder lebende Altstadt". Wohneinheiten, Szenelokale, kleine Läden. Der Eiermarkt, sommers ein lebhaftes Quartier mit Musik und Gastronomie. Ein paar Schritte entfernt das Viertel "Klein Venedig". Ich würde gerne diesen Namen natürlich ein bisschen bebildern. Aber wir sind in der Kirche Sankt Nikolaus, hier am Eiermarkt, verabredet. Elisabeth van Werden-Troll
" Sie befinden sich hier also in der ältesten erhaltenen Kirch von Bad Kreuznach. Sie ist über 700 Jahre alt. Es handelt sich um eine Bettelordenkirche...."
..das waren also entweder Franziskaner oder....
"..das waren die Karmeliter...."
Könnte man sagen, ein Bettelorden war so etwas ähnliches wie so ein Sozialbüro für Hartz IV Empfänger, damals...(?), die die Suppe machten...?
"Das war ja typisch auch für die Bettelorden, sie wollten ja Seelsorge betreiben und Krankenpflege betreiben. Sie haben auch sofort hier eine Lateinschule gehabt. Auf jeden Fall eine Bildungseinrichtung. Sie hatten im 15. Jahrhundert ne Bibliothek mit über hundert Bänden......"
Und dann packen Sie mich jetzt hier am dem Ärmel. Und seitlich, vor Dieben sicher, ist ein Reliquiar.....
"...ein Heiliges – Kreuz - Reliquiar in Form eines Kreuzes, wo hinter Bernstein vier Splitterpartikel vom heiligen Kreuz verborgen, zu einem Kreuz zusammengelegt. So dass das ganze Reliquiar insgesamt über ein 1.20 Meter hoch ist. Damit auch zum zweit-größten erhaltenen gotischen Reliquiar überhaupt zählt. Der obere ältere Teil mit den Reliquien etwa 1330 geschaffen wurde. Dieses Kreuz. silbervergoldet, auch in schönen gotischen Formen. Der untere Teil des Reliquiars, in den Nischen zwischen den Pfeilern stehen Heiligenfiguren. Unter anderem die heilige Hildegard von Bingen. An der Vorderseite des Reliquiars natürlich auch die Kreuzigungsszene.... . "
Dieses Reliquiar hat mehrere Sterne in den Kulturführern. Und dazu elektrisiert auch der Name der Hildegard von Bingen. Bingen, wo die Nahe in den Rhein mündet, liegt nur knapp 20 Kilometer von hier entfernt. Dass diese Äbtissin Hildegard, eine der drei großen Frauen des Mittelalters, diese Nahebrücke von Kreuznach gekannt haben muss, bei Ihren zahlreichen Predigtreisen, ist so sicher wie das Amen der abendländischen Kirche.
Und nun hören wir die Orgel. Beate Rux-Voss bereitet sich auf ein Sonntagskonzert vor, mit Improvisationen von Johann Sebastian Bach.
Und der große Bach interpretiert den Venezianer Antonio Vivaldi. Antonio Vivaldi aus Venedig meets Klein-Venedig hier in der Altstadt von Bad Kreuznach....
Bach wie er Vivaldi interpretiert. Ist es eine Referenz an Vivaldi?
"Sicherlich. Also in dieser Zeit kamen ja auch die Solokonzerte auf. Dies Spritzige, was Vivaldi einfach erfunden hat, das hat ihn wohl fasziniert, denk ich mal.
Das versucht er einfach im Pedal, zum Beispiel diese vielen Ton Repetitionen, Tonwiederholungen. Und dadurch kommt dieser Swing zustande, den ich auch sehr lieben....... "
Johann Sebastian Bach und eine Kostprobe Orgelswing in Klein Venedig. Und nun greifen wir noch einmal das Bettelordenkloster auf, das hier einmal an der Kirche gestanden hat. Wir sind jetzt in Höhe der "Magister-Faust-Gasse". Und nun wollen wir etwas zum Lehrkörper dieser Schule des Karmeliter-Klosters sagen. Dazu gehört auch, so die Quellenlage, auch ein knapp 30-jähriger Dr. Johannes Faustus. Man lateinisierte damals gerne seinen Namen. Faust / Faustus. Wir sind nun am sogenannten Fausthaus, wo er gewohnt haben soll. Wir denken uns in sehr unruhigen Zeiten ein, Luther und Reformation und Bauernkriege. Wer kann diese Gegenwart, damals und die Zukunft richtig deuten?...
