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Lesen und Schreiben lernen
Streit um die richtige Methode

Immer wieder beklagen sich Lehrer, Eltern und Unternehmer, dass Kinder weder richtig lesen noch schreiben könnten. Ihre Kritik richtet sich vor allem an die Schule. Eine aktuelle Metaanalyse hat wissenschaftliche Studien zu unterschiedlichen Lehrmethoden ausgewertet. Eindeutig ist das Ergebnis jedoch nicht.

Von Barbara Weber |
    Studenten demonstrieren am 20.05.2014 vor dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) gegen die Unterfinanzierung der Hochschulen. Auf einem Plakat steht: "One Pildunk is scheise".
    Falsche Rechtschreibung eignet sich auch als Zeichen des Protests gegen Missstände in der Bildungspolitik. (picture alliance / dpa / Stefan Sauer)
    "Ich habe wirklich gestern einen großen Briefumschlag mit einer Examensarbeit bekommen, auf der stand dann als Adressierung „Proffessor“, und bei „Professor“ habe ich dann zwei f gesehen", sagt Professorin Agi Schründer-Lenzen, Grundschulpädagogin.
    "Wenn man sich anguckt, was die Untersuchungen zeigen, hat die Lesekompetenz sich sogar verbessert und die Rechtschreibkompetenz - je nach Untersuchung - mal etwas besser, etwas schlechter", sagt Professor Hans Brügelmann, Grundschulpädagoge.
    Aber man hat den Eindruck, dass es zu viele Menschen gibt, die diesen Anforderungen nicht gerecht werden.
    Den Eindruck, dass junge Menschen den Anforderungen, auch komplexere Texte zu verstehen und korrekt zu schreiben, nicht gerecht werden, haben nicht nur Hochschullehrer, sondern auch Arbeitgeber.
    Über die Ursachen wird heftig gestritten.
    Die Diskussionen entzünden sich auch an vermeintlichen Defiziten in der Grundschule.
    So moniert der Verband für den Sekundarbereich Lehrer NRW:
    "Lehrer NRW beobachtet mit Sorge, dass immer mehr Kinder mit teils gravierenden Defiziten in der Rechtschreibung auf die weiterführenden Schulen kommen."
    Im Mittelpunkt der Kritik steht ein Methodenstreit, wie Lesen und Schreiben richtig gelehrt werden sollen: nach der so genannten Fibel-Methode oder der "Lesen durch Schreiben"-Methode. Bei der Fibel-Methode lesen Kinder Worte, die so geschrieben werden, wie man sie spricht.
    "Nehmen wir mal ein einfaches Wort wie 'ruft'", sagt Agi Schründer-Lenzen, Professorin für Allgemeine Grundschulpädagogik und Didaktik an der Universität Potsdam. "Dort kann man jeden einzelnen Laut, wenn man ihn langsam ausspricht, hören. Und dieses Wort schreiben die Kinder so, wie es auch in der Fibel rechtschriftlich korrekt vorgegeben wird. Und sie lernen aber gleichzeitig sowohl das Wort zu lesen, sie lernen das Wort zu schreiben, und sie merken, wenn ich das Wort langsam vorspreche, dann kann ich eigentlich alle Buchstaben zum klingen bringen und das Wort, indem ich die einzelnen Buchstaben aneinanderreihe, dann auch vollständig erlesen."
    Fehler zunächst nicht korrigieren
    Die andere Methode heißt "Lesen durch Schreiben". Sie basiert auf dem Ansatz, dass Kinder, durch das Schreiben automatisch lesen lernen. Das behauptet zumindest ihr Erfinder Jürgen Reichen. Damit die Kinder Schreiben lernen, bekommen sie eine Anlauttabelle. Wie die funktioniert, erklären Luca, Lili und Jan.
    "Das ist so wie ein Haus aufgebaut. Und da steht immer der Buchstabe groß und daneben klein, daneben ein Wort, was damit anfängt."
    "Da steht zum Beispiel L wie Lampe, und dann geht es immer weiter mit Buchstaben, dann gibt’s L wie Lampe, M wie Maus, und dann geht das immer mit weiteren Buchstaben weiter."
