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Marsmission
"Der Frust sitzt tief"

Es wäre ein Wunder, wenn sich die Landefähre Schiaparelli noch meldete, sagte der Wissenschaftsjournalist Dirk Lorenzen im DLF. Was passierte, als die Kapsel in die Mars-Atmosphäre eintrat, sei noch unklar. Ein Absturz und die Zerstörung von Schiaparelli seien nach jetzigem Stand aber so gut wie sicher.

Dirk Lorenzen im Gespräch mit Ralf Krauter |
    Die mit silberner Folie verkleidete Sonde liegt auf dem wüstenähnlichen Mars-Boden, im Hintergrund liegt der Fallschirm.
    Die Computergrafik zeigt das nun verschollene Schiaparelli-Modul nach einer Landung auf der Oberfläche des Mars (ESA / DPA )
    Ralf Krauter: Müssen wir Schiaparelli abschreiben? Oder besteht noch Hoffnung?
    Dirk Lorenzen: Nein, Hoffnung besteht wohl nicht mehr. Es wäre fast ein Wunder, würde sich Schiaparelli noch einmal melden. Die ESA selbst spricht von einer "nicht sanften Landung", das ist wohl die technische Umschreibung von Absturz.
    Krauter: Wie ist der Landeversuch abgelaufen?
    Lorenzen: Zunächst ging alles glatt. Schiaparelli ist mit über 20.000 Kilometern pro Stunde in die Marsatmosphäre eingetreten, der Hitzeschild hat etwa vier Minuten lang die Reibungshitze abgefangen. Als die Kapsel dann nur noch knapp 2.000 Kilometer pro Stunde schnell war, wurde der Fallschirm entfaltet. Das hat auch funktioniert, ebenso wie das Absprengen des Hitzeschildes.
    Ursprünglich sollte eine gute Minute später bei einem Tempo von nur noch 250 Kilometer pro Stunde der Fallschirm abgesprengt werden. Aber offenbar ist dies früher als geplant erfolgt. Die Bremstriebwerke wurden zwar gezündet, haben sich aber wohl nach etwa vier Sekunden ausgeschaltet. Das war etwa 50 Sekunden vor der Landung, also viel zu früh.
    "Der Frust sitzt tief"
    Krauter: In welcher Höhe hat sich Schiaparelli zu diesem Zeitpunkt befunden?
    Lorenzen: Das ist noch unklar. Das ESA-Team analysiert mit Hochdruck die Daten. Wenn man sich ansieht, wie die Landesequenz geplant war, dann bedeutet dieses Abschalten der Triebwerke, dass Schiaparelli wohl aus mindestens rund einem Kilometer Höhe ungebremst auf den Mars gefallen ist - das hat die Kapsel unweigerlich zerstört.
    Krauter: Wie reagieren die ESA-Verantwortlichen darauf?
    Lorenzen: Man ist sehr bemüht, den Testcharakter dieser Mission zu betonen. So etwas könne bei einem Test passieren und man sei sehr froh, so viele Daten des Abstiegs zu haben. Nun könne man genau rekonstruieren, was, wann, wie falsch gelaufen sei, heißt es. Aber der Frust sitzt tief.
    Bezeichnend ist auch, dass man auf der Pressekonferenz heute Morgen noch so tat, als sei Vieles offen. Aber nur eine halbe Stunde später hat die ESA eine Pressemitteilung herausgegeben, in der plötzlich stand, dass die Triebwerke sich wohl abgeschaltet hätten und die Landung eben nicht sanft war. Das wollte man auf der Pressekonferenz offenbar noch nicht sagen.
    "Sollte die Kapsel in viele Teile zerbrochen sein, wäre unter Umständen gar nichts zu sehen."
    Krauter: Wird es Bilder der Lande- beziehungsweise Absturzstelle geben?
    Lorenzen: Europas Raumsonde Mars Express und auch eine NASA-Sonde werden das Landegebiet in den nächsten Tagen aufnehmen. Aber es wird sehr schwierig sein, die Schiaparelli-Kapsel darauf zu finden. Die hat nur einen Durchmesser von 1,7 Metern, das Suchgebiet ist aber viele Quadratkilometer groß. Es kann Monate oder Jahre dauern, bis man etwas findet. Sollte die Kapsel in viele Teile zerbrochen sein, wäre unter Umständen gar nichts zu sehen. Die NASA-Rover sind zu viel zu weit weg, die können nicht hinfahren und mal nachsehen - auch wenn die Ingenieure das am liebsten hätten.
    Krauter: Gibt es weitere Versuche der Kontaktaufnahme?
    Lorenzen: Schiaparelli ist oder war so programmiert, sich zu den Überflugzeiten der Mars-Sonden einzuschalten. Die Sonden hören weiter hin, auch heute Nachmittag - und auch das Radioteleskop in Indien, das gestern den Abstieg bis zum Abbruch des Funksignals verfolgt hat, lauscht Richtung Mars. In spätestens zehn Tagen ist allerdings die Batterie an Bord von Schiaparelli leer - dann wäre ein Funkkontakt ohnehin unmöglich.
    "Die Nervosität bei den Verantwortlichen ist deutlich spürbar"
    Krauter: Schiaparelli war ein Test, der nicht ganz erfolgreich war. Was heißt das für die große ExoMars-Rover-Mission, die 2020 starten soll?
    Lorenzen: Die Nervosität bei den Verantwortlichen ist deutlich spürbar. ESA-Chef Jan Wörner hat auf der Pressekonferenz heute Morgen auf die Frage, wie hoch die Chance eines Absturzes sei, gar nicht geantwortet, sondern sofort betont, wie erfolgreich die Muttersonde ist, die als Relaisstation für den ExoMars-Lander dienen soll und dass auch der Schiaparelli-Test ein Erfolg sei, wenn auch nicht auf dem allerletzten Stück.
    Die ESA braucht, so hieß es nun, noch etwa 300 Millionen Euro, um den ExoMars-Rover wirklich zu starten. Anfang Dezember treffen sich turnusgemäß die Raumfahrtminister der ESA-Staaten. Dann müssen sie entscheiden, wie es mit ExoMars weitergehen soll. Ich würde nicht darauf wetten, dass der Lander wirklich auf die Reise geht.