Dass dieser Faust, bei seinen häufigen Ortswechseln, Erfurt, Bamberg, Ingolstadt, Nürnberg, Staufen auch hier in Kreuznach als Magier, Magister, Alchimist und Astrologe gewohnt hat...? Dr. Michael Vesper....
"Diese literarische Figur ist das Ergebnis einer historischen Persönlichkeit. Für die gibt es ein ganze Reihe Zeugnisse, die sich von 1507 bis in die 40-er Jahre des 16. Jahrhunderts erstrecken. Und das älteste, wichtigste und auch längste Faustzeugnis ist ein Brief aus dem Jahre 1507, den ein Humanist, der Abt Johann Trithemius, hier aus der Gegend geschrieben hat. Und da berichtet er, der Faust, vor Ostern, ist der nach Bad Kreuznach gekommen. Er soll von Franz von Sickingen hier her geholt worden sein, der sehr astrologiegläubig war. Er ist also schon von vorne herein als Sterndeuter hier her geholt worden. Sein berufliches....Auskommen....als Lehrer einer Schule, die wahrscheinlich zum nahe gelegenen Karmeliterkloster gehörte. Er war hier ein halbes Jahr. Soll alchemistische Experimente angestellt haben. Soll sich als Zeichendeuter, als Wahrsager mit allen möglichen magischen Techniken versucht haben. Das war ja sein Hauptgewerbe. Wir haben aber auch Zeugnisse, dass er für den Bischof von Würzburg ein Horoskop verfasst hat. Wenn er das getan hat, dann kann er jetzt kein Scharlatan gewesen sein, weil diese Horoskope sehr anspruchsvoll waren.
Aber, natürlich hat er viel versprochen und wahrscheinlich war das Resultat nicht immer den Versprechungen gemäß. Und er ist immer gezwungen gewesen, weiter, weiter, weiter... zuziehen um neue Kunden zu bekommen. Im Grunde waren die das , was heute die Politikberater mit ihrem Horoskopen machen. Natürlich damals mit dem Hintergrund der Wahrsagetechniken..... "
In diesem Fausthaus –hier- finden wir auch ein Faust-Gedenkzimmer, wo auch dargestellt ist, wie zahlreich sich die Literatur der Renaissance mit dem Faust-Stoff und dem Teufelspakt und dem unglücklichen Magister und Goldmacher beschäftigt hat. Bis dann auch Goethe sich dieser Vorlagen bedient. Goethes "Fausttragödie" geht als (wörtlich-) "tiefsinnigste und bedeutendste Dichtung der deutschen Sprache in die Literaturgeschichte ein". Goethe kennt den Faust schon aus dem Puppentheater seiner Frankfurter Großmutter. Da wird den Kindern, auch dem kleinen Wolfgang, der "schröckliche" Pakt mit dem Leibhaftigen und wie dieser dann die arme Seele des Faust einfordert, vorgespielt. Heute ist das Fausthaus (hier) auch Ausgangspunkt einer speziellen Stadtführung auf den Spuren des Magisters und Sterndeuters. Und im Museum für Puppentheaterkultur, hier in Kreuznach, wird auch der "Faust" gespielt. Faust der umtriebige Strippenzieher, der sich in den eigenen Fäden einer Handspielpuppe verfängt, bis ihm der Teufel das Genick bricht.
Nun gehen wir zum Kur-Viertel von Bad "Bad Kreuznach". Wellness, Wohlbefinden, Thermalbäder, ein Radonstollen, wo man das Edelgas Radon einatmen kann. Und eine kostenlose "Kur bei Mutter Natur". Denn Bad Kreuznach hält im sogenannten Salinental rund tausend Meter Gradierwerke bereit. Das heißt, eine warme Salzsole, aus der Tiefe hochgepumpt, rieselt über gebündeltes Reisig herunter und wird dann vom Wind in micro-feinen Salztröpfchen abgekämmt, jodhaltig und mit Mineralien. Da spaziert man- oder joggt dann daran vorbei und inhaliert. Leider ist aber Europas größtes Freiluft - Inhalatorium im Winter wegen Zufrierens abgestellt.
