Eine Schönheitsklinik im Südosten von Prag. Das Gebäude eher unscheinbar, die Einrichtung modern und freundlich. 3.000 Patienten und Patientinnen kommen jedes Jahr hierher, ein Drittel davon aus dem Ausland.
An diesem Morgen ist Ivonna eingetroffen. Eine zierliche Frau mit blondiertem Gretchenzopf, schwer zu schätzen, vielleicht Ende 40. Die gebürtige Polin lebt mit ihrem Mann seit Jahrzehnten in Köln. Sie ist gern bereit, mit mir zu reden und kommt ohne Umschweife zur Sache:
"Ich bin hier wegen Bruststraffung und Oberliederstraffung gekommen hier nach Prag."
Im Internet hat sie sich informiert und dann beschlossen, den Eingriff hier machen zu lassen.
"Ich vertraue dieser Klinik, die hat sehr gute Bewertungen. Die Ärzte sind top, sehr gut ausgebildet, und deswegen habe ich mich hier für Prag entschieden."
Sieben plastische Chirurgen verschönern in dieser Klinik Nasen, Augen und Brüste. Sie straffen die Haut, beseitigen Krampfadern, formen neue Kiefer und saugen Fett ab. Ihr Chef ist Roman Kufa, Mitte 40, braun gebrannt, Model-Gesicht, eine Zierde seines Faches.
"Am Anfang sind die Patienten aus dem Ausland nur wegen der günstigen Preise gekommen. Aber das hat sich geändert. Wir haben inzwischen einen guten Namen, und jetzt kommen auch Leute, die sich die Operation woanders erlauben könnten. Aber wegen der Qualität kommen sie zu uns."
Tschechen haben wegen deutschen Ansturms Probleme, einen Arzt zu finden
Der Preis spielt natürlich trotzdem eine Rolle, Ob sie mir verrät, was die OP kostet, frage ich Ivonna:
"Ja, 3.500 Euro. In Deutschland ich denke sowas – Brüstestraffen, ich denke bestimmt so was wie 6.000 und jetzt Oberlieder straffen sowas 1.000 bis 2.000 Euro – bestimmt 8.000 Euro insgesamt."
Noch billiger geht es inzwischen aber in Ungarn, Polen und im Baltikum, das spüren auch die Ärzte in Tschechien.
"Die Goldene Periode für medizinischen Tourismus nach Tschechien war 20 Jahre zurück. So zwischen 1992 und 2000."
Sagt Roman Smuzler, Professor für Zahn- und Kieferheilkunde, Inhaber der größten Privatklinik für ästhetische Chirurgie in Prag mit Außenstellen in Karlsbad und Marienbad. 100.000 Patienten pro Jahr, 40 Prozent Ausländer.
"Wir hatten hier diese guten Preise für Deutsche. Der Medizintourismus war in der Hand der besten Zahnärzte und Chirurgen in Tschechien."
Aber das hat sich geändert. Auch mittelmäßige und schlechte Ärzte verdienen am Medizintourismus, besonders an der Grenze zu Österreich und Deutschland. In Nordböhmen lassen sich immer mehr Mediziner nieder, die des Geldes wegen nur Deutsche behandeln. Mit dem Nebeneffekt, dass die Tschechen dort inzwischen Probleme haben, einen Arzt zu finden. Um die Qualität ist es aber nicht immer gut bestellt. Die Leute sollten deshalb nicht nur auf den Preis schauen, mahnt Roman Schmuzler.
"Und so viele Leute speziell aus Deutschland glauben, dass die Ärzte haben die gleiche Qualität. Sodass nur die Preise wichtig sind. So viele rufen an und sagen: Nein, sprechen Sie nicht über Qualität oder welche Kongresse Sie besucht haben (...) Wieviel ist eine Krone?"
Werbung mit deutschen Kunden eher ein Warnsignal
Wenn ein Medizinier mit deutschen Patienten wirbt und damit, dass es bei ihm keine Wartezeiten gibt, dann kann das auch damit zu tun haben, dass Tschechen zu diesem Arzt nicht gehen, weil er so schlecht ist. Das Versprechen, am selben Tag nach Hause fahren zu können, halten seriöse Chirurgen wie Roman Kufa sowieso für unverantwortlich.
"Das ist schlimm, weil es immer Komplikationen geben kann. Es ist deshalb nötig, dass der Patient nach der Operation mindestens eine Nacht überwacht wird."
Falls es Komplikationen gibt oder ein Eingriff misslingt, ist das Kalkül häufig ganz einfach: Wer schon zu wenig Geld für einen guten Arzt hat, hat auch kein Geld für einen Anwalt. Und das tschechische Recht hält noch eine besondere Falle bereit:
"Bis heute das ist so: Wenn sie sind nicht zufrieden in Tschechien, sie müssen und ihre Juristen müssen kommunizieren in tschechischer Sprache. Wenn jemand hat die Kommunikation in deutscher Sprache, die Antwort für Arzt ist nicht nötig."
Ein Nachteil für ausländische Patienten, den Roman Smuzler für nicht akzeptabel hält, aber eine Stärkung der Patientenrechte, so seine Einschätzung als Gesundheits- und Verbandspolitiker wird nur auf dem Umweg über Brüssel möglich sein.
Zurück zu Ivonna, der Kölner Patientin. Hat sie ein wenig Angst vor der OP?
"Nein, ich habe keine Angst. Nein, ich hoffe nur, dass ich schnell fit werde, denn ich möchte arbeiten und ich muss auch arbeiten. Ich mache das in meinem Urlaub. Aber der Rest nicht."