Man kann "Gala Beautify" natürlich so frivol rezensieren, wie es der Kollege M. von der "Süddeutschen Zeitung" getan hat. M. konzentrierte sich ganz auf die Seite 113 des "better-aging"-Magazins, wo zu lesen ist: Frauen bevorzugen beim One-Night-Stand einen großen, bei Langzeit-Partnerschaften jedoch einen kleineren Penis.
4,7 Zentimeter in der Höhe und 2,8 Zentimeter in der Breite misst übrigens der Penis-Kurzartikel in der "Beautify", füllt sie also de facto nur zum Geringsten aus. M. war trotzdem erregt. Er interpretierte die Info dahingehend, dass der Mann von heute eigentlich "zwei Penisse" brauche, und empfahl der Beauty-Industrie die Erfindung des "Flexi-Glieds" nach dem Vorbild eines Periskop-Rohrs.
Ist das witzig? Aber sicher! Auch Pennäler-Humor à la "Titanic" ist Humor. Nur spricht er der Ernsthaftigkeit von "Beautify" Hohn.
Philosophisches und konkrete Schönheitsmaßnahmen
Tatsächlich ist das Magazin für die plastische Chirurgie das, was die Enzyklopädie von Diderot und D'Alembert einst für das Wissen der Menschheit war: Ein feingeistiges Aufklärungs-Instrument erster Güte.
Das mit dem Feingeistigen glauben Sie nicht, liebe Hörer? Dann sei Ihnen gesagt: Der Leitartikel des Magazins handelt von Platons Schönheitsbegriff und stammt von dem Philosophen Gert Scobel.
Irritierend ist höchstens, dass "beautify" offenbar keine Chance sah, für das Autorenfoto den Schluchten im Scobelschen Gesicht und der Hänge-Tendenz seines Kinnsacks beizukommen. Aber allen anderen kann geholfen werden - das ist die frohe Botschaft, siehe "das große ABC der Schönheitsmaßnahmen".
Gegen freistehende Zahnhälse gibt es "Hyaluron-Filler" für 100 Euro pro Injektion; gegen die "Achsel-Praline" - das heißt: Schwabbel an nämlicher Stelle - hilft die "Thermi-Tight-Technik" für 'nen Tausender; für pfundigere Brüste sollten Frauen 7.000 Euro mitbringen; während sein Ding für 10 Riesen lang und breit wird; Krampfadern verkleben kostet sie wie ihn geschlechtergerechte 2500, Intim-Bleaching "abhängig von der Größe des Areals" gibt's ab günstigen 420.
Ja, man kommt auf den Gegenwert eines knackigen Porsche, wenn man - und nur das ist eine produktive Lese-Haltung - nackt vor dem Spiegel stehend in der "Beautify" blättert und zugleich kontrolliert, was nicht mehr ideal rüber kommt.
Seien Sie tiefsinnig! Kaufen Sie "Beautify"!
Aber mal ehrlich: Fühlen Sie sich nicht wertvoller als ein röhrender Porsche? - Nein? Dann haben Sie bislang sicher zu wenig an sich machen lassen! Quod erat demonstrandum. Gott sei dank listet "Beautify" auf dezenten 17 Seiten die Adressen von Ärzten auf, die uns gern von lästigen Makeln befreien.
Und keine Sorge! Auch die Frage "Kann man süchtig werden nach Schönheitseingriffen?" beantwortet "Beautify" so ehrlich, wie man das von einem humanistischen Magazin dieses Ranges erwartet: "Ja, das kann man, es kommt allerdings selten vor."
Überhaupt: Ehrlichkeit! "Beautify" verschweigt die "Ausfallzeiten" nach diversen Behandlungen keineswegs, spricht offen von Wundheilung, Seh-Schwächen, Korsett-Tragen und sexueller Abstinenz, je nachdem.
Der Leser spürt, was das bedeutet: Wenn er nur genug an sich machen lässt, muss er sich jahrelang keine Gedanken mehr über den Sinns des Lebens machen. Er lebt und leidet für die Schönheit. Und zeigt, dass er auf Oscar Wildes Erkenntnis-Höhen wandelt: "Nur oberflächliche Menschen urteilen nicht nach Äußerlichkeiten."
Seien Sie tiefsinnig! Kaufen Sie "Beautify"! Keine geringere Schönheit als Verona Pooth spricht ihr kultivierte Credo aus: "Man darf der Natur nicht einfach freien Lauf lassen."