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Megaprojekt für bessere Computer

Wären Computer leistungsfähiger, wenn sie sich mehr an der Struktur des menschlichen Gehirns orientierten? Wie sieht diese Struktur überhaupt aus? Diesen Fragen widmen sich Neurowissenschaftler, Mediziner und Computerwissenschaftler im Rahmen des europäischen Human Brain Projects.

Von Peter Welchering |
    1,2 Milliarden Euro hat die Europäische Union an Forschungsgeldern dafür bereitgestellt. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an das Projekt. Auf der Supercomputerkonferenz in Leipzig, die noch bis Donnerstag stattfindet, haben die Leiter der wichtigsten Projektgruppen ihre Pläne und den derzeitigen Forschungsstand vorgestellt und erläutert.

    "Ein Großrechner, wie er heutzutage beispielsweise in Deutschland in Jülich steht oder an vielen anderen Orten auf der Welt, der braucht Megawatt elektrischer Leistung. Unser Gehirn braucht wenige zehn Watt. Das macht unmittelbar klar, dass dort etwas fundamental anders läuft","

    sagt Professor Karlheinz Meier von der Universität Heidelberg, einer der Koordinatoren des Human Brain Project. Die Forscher wollen unter anderem herausfinden, warum das menschliche Gehirn so energieeffizient Informationen verarbeitet. Dafür muss simuliert werden, wie das menschliche Gehirn arbeitet. Und solche Simulationen werden im ersten Schritt auf herkömmlichen Supercomputern durchgeführt. Professor Thomas Lippert vom Forschungszentrum Jülich beschreibt das so:

    ""Das sind zunächst einmal normale Computer, aber die brauchen natürlich spezielle Software auf der einen Seite und auf der anderen Seite müssen sie natürlich auch von ihrer Hardware sukzessive auf den Bedarf, den die Simulation des Gehirns hat, adaptiert werden. Wir simulieren ja, das heißt, wir müssen eben mit einer Logik wie beim normalen Computer üblich, konsekutiv die Dinge berechnen. Nur das Programm ist natürlich ein Programm, das simuliert oder emuliert, wie das Gehirn funktioniert. Es entwirft also die entsprechenden, wenn man so will, Kabelgleichungen, die die Neuronen miteinander verbinden."

    Diese "Kabelgleichungen" zu berechnen, ist wichtig, um so eine Art Bauplan für einen Computer auf Neuronenbasis zu erhalten. Hier können die Forscher des Human Brain Project auf die Entwicklungsarbeiten von mehreren Vorläuferprojekten zurückgreifen. Professor Robert Bishop zum Beispiel hat an der Universität Lausanne über mögliche Betriebssysteme für Computer geforscht, die ähnlich arbeiten wie unser Gehirn. Solch ein Betriebssystem für einen Neurocomputer muss nämlich die hochkomplexen Verschaltungen von Neuronen mit ihren synaptischen Verbindungen berechnen. Robert Bishop:

    "Wir konnten Algorithmen herausarbeiten, die vorhersagen, wo die synaptischen Verbindungen stattfinden. Diese Prognosealgorithmen erlauben uns, bis zu 1000 Trillionen synaptische Verbindungen zu modellieren. Die Prognosealgorithmen errechnen, wo diese Verbindungen sitzen."

    Die damit möglichen Simulationen von Neuronen auf Supercomputern sind aber immer noch zu langsam. Karlheinz Meier.

    "Die laufen immer so typischerweise 100-mal bis 1000-mal langsamer als die Biologie, und Sie müssen unter Umständen 100 Tage warten, bis sie das Resultat bekommen. Und wenn sie das 100-mal wiederholen möchten, dann wird es irgendwann sehr unpraktisch."

    Deshalb gehen die Forscher um Karl-Heinz Meier in ihrem Heidelberger Labor daran, die Neuronen in Silizium zu gießen. Ein sogenanntes neuromorphes System entsteht dann auf einem Chip beziehungsweise einem Chiprohling, auch Wafer genannt.. Karlheinz Meier.

    "Das ist nicht nur ein Chip, sondern ein ganzer Siliziumwafer, auf dem haben wir im Moment 200.000 Neuronen und 50 Millionen Synapsen. Das ist so das, was man hinbekommt, auf so einer Fläche von, na ja wie so ein etwas größerer Teller, so ein Siliziumwafer."

    Und diese Siliziumwafer sind der Grundstein für die neue hirnähnliche Computerarchitektur, die innerhalb er nächsten zehn Jahre im Human Brain Project entwickelt werden soll.