Noch vor ein paar Wochen lagen die staubigen, trümmerübersäten Straßen in Shejahijya in der Hitze. Jetzt haben die ersten heftigen Regenfälle alles in Schlamm verwandelt. Samir Hassanein ist verzweifelt:
"Schau her, wir sind völlig durchnässt. Mein Gott, was sollen wir nur machen. Es ist doch Winter und wir können nicht weiter im Zelt bleiben."
Mehr als 100.000 Menschen sind obdachlos, auch mehr als zwei Monate nach dem – vorläufigen – Ende des Gaza-Kriegs. Viele der betroffenen Familien campieren nach wie vor in Klassenzimmern von UN-Schulen, einige haben Container zugewiesen bekommen wie Yousef Al-Najjar in Khan Younis im Süden des Gaza-Streifens.
"Es ist nicht nur Regenwasser, sondern auch Abwasser, das in unseren Container reingelaufen ist. Alles was wir haben ist nass, wir können uns nicht mal hinsetzen."
Im Gazastreifen, am östlichen Rand des Mittelmeers, sind es nicht etwa Schnee oder Frost, die den Menschen zu schaffen machen. Dafür umso mehr der Regen: In der Trümmerwüste von Khuzaa waten die Menschen durch eine knietiefe braune Brühe, an vielen Stellen ist die Kanalisation von Bomben getroffen, die Abwasserpumpen arbeiten nicht ohne Strom. Und das einzige Elektrizitätswerk, das sie nach einem israelischen Bombentreffer wieder zum Laufen gebracht haben, liefert gerade gar keinen Strom: Es fehlt der Treibstoff.
Zu schaffen macht den Gazanern aber auch die Aussicht, dass es nicht wirklich besser wird. Auch der palästinensische Ökonom Maher al-Tabaa sagt:
"Als die Waffenruhe Ende August kam, da haben die Bewohner des Gazastreifens gedacht, dass die Abriegelung nach acht Jahren zu Ende geht, dass alle Grenzübergänge aufgemacht werden, dass Waren und Baumaterial reinkommen. Aber nach einer Weile hat sich wieder Pessimismus breitgemacht, die Abriegelung dauert an und es kommt nur wenig Baumaterial."
Zu wenig Baumaterial kommt über die Grenze
Zehn Jahre würde ein Wiederaufbau dauern, rechnen Beobachter wie Tabaa vor, wenn weiterhin so wenig Baumaterial aus Israel in den Gazastreifen kommt wie bisher. Momentan kommt aber gar nichts über den Grenzübergang Kerem Shalom. Israels Regierung hat am Freitag alle Übergänge geschlossen, bis auf weiteres. Das ist die Reaktion auf ein Geschoss, das aus dem Palästinensergebiet abgefeuert wurde. Die israelische Armee kann aber nicht sagen, was es denn war, eine Rakete oder nur eine Mörsergranate. Der einzige Weg nach draußen, über den ägyptischen Grenzübergang bei Rafah, ist auch schon wieder dicht, nach einem Terroranschlag auf ägyptische Soldaten auf der Sinai-Halbinsel.
Leichter wird es nicht für die Palästinenser, erst recht nicht im wichtigsten Krankenhaus von Gaza-Stadt. Das Al-Shifa bekommt für seine Patienten keine Lebensmittel mehr geliefert; die Klinik kann Rechnungen von umgerechnet 170.000 Euro nicht bezahlen.
In den zerbombten Gebieten wächst die Verzweiflung der Gazaner, denn es kommt mehr Regen, es wird