    "Und dann ist da ein A, und dann fängt zum Beispiel Ampel oder Ameise mit A an, und dann ist ein Bild davon daneben gemalt."
    "Wenn nun ein Kind ein Wort schreiben möchte, beispielsweise das Wort die Kante, dann überlegt es sich erstmal am Anfang, was höre ich in Kante, das ist ein K", sagt Reinold Funke, Professor für Deutsche Sprache und Literatur an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, der selbst viele Jahre als Grund- und Hauptschullehrer gearbeitet hat. "Und dann geht das Kind die Anlauttabelle durch, und so lange geht es die Anlauttabelle durch, bis es den Gegenstand gefunden hat, der für das K steht, das ist das Krokodil und malt dann den Buchstaben ab, der daneben steht. So geht es dann weiter. Das Kind fragt sich, was höre ich nach dem K in Kante, und am Ende entsteht also das komplette Wort, eigentlich ist es nicht immer komplett, es ist auch manchmal unvollständig. Es hat auch in der Regel Fehler. Aber es ist eigenständig geschrieben."
    Nach dem Erfinder der "Lesen durch Schreiben"-Methode sollen Fehler, die die Kinder beim Schreiben mit der Anlauttabelle machen, zunächst nicht korrigiert werden. Doch das löst inzwischen Proteste aus.
    "Die fachliche Kritik sagt, dass Schreiben nicht so funktioniert, dass wir für jeden Laut, den wir hören, einen Buchstaben schreiben. Nehmen wir das Wort Kante. Wenn Schreiben so funktionieren würde, dass wir für jeden Laut einen Buchstaben schreiben würden, dann würden wir nicht verstehen, wieso wir Kante, die Kante, mit einem n schreiben aber ich kannte mit zwei n, denn lautlich gesehen sind beide Wörter ja gleich."
    Viele Untersuchungen zum Thema
    Eine Schülerin einer dritten Grundschulklasse in Frankfurt am Main schreibt an einer Tafel.
    Die Methode "Lesen durch Schreiben" basiert auf dem Ansatz, dass Kinder durch das Schreiben automatisch lesen lernen. (AP)
    Da die Kinder - streng nach Lehre - am Anfang nicht korrigiert werden, schreiben sie munter drauf los und produzieren Fehler. Aufgrund der fachlichen Kritik wurde die Methode "Lesen durch Schreiben" von Hans Brügelmann weiterentwickelt. Zwar kommt auch bei ihm die Anlauttabelle zum Einsatz, "allerdings ist auch wichtig, dass den Kindern von Anfang an deutlich gemacht wird, es gibt eine Buchschrift oder Erwachsenenschrift, die nach bestimmten Regeln funktioniert, und dass sie etwa schon mit einem eigenen Wortschatz von häufigen Wörtern von Anfang an auch an der Rechtschreibung orientiert lernen."
    Welche Methode die Erfolgreichste ist - also das Lernen nach einer Fibel oder "Lesen durch Schreiben" - darüber wird auch unter Wissenschaftlern diskutiert, denn es gibt inzwischen die unterschiedlichsten Untersuchungen zu dem Thema.
    Eine aktuelle Metastudie bringt jetzt Klarheit. Professor Reinold Funke verglich die Ergebnisse von 16 Studien mit über 800 beteiligten Klassen. Dabei berücksichtigte er nur solche Untersuchungen, die sogenannte "Fibel-Klassen" mit "Lesen durch Schreiben"-Klassen in den Stufen eins bis vier verglichen.

    "Im Lesen waren die untersuchten 'Lesen durch Schreiben'-Klassen in Klassenstufe eins den untersuchten 'Fibel-Klassen' signifikant unterlegen. Signifikant heißt, dass es unwahrscheinlich ist, dass dieses Ergebnis Zufall ist. Schauen wir auf Klassenstufe zwei bis vier, dann war es so, dass es keine signifikanten Unterschiede in den Lesefähigkeiten mehr gibt zwischen 'Lesen durch Schreiben' - und 'Fibel-Kindern'".
    Nicht nur die Ergebnisse der Lesefähigkeit, auch die der Rechtschreibkompetenz überraschte den Wissenschaftler.