Wir beenden unseren Sonntagsspaziergang hier am Kurhotel. Ein Erinnerungsstein weist auf eine politische Begegnung hin, die 13 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges, ein weltweites Zeichen gesetzt hat. In Bad Kreuznach treffen sich Konrad Adenauer und Charles de Gaulle am 26. November 1958. Ich habe alte schwarz weiße Fotos dabei. Eines zeigt Bundeskanzler Adenauer, sichtbare 82 Jahre alt, im 9. Jahr seiner Kanzlerschaft. Neben ihm de Gaulle, 68. Er ist erst kurze Zeit zuvor neuer französischer Ministerpräsident geworden, steht wenige Wochen vor seine Wahl zum Staatspräsidenten. In allgemein schwierigen Zeiten stehen diese beide Politiker vor dem Kurhotel, vor einer Meute von Journalisten und Kameramännern. Zusätzlich sei noch bemerkt, beide haben sich zwei Monate zuvor, erstmals und fast privat in de Gaulles Wohnort Colombey-les-deux-Eglises getroffen. Und wir treffen hier und heute in Bad Kreuznach einen Zeitzeugen von 1958, also vor 50 Jahren. Der Journalist Richard Walter.....
.
"Es war auch schon vorher ausgemacht, es sollte eben kein Staatsbesuch
großen Ranges sein. Sondern man sagte, im kleinen Rahmen. "
Damals, 58, bei uns dampfte schon die Erhardt-Lok im Wirtschaftswunder, das rollte....
"das war im übrigen auch genau der Grund, weshalb es hier ging. Es ging um Geld für den französischen Währungsfond, der da von den Deutschen, von Adenauer zugesagt wurde. So weit ich mich entsinne, 300 Millionen, die Frankreich hier heraus geholt hat. Und sie kamen dann hier herunter gefahren. Und unterwegs standen natürlich viele Kreuznacher, die haben denen zu gewunken. Zunächst mal Adenauer, der war ja der Bekannteste. Und bei de Gaulle kam auch dann, ab und zu, ein Vive de Gaulle. . "
Verwunderlich, dass einer, der an sich eine Militärvergangenheit hatte und der andere so ein Halbpazifist war, dass ausgerechnet solche Charaktere sich.....
"zusammenfanden. Es war der Beginn, so würde ich jetzt mal pathetisch sagen, der deutsch - französischen Verständigung und Freundschaft. Was aber sich dann fortsetzte. Und dann war dann hier für die Presse, die gewartet hatte auf irgend welche Bulletins. Und so sind sie dann gebeten worden jetzt, geleitet hierher, und haben sich dann im Halbkreis vor dem Kurhaus hier aufgestellt. Und da rief ein Kameramann, Herr Bundeskanzler, würden sie nicht mit ihren Gästen die Treppe herunter kommen und uns dann zur Verfügung stehen, damit wir sie filmen können.
Das hat Adenauer sofort...und dann sind die beiden als erste runter, ganz locker. Die sind so ein paar, gewisse Zeit, paar Minuten geblieben. Und da hat Adenauer sehr überlegen gesagt, wir habe einen guten Abschluss gehabt. Aber Adenauer hat immerhin dadurch doch den zweiten Schritt dann getan, nachdem der erste de Gaulle gewesen ist. Und der zweite war dann das Treffen hier. Und seit dem gibt es diese regelmäßigen Treffen. Alle viertel Jahre heute. Man muss sich das mal vorstellen, das hat in Kreuznach angefangen. "
Immer hat hier auch Militär die Uferseiten gewechselt. Die Römer, die Franken, später die Franzoseneinfälle, Blücher oder auch Gustav Adolf, der Schwedenkönig.
Nun aber zu den mehrstöckigen Brückenhäusern. Sie hängen, bildhaft erklärt, mit dem Hintern weit über der Nahe. Nur der fordere Teil steht auf den festen Brückenbögen. Heute sind die Brückenhäuser Wahrzeihen der Stadt, liegen an der Flaniermeile Altstadt - Nahebrücke – Neustadt. (Glocke) ....Ein Optikergeschäft, das zusätzlich in den oberen Stockwerken auch eine Goldschmiedewerkstatt betreibt, Das alles in einem, ja es ist ein Fachwerkhaus, auch hier innen drin ein Gewirr von alten Trägerbalken und knarrenden Stiegen. Armin Göckel....
" Wir messen die Augen aus, im Brückenhaus. Wir fertigen Schmuckstücke aus Gold, Silber und Platin. Dieses Brückenhaus hat fünf Etagen, fünf Etagen, zwei im Brückenpfeiler, dann sind noch einmal drei Etagen oben drauf. Und träumt man aus der oberen Etage aus dem Fenster mit seinem Blick, das schafft ne Stimmung, ne Ruhe...."
Ob das hier nicht doch ein bisschen..... wackelt’s, Wackelzahn?
" Ja, es wackelt richtig, also wenn es stürmisch ist und sie sitzen in der fünften Etage des Brückenhauses, dann spüren sie wie bei einem Erdbeben ähnlich die Schwingungen. Das Haus ist richtig in Bewegung. Es wackelt so sehr, dass ich im Vorstadium einen Statiker befragt habe, ob das nicht gefährlich sei? Und er sagte, na ja, woanders hat man auch Pfahlbauten. Und die stehen seit Jahrhunderten auf dem Wasser. Und die sind alle in Bewegung. Und weil sie elastisch sind stehen sie auch so lange. "
Wie alt sind Ihre Balken, hier?
"Die Balken dürfte so zwischen 900 und 1100 Jahre sein. So dass wir hier Bauteile haben, die aus dem vorletzten Jahrtausend stammen. "
Wir gehen weiter jetzt in die "wieder lebende Altstadt". Wohneinheiten, Szenelokale, kleine Läden. Der Eiermarkt, sommers ein lebhaftes Quartier mit Musik und Gastronomie. Ein paar Schritte entfernt das Viertel "Klein Venedig". Ich würde gerne diesen Namen natürlich ein bisschen bebildern. Aber wir sind in der Kirche Sankt Nikolaus, hier am Eiermarkt, verabredet. Elisabeth van Werden-Troll
" Sie befinden sich hier also in der ältesten erhaltenen Kirch von Bad Kreuznach. Sie ist über 700 Jahre alt. Es handelt sich um eine Bettelordenkirche...."
..das waren also entweder Franziskaner oder....
"..das waren die Karmeliter...."
Könnte man sagen, ein Bettelorden war so etwas ähnliches wie so ein Sozialbüro für Hartz IV Empfänger, damals...(?), die die Suppe machten...?
"Das war ja typisch auch für die Bettelorden, sie wollten ja Seelsorge betreiben und Krankenpflege betreiben. Sie haben auch sofort hier eine Lateinschule gehabt. Auf jeden Fall eine Bildungseinrichtung. Sie hatten im 15. Jahrhundert ne Bibliothek mit über hundert Bänden......"
Und dann packen Sie mich jetzt hier am dem Ärmel. Und seitlich, vor Dieben sicher, ist ein Reliquiar.....
"...ein Heiliges – Kreuz - Reliquiar in Form eines Kreuzes, wo hinter Bernstein vier Splitterpartikel vom heiligen Kreuz verborgen, zu einem Kreuz zusammengelegt. So dass das ganze Reliquiar insgesamt über ein 1.20 Meter hoch ist. Damit auch zum zweit-größten erhaltenen gotischen Reliquiar überhaupt zählt. Der obere ältere Teil mit den Reliquien etwa 1330 geschaffen wurde. Dieses Kreuz. silbervergoldet, auch in schönen gotischen Formen. Der untere Teil des Reliquiars, in den Nischen zwischen den Pfeilern stehen Heiligenfiguren. Unter anderem die heilige Hildegard von Bingen. An der Vorderseite des Reliquiars natürlich auch die Kreuzigungsszene.... . "
Dieses Reliquiar hat mehrere Sterne in den Kulturführern. Und dazu elektrisiert auch der Name der Hildegard von Bingen. Bingen, wo die Nahe in den Rhein mündet, liegt nur knapp 20 Kilometer von hier entfernt. Dass diese Äbtissin Hildegard, eine der drei großen Frauen des Mittelalters, diese Nahebrücke von Kreuznach gekannt haben muss, bei Ihren zahlreichen Predigtreisen, ist so sicher wie das Amen der abendländischen Kirche.
Und nun hören wir die Orgel. Beate Rux-Voss bereitet sich auf ein Sonntagskonzert vor, mit Improvisationen von Johann Sebastian Bach.
Und der große Bach interpretiert den Venezianer Antonio Vivaldi. Antonio Vivaldi aus Venedig meets Klein-Venedig hier in der Altstadt von Bad Kreuznach....
Bach wie er Vivaldi interpretiert. Ist es eine Referenz an Vivaldi?
"Sicherlich. Also in dieser Zeit kamen ja auch die Solokonzerte auf. Dies Spritzige, was Vivaldi einfach erfunden hat, das hat ihn wohl fasziniert, denk ich mal.
Das versucht er einfach im Pedal, zum Beispiel diese vielen Ton Repetitionen, Tonwiederholungen. Und dadurch kommt dieser Swing zustande, den ich auch sehr lieben....... "
Johann Sebastian Bach und eine Kostprobe Orgelswing in Klein Venedig. Und nun greifen wir noch einmal das Bettelordenkloster auf, das hier einmal an der Kirche gestanden hat. Wir sind jetzt in Höhe der "Magister-Faust-Gasse". Und nun wollen wir etwas zum Lehrkörper dieser Schule des Karmeliter-Klosters sagen. Dazu gehört auch, so die Quellenlage, auch ein knapp 30-jähriger Dr. Johannes Faustus. Man lateinisierte damals gerne seinen Namen. Faust / Faustus. Wir sind nun am sogenannten Fausthaus, wo er gewohnt haben soll. Wir denken uns in sehr unruhigen Zeiten ein, Luther und Reformation und Bauernkriege. Wer kann diese Gegenwart, damals und die Zukunft richtig deuten?...
Dass dieser Faust, bei seinen häufigen Ortswechseln, Erfurt, Bamberg, Ingolstadt, Nürnberg, Staufen auch hier in Kreuznach als Magier, Magister, Alchimist und Astrologe gewohnt hat...? Dr. Michael Vesper....
"Diese literarische Figur ist das Ergebnis einer historischen Persönlichkeit. Für die gibt es ein ganze Reihe Zeugnisse, die sich von 1507 bis in die 40-er Jahre des 16. Jahrhunderts erstrecken. Und das älteste, wichtigste und auch längste Faustzeugnis ist ein Brief aus dem Jahre 1507, den ein Humanist, der Abt Johann Trithemius, hier aus der Gegend geschrieben hat. Und da berichtet er, der Faust, vor Ostern, ist der nach Bad Kreuznach gekommen. Er soll von Franz von Sickingen hier her geholt worden sein, der sehr astrologiegläubig war. Er ist also schon von vorne herein als Sterndeuter hier her geholt worden. Sein berufliches....Auskommen....als Lehrer einer Schule, die wahrscheinlich zum nahe gelegenen Karmeliterkloster gehörte. Er war hier ein halbes Jahr. Soll alchemistische Experimente angestellt haben. Soll sich als Zeichendeuter, als Wahrsager mit allen möglichen magischen Techniken versucht haben. Das war ja sein Hauptgewerbe. Wir haben aber auch Zeugnisse, dass er für den Bischof von Würzburg ein Horoskop verfasst hat. Wenn er das getan hat, dann kann er jetzt kein Scharlatan gewesen sein, weil diese Horoskope sehr anspruchsvoll waren.
Aber, natürlich hat er viel versprochen und wahrscheinlich war das Resultat nicht immer den Versprechungen gemäß. Und er ist immer gezwungen gewesen, weiter, weiter, weiter... zuziehen um neue Kunden zu bekommen. Im Grunde waren die das , was heute die Politikberater mit ihrem Horoskopen machen. Natürlich damals mit dem Hintergrund der Wahrsagetechniken..... "
In diesem Fausthaus –hier- finden wir auch ein Faust-Gedenkzimmer, wo auch dargestellt ist, wie zahlreich sich die Literatur der Renaissance mit dem Faust-Stoff und dem Teufelspakt und dem unglücklichen Magister und Goldmacher beschäftigt hat. Bis dann auch Goethe sich dieser Vorlagen bedient. Goethes "Fausttragödie" geht als (wörtlich-) "tiefsinnigste und bedeutendste Dichtung der deutschen Sprache in die Literaturgeschichte ein". Goethe kennt den Faust schon aus dem Puppentheater seiner Frankfurter Großmutter. Da wird den Kindern, auch dem kleinen Wolfgang, der "schröckliche" Pakt mit dem Leibhaftigen und wie dieser dann die arme Seele des Faust einfordert, vorgespielt. Heute ist das Fausthaus (hier) auch Ausgangspunkt einer speziellen Stadtführung auf den Spuren des Magisters und Sterndeuters. Und im Museum für Puppentheaterkultur, hier in Kreuznach, wird auch der "Faust" gespielt. Faust der umtriebige Strippenzieher, der sich in den eigenen Fäden einer Handspielpuppe verfängt, bis ihm der Teufel das Genick bricht.
Nun gehen wir zum Kur-Viertel von Bad "Bad Kreuznach". Wellness, Wohlbefinden, Thermalbäder, ein Radonstollen, wo man das Edelgas Radon einatmen kann. Und eine kostenlose "Kur bei Mutter Natur". Denn Bad Kreuznach hält im sogenannten Salinental rund tausend Meter Gradierwerke bereit. Das heißt, eine warme Salzsole, aus der Tiefe hochgepumpt, rieselt über gebündeltes Reisig herunter und wird dann vom Wind in micro-feinen Salztröpfchen abgekämmt, jodhaltig und mit Mineralien. Da spaziert man- oder joggt dann daran vorbei und inhaliert. Leider ist aber Europas größtes Freiluft - Inhalatorium im Winter wegen Zufrierens abgestellt.
Wir beenden unseren Sonntagsspaziergang hier am Kurhotel. Ein Erinnerungsstein weist auf eine politische Begegnung hin, die 13 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges, ein weltweites Zeichen gesetzt hat. In Bad Kreuznach treffen sich Konrad Adenauer und Charles de Gaulle am 26. November 1958. Ich habe alte schwarz weiße Fotos dabei. Eines zeigt Bundeskanzler Adenauer, sichtbare 82 Jahre alt, im 9. Jahr seiner Kanzlerschaft. Neben ihm de Gaulle, 68. Er ist erst kurze Zeit zuvor neuer französischer Ministerpräsident geworden, steht wenige Wochen vor seine Wahl zum Staatspräsidenten. In allgemein schwierigen Zeiten stehen diese beide Politiker vor dem Kurhotel, vor einer Meute von Journalisten und Kameramännern. Zusätzlich sei noch bemerkt, beide haben sich zwei Monate zuvor, erstmals und fast privat in de Gaulles Wohnort Colombey-les-deux-Eglises getroffen. Und wir treffen hier und heute in Bad Kreuznach einen Zeitzeugen von 1958, also vor 50 Jahren. Der Journalist Richard Walter.....
.
"Es war auch schon vorher ausgemacht, es sollte eben kein Staatsbesuch
großen Ranges sein. Sondern man sagte, im kleinen Rahmen. "
Damals, 58, bei uns dampfte schon die Erhardt-Lok im Wirtschaftswunder, das rollte....
"das war im übrigen auch genau der Grund, weshalb es hier ging. Es ging um Geld für den französischen Währungsfond, der da von den Deutschen, von Adenauer zugesagt wurde. So weit ich mich entsinne, 300 Millionen, die Frankreich hier heraus geholt hat. Und sie kamen dann hier herunter gefahren. Und unterwegs standen natürlich viele Kreuznacher, die haben denen zu gewunken. Zunächst mal Adenauer, der war ja der Bekannteste. Und bei de Gaulle kam auch dann, ab und zu, ein Vive de Gaulle. . "
Verwunderlich, dass einer, der an sich eine Militärvergangenheit hatte und der andere so ein Halbpazifist war, dass ausgerechnet solche Charaktere sich.....
"zusammenfanden. Es war der Beginn, so würde ich jetzt mal pathetisch sagen, der deutsch - französischen Verständigung und Freundschaft. Was aber sich dann fortsetzte. Und dann war dann hier für die Presse, die gewartet hatte auf irgend welche Bulletins. Und so sind sie dann gebeten worden jetzt, geleitet hierher, und haben sich dann im Halbkreis vor dem Kurhaus hier aufgestellt. Und da rief ein Kameramann, Herr Bundeskanzler, würden sie nicht mit ihren Gästen die Treppe herunter kommen und uns dann zur Verfügung stehen, damit wir sie filmen können.
Das hat Adenauer sofort...und dann sind die beiden als erste runter, ganz locker. Die sind so ein paar, gewisse Zeit, paar Minuten geblieben. Und da hat Adenauer sehr überlegen gesagt, wir habe einen guten Abschluss gehabt. Aber Adenauer hat immerhin dadurch doch den zweiten Schritt dann getan, nachdem der erste de Gaulle gewesen ist. Und der zweite war dann das Treffen hier. Und seit dem gibt es diese regelmäßigen Treffen. Alle viertel Jahre heute. Man muss sich das mal vorstellen, das hat in Kreuznach angefangen. "