Erst mal reden. Streiken kann man immer noch. Das hat die GDL heute als Parole ausgegeben. Ob ihre wichtigste Forderung, der umfassende Schutz für arbeitsunfähige Lokführer, erfüllt wurde mit dem zwei Tage alten Angebot der Bahn, dass kann der Gewerkschaftsvorsitzende nicht erkennen. Claus Weselsky will umfassenden Schutz für berufsunfähige Lokführer. Und de soll unabhängig von einem Tarifvertrag sein, den die Konkurrenzgewerkschaft EVG abgeschlossen hat.
"Die Regelungen dieses Tarifvertrages beinhalten die Fortsetzung des Landverschickungsprogramms aus der Vergangenheit. Wir hatten in der Sanierungsphase zähneknirschend akzeptiert, dass unsere Leute gegen ihren Willen quer durch die Republik versetzt werden können. Wir haben keine Sanierungsphase mehr. Die Bahn schreibt Gewinne. Und wir haben bereits in 2011 gesagt, dass wir diese Tariflage nicht fortsetzen werden. Die Bahn hat immer verknüpft, diese Tariflage zu akzeptieren und dann mit uns Zusatzregelungen zu schaffen.
Jetzt ist die Frage: Ist das ein Angebot, das damit nicht verknüpft ist? Das wäre eine neue Qualität. Sie wissen: Der Teufel steckt im Detail. Die Formulierungen lassen beide Möglichkeiten zu."
Die Bahn hat mit der größeren Konkurrenzgewerkschaft EVG verabredet, kranken Mitarbeitern, die ihre alte Stelle nicht mehr ausfüllen können, auf neuen Arbeitsplätzen dauerhaft mindestens 80 Prozent des letzten Gehaltes zu bezahlen. Den Lokführern hat sie 100 Prozent angeboten. Das immerhin hat die GDL schon erreicht. Aber müssen erkrankte Lokführer berufsfremde Stellen bei der Bahn in ganz Deutschland akzeptieren? Oder wird es eine Landverschickung geben, wie die GDL lästernd formuliert? Schließt die 100-Prozent-Garantie auch künftige Tariferhöhungen ein? Sie habe "erhebliche Zweifel" am Angebot der Bahn. Das, so die GDL, müsse beredet werden.
Kein Öl ins Feuer
Die Bahn schüttet erst einmal kein Öl ins Feuer. Ihre Sprecherin Dagmar Kaiser kommentierte den Redewunsch der GDL:
"Unser Angebot ist der GDL bekannt. Es liegt seit Dienstag vor. Wir sind bereit, darüber zu verhandeln."
Die GDL wehrt sich gegen den Verdacht, sie suche in erster Linie Profil als kleine Elitegewerkschaft, sie suche Positionen gegen die gesetzlich geplante Tarifeinheit:
"Wir werden versuchen, das Gesetz in dieser Form zu verhindern, weil wir uns nicht vorstellen können, dass unsere verfassungsrechtlichen Grundrechte hier gefährdet werden. Das hat aber weder was mit der aktuellen Tarifauseinandersetzung zu tun. Noch wird die GDL in einem Arbeitskampf einen politischen Streik veranstalten. Wir haben ein Regelungsbedürfnis für unsere Lokführer. Und das steht jetzt an. Und nicht irgendwann."
Dennoch: Ein Unternehmen - ein Tarifvertrag – das könnte den Aktionsradius der GDL einengen. Sie hat 34.000 Mitglieder, die EVG 240.000. Aber: Rund 80 Prozent aller Lokführer sind bei der GDL organisiert, ein hoher Grad, der ihre Macht bisher begründete. Freilich: Auch eine solche Gewerkschaft braucht öffentliche Unterstützung, jedenfalls bei Streiks. Und deshalb will die GDL den Bogen nicht überspannen. Man wolle mit der Bahn bis spätestens Ende Januar einen Termin vereinbaren. Es gebe "den klaren Willen", eine Lösung zu erreichen. Die Drohung mit einem Streik bleibt – ohne das gäbe eine Gewerkschaft sich auf. Aber erst einmal wird geredet.