    Nachteile für Migrantenkinder
    "Was das Rechtschreiben angeht, so sind die Ergebnisse, die man zu Klassenstufe eins findet, so disparat, sie liegen so weit auseinander, dass man daraus keine Schlussfolgerungen ziehen kann. In Klassenstufe zwei bis vier ist es so, dass die 'Lesen durch Schreiben'-Klassen den 'Fibel-Klassen' signifikant unterlegen sind im Rechtschreiben. Anders sieht es aber aus, wenn man sich auf Studien konzentriert, in denen ausgeschlossen war, dass die Ergebnisse durch unterschiedliche Lernvoraussetzungen der Kinder beeinflusst waren. Wenn man sich also auf diese Studien beschränkt, dann gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen 'Lesen durch Schreiben'- und 'Fibel-Klassen' im Rechtschreiben in Klassenstufe zwei bis vier.
    Eine Gruppe - so zeigt die Metaanalyse - hat durch die Methode "Lesen durch Schreiben" massive Nachteile: die Migrantenkinder.
    "Man sollte diese Befunde, die es dazu gibt, sehr ernst nehmen. Die deuten in die Richtung, dass zweisprachige Schülerinnen und Schüler größere Schwierigkeiten haben mit 'Lesen durch Schreiben' als mit Fibel-Unterricht."
    Das betrifft insbesondere Kinder aus sozial schwächeren und bildungsfernen Bevölkerungskreisen.
    "Ich hatte aber beispielsweise bei den Studien, die ich ausgewertet habe eine, bei der über die Hälfte der zweisprachlichen Kinder ein Elternteil mit Hochschulabschluss hatten, also sicherlich nicht das typische zweisprachliche Kind."
    Sichere Ergebnisse dazu erfordern allerdings differenzierte Studien, meint Reinold Funke. Das scheint dringend erforderlich, denn inzwischen ist in einigen Großstädten fast schon die Regel, was vor Jahrzehnten noch als Ausnahme galt, so die Beobachtung seine Kollegin Agi Schründer-Lenzen.
    "Wir haben ja nicht nur Migrantenkinder in den Klassen, wir haben ja in einer Großstadt wie Berlin in vielen Klassen nur noch Migrantenkinder."
    Korrektes Hochdeutsch als Voraussetzung
    Nicht nur Migrantenkinder hätten mit der Anlauttabelle Probleme, sagt die Wissenschaftlerin, auch Kinder, die einen starken Dialekt sprechen oder Kinder, die in ihrer Sprachentwicklung verzögert sind. Dazu kommt die unterschiedliche Sozialisation: Kinder aus einem anderen Kulturkreis assoziieren mit den Abbildungen manchmal ganz andere Dinge als gemeint sind oder kennen sie erst gar nicht.
    "Wenn sie die Abbildung einer Ameise sehen, ist ja die Frage, ob sie überhaupt die Ameise erkennen, weil es unter Umständen in ihrer Kultur gar keine Ameisen gibt."
    "Und selbst wenn Migrantenkinder - um bei dem Beispiel zu bleiben - den Begriff Ameise kennen, heißt das noch nicht, dass sie ihre Assoziationen in die gewünschte Richtung lenken."
    "Sie sehen die Ameise und ganz Reichen-konform fangen sie natürlich an, das Wort in ihrer Herkunftssprache, also unter Umständen im türkischen, dann karinca zu assoziieren und speichern ab, ah, die Ameise fängt am Anfang mit K an, weil in ihrer Sprache ja der Anfangslaut ein K wäre und eben nicht das A. Diese Lernschiene haben sie gar nicht, sondern sie fangen von Anfang an unter Umständen an, diesen Anfangslaut schon falsch in ihrem Gedächtnis aufzubauen, nämlich Ameise mit K am Anfang."
    Im Duden steht, wie es richtig geht.
    Im Duden steht, wie es richtig geht. (AP)
    Die Idee des Ansatzes "Lesen durch Schreiben" setzt bei den Grundschulkindern viel voraus: Sie sollen korrektes Hochdeutsch sprechen, müssen die Laute richtig hören können und die Bilder, die sie auf der Anlauttabelle sehen, mit dem entsprechend "richtigen" Inhalt verbinden, um so dann - zumindest auf Dauer - auch das Wort richtig schreiben zu können. Doch das entspricht nicht mehr der heutigen Schulrealität - selbst bei deutschen Kindern, meint Professorin Schründer-Lenzen.
    "Insofern ist diese Methode, die ja in den 70er Jahren entstanden ist als noch die Schülerzusammensetzung in unseren Klassen auch eine andere war, sie ist einfach in der heutigen Zeit für die Klassen, die jetzt vor uns stehen, nicht mehr die Methode, die zielführend ist für die Mehrheit der Kinder."
    Strategien fürs Schreiben
    Viele Lehrer kombinieren inzwischen Methoden, setzen Anlauttabellen ein aber auch Übungshefte, wie zum Beispiel das, das Luca, Lili und Jan durchblättern.
    "Soll ich die Aufgabe erklären? Es gibt einfache von den Seiten und schwierige. Also das ist jetzt eine schwierige, da steht 'Eine gelbe Banane ist reif. Diese Banane ist gelb'. Und dann muss man auf die andere Seite blättern, und dann sind da so ganz viele Zeilen, da muss man es dahin schreiben."
    "Zu dem passenden Bild."
    "Es gibt auch noch andere Sachen: Da sind alle Nomen klein geschrieben. Da muss man die Nomen unten neu schreiben und die Nomen dann aber groß."
    Wie Schüler lernen, ist in den letzten Jahren intensiv erforscht worden.
    "Was in der Grundschule passiert ist, dass die Kinder nicht einfach Wort für Wort lernen und dann in eine Art Säckchen tun, indem dann das Wort orthografisch intakt immer zur Verfügung steht, sondern indem sie der Rechtschreibung beim Lesen begegnen, indem sie Übungen in der Schule machen, indem die Lehrerinnen und Lehrer ihnen Regeln erklären, verändern sie für sich die Strategien des Schreibens.
    Ein Beispiel:
    "Wenn Sie etwa angucken, wie Erstklässler das Wort Blätter schreiben, dann ist das meist laut-treu: BLETA, und was die Kinder dann relativ schnell auch aufgrund der Rückmeldung der Lehrperson mitbekommen ist, dass man oft beim Sprechen am Ende ein A hört, bei Mutter, Vater, Bruder, Schwester beispielsweise, und dass man da aber ER schreibt. So etwas nehmen sie dann auf und generalisieren das dann auf Oma und Opa, wo sie dann eigentlich ein A schreiben müssten und dann OPER schreiben für den Großvater. Das heißt, die Kinder machen da Fehler, weil sie etwas Neues gelernt haben. Und so geht es auch weiter, dass sie dann als nächstes etwa das Stammprinzip realisieren, dass Blätter von Blatt kommt und dann nicht mehr E, sondern Ä schreiben und als letztes dann die Konsonantenverdopplung nach Kurzvokal realisieren."
    Fazit:
    "Was man aus der Schriftspracherwerbsforschung weiß ist, dass die Kinder nicht einfach von Falschschreibung aufgrund von Übung plötzlich gewonnener Einsicht richtig schreiben, sondern dass sie ihr internes Regelsystem, das ihnen oft gar nicht bewusst ist, zunehmend verfeinern. Und das heißt, die Fehler werden immer besser."
    Jede Methode hat ihre Stärken
    Kinder müssen also erst verstanden haben, was sie tun. Dann ist es allerdings wichtig, zu üben. Das gilt für das Schreiben wie für das Lesen.
    "Beim Lesen, um das mal als Beispiel zu nehmen, ist bekannt, dass gute Leser außerhalb der Schule ungefähr hundert Mal so viel lesen wie schwache Leser. So was kann ich nicht ausgleichen dadurch, dass ich ein paar Arbeitsblätter mehr in der Schule mache, sondern ich muss die schwachen Leser dazu bringen, dass sie auch außerhalb der Schule, freiwillig mehr lesen."
    Das gelingt nur, indem Kinder Bücher lesen, die sie interessieren, denn nur so sind sie motiviert. Ähnliches gilt für das Schreiben, meint Hans Brügelmann. Kinder müssten mit Hilfe von Wörterbüchern lernen, wie sie eigene Texte möglichst fehlerfrei schreiben.
    Mit welcher Methode das geschieht, ist für ihn inzwischen kein Thema mehr, denn wie auch die Studie von seinem Kollegen Reinold Funke zeigt, scheinen noch andere Faktoren als nur eine bestimmte Methode zum Ziel zu führen. Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass jede Methode gleich gut ist, hält er allerdings für falsch:
    Ein Whiteboard, eine digitale Schultafel, auf der didacta 2013
    Wie Schüler lesen und schreiben lernen, ist in den letzten Jahren intensiv erforscht worden. (picture alliance/dpa/Oliver Berg)
    "Ich denke, das Problem ist, dass Lehrer lernen sollten, für welche spezifischen Probleme, welche Methoden besonders hilfreich sind. Mein Plädoyer geht nicht darin, eine Methode durch eine andere zu ersetzen, sondern in der Lehrer Aus- und Fortbildung das Repertoire der Lehrer zu erweitern und ihnen deutlich zu machen, was der Hintergrund der einzelnen Methode ist, damit ihnen die spezifischen Stärken, aber auch Risiken dieser Zugriffe klar sind, sodass sie dann im Unterricht sehr viel gezielter auf die Probleme, die Kinder an bestimmten Stellen haben, eingehen können."
    Vom ersten Tag an das Richtige lernen
    Das sieht auch Professorin Agi Schründer-Lenzen ähnlich. Die Fachkompetenz der Lehrer ist ihrer Meinung nach das entscheidende Kriterium und weniger wichtig, nach welcher Methode gelehrt wird. Für den Start in der ersten Klasse fügt sie allerdings einschränkend hinzu:
    "Da würde ich schon empfehlen, mit einem Fibel-Lehrwerk anzufangen und dann aber diesen Fibel-Lehrgang anzureichern, damit die Kinder eine Basis haben, von der aus sie erstmal auf die richtige Spur gelenkt werden, denn wenn ich nach der Reichen-Methode unterrichte", also der "Lesen durch Schreiben"-Methode mit der Anlauttabelle,
    "dann ist es so, dass die Kinder einen Weg in die Schriftsprache gewiesen bekommen, der grundsätzlich einseitig und auch fehlerhaft ist. Man sollte ihnen vom ersten Tag an das anbieten, was richtig ist. "
    Damit scheint sie dem 8-jährigen Jan aus der Seele zu sprechen.
    "Also ich würde sagen, dass man schon anfängt, die Fehler zu korrigieren in der Ersten, weil sonst hat man sich da dran gewöhnt zum Beispiel Blatt hinten nur mit einem t zu schreiben. Da kommt auf einmal jemand in der Zwei und sagt, das ist falsch, und das ist falsch. Da kriegt man irgendwie so ein ganz trauriges Gefühl."
    … und traurige Gefühle sind dem Lernen nicht gerade förderlich - das ist inzwischen aus der Hirnforschung bekannt.
    Konsequenzen für die Lehrerausbildung
    Neben der Diskussion um die richtige oder falsche Methode - gibt Hans Brügelmann zu bedenken - sollte auch die Lehrerausbildung diskutiert werden. Er bemängelt, dass es vor Jahrzehnten an den Pädagogischen Hochschulen noch mehrere Seminare gab, die sich mit der Rechtschreibung befassten. Heute müsse man schon froh sein, wenn ein entsprechend kompetenter Kollege zu dem Thema ein Seminar anbieten würde. So sind Studenten und Lehrer selbst gefordert, die für ihre Zwecke geeignete Methode zu suchen. Da könnte die aktuelle Metaanalyse helfen.
    Professor Reinold Funke: "Das Fazit aus der Analyse würde sein - also eine Metaanalyse kann nichts beweisen, aber eine Metaanalyse kann uns sagen, welche Annahmen der Prüfung standgehalten haben - und man kann sagen: Es gibt derzeit keinen schlüssigen Beleg dafür, dass 'Lesen durch Schreiben' als solches zu dauerhaft schlechteren Ergebnissen führt als Fibel-Unterricht, jedenfalls nicht als durchschnittlicher Fibel-Unterricht. Als Hochschullehrer denke ich, müssen wir den Studierenden 'Lesen durch Schreiben' als eine Option vermitteln, mit den Problemen, die es hat. Aber wir vermitteln es als eine Möglichkeit des Erstunterrichts."