Als Leanne Kamula vor fast 15 Jahren nach Südafrika ging, war Simbabwe im Aufruhr: Diktator Robert Mugabe hatte eine Volksabstimmung für eine neue Verfassung krachend verloren. Und reagierte auf seine Weise: Polizei und Geheimdienst machten Jagd auf Regierungsgegner, Kriegsveteranen besetzten Farmland und vertrieben die weißen Farmer, für die bis dahin stabile Wirtschaft begann die Abwärtsspirale.
"Die Lage war wirklich schwierig. Also habe ich beschlossen, nach Südafrika zu gehen, um dort einen Job zu finden und so meine Familie zu unterstützen. Ich habe in Simbabwe viele Südafrikaner gesehen. Die sahen immer gut und wohlhabend aus und haben gesagt, dass man bei ihnen noch Arbeit findet. Da habe ich mir gedacht: Wenn ich wirklich hart arbeite, geht es mir vielleicht eines Tages auch so gut wie denen."
Mit einem Koffer mit ein paar Habseligkeiten ist die damals 18-jährige Leanne in Johannesburg angekommen. Wie schon ihre ältere Schwester zuvor. Die ersten zwei Jahre waren hart für sie. Sie hatte ihren Pass verloren - und damit kaum Chancen auf einen vernünftigen Job.
"Ohne Papiere beschäftigt dich hier keiner. Ich habe bei meiner Schwester gewohnt und mich irgendwie durchgeschlagen. Ich hatte Heimweh, kein Geld, habe meine Eltern vermisst. Aber ich hatte keine Wahl – ich musste es hier schaffen."
Kein Geld - keine Papiere
Nach zwei Jahren hat sie mit neuen Papieren einen Anlauf gestartet – und ist in der Gastronomie untergekommen. Sie war Kellnerin und Barfrau, jetzt ist sie Kassiererin in einer großen Kantine. Kein sehr fordernder Job. Aber die kleine Frau mit dem scheuen Lächeln und den adrett gezogenen künstlichen Augenbrauen hat etwas, wofür die Simbabwer in Südafrika berühmt sind: eine bewundernswerte Arbeitsmoral.
"Weißt Du - wenn Du einen Job gut machen willst, musst du dir selbst sagen: Ich will diesen Job. Und ich tue alles dafür. Wenn du nicht mit ganzem Herzen dabei bist, wird es schwierig."
5.000 Rand im Monat verdient Leanne – das sind knapp 400 Euro. In einer Stadt wie Johannesburg ist das nicht sehr viel. Deshalb arbeitet sie manchmal Doppelschichten und am Wochenende. Denn das Geld ist nicht für sie alleine.
"Etwa die Hälfte brauche ich für meine Miete, den Bus, das Leben mit meinem Kind hier. Mit dem Rest muss ich meine Mutter und mein zweites Kind in Simbabwe unterstützen. Und ich versuche so gut es geht, ein bisschen was zu sparen."
Handwerker, Kellner und Hausmädchen
Leanne ist eine von über drei Millionen Simbabwern, die ihr Land in den letzten Jahren verlassen haben. Mindestens die Hälfte davon arbeitet in Südafrika. Hauptsächlich als Handwerker, Kellner, Gärtner und Hausmädchen.
Jahr für Jahr schicken sie mehr als 1,3 Milliarden Euro nach Hause. Das ist in etwa ein Drittel des gesamten simbabwischen Staatshaushalts. Und das ist nur das Geld, was auf offiziellen Kanälen ins Land kommt. Wenn man bedenkt, dass vier von fünf Simbabwern keine richtige Arbeit haben, dann ist klar: Die Exil-Simbabwer halten das Land am Laufen.
"Wenn ich zu Besuch in meiner Heimat bin sehe ich, wie meine Freunde ums Überleben kämpfen müssen. Selbst wenn man gut ausgebildet ist, gibt es dort keine Jobs. Hier in Südafrika kannst Du als Putzfrau arbeiten. Du wirst ein besseres Leben haben als ein Lehrer in Simbabwe."
In den 15 Jahren in Südafrika hat sich Leanne nie unwillkommen gefühlt. Fremdenhass, wie er vor kurzem in einigen Großstädten ausgebrochen ist, hat sie nie erlebt. Im Gegenteil: Für sie ist Südafrika der Himmel, ein Traumland. Was aber nicht heißt, dass sie nicht immer noch Heimweh hätte.
"Simbabwe fehlt mir sehr. Doch das Leben dort ist nicht gut. Aber weil es mein Land ist, bete ich ständig dafür, dass alles wieder in Ordnung kommt. Und ich irgendwann in meine Heimat zurückkehren kann."