Natürlich ist Martina Zöllner nicht so naiv wie ihre Heldin. Sie versetzt Antonias Bericht mit erzählenden Passagen und unterfüttert die Geschichte mit reichlich Ironie. Freundin Waltraud hängt seit 25 Jahren in der Geliebtenexistenz und vertreibt mit ihren Erfahrungen die Illusion der Einzigartigkeit brutal. Und wenn Antonia ein zweites Angebot als Geliebte erhält, befinden wir uns schon im Satyrspiel zur Tragödie. Die Gefühle sind aufgebraucht: Als Sigi die Bedingungen der Beziehung klarmacht, also, wie es im Text heißt, den "Standardtext eines Ehemannes absonderte, der sich selbst und seiner Demnächst-Geliebten vormachen will, von Anfang an mit offenen Karten gespielt zu haben", hätte Antonia beinahe geantwortet:
"Wenns weiter nichts ist".
Es ist die Stärke von "Bleibtreu", dass der Roman die grausamen Mechanismen einer Geliebten-Haltung vorführt, wie sie manche Männer offenbar routiniert ausüben. Martina Zöllner bringt das bissig auf den Punkt und beschreibt zugleich einfühlsam die Leiden der einsam Wartenden. Wo es jedoch darum geht, eine Sprache für die Leidenschaft zu finden, wird die Autorin beinahe so unbeholfen wie ihre Heldin, da hilft auch die Ironie nicht weiter. Darum lässt sich schwer nachvollziehen, was Herrn Bleibtreu für die 25 Jahre jüngere Frau so anziehend macht. Ein Kuss, bei dem "seine energische Zunge ihren Mund erkundete", überzeugt nicht gerade von der einzigartigen Erotik der Beziehung.
Martina Zöllner: "Bleibtreu", Roman, DuMont Literatur und Kunst Verlag Köln 2003, 374 S., geb., 19, 90 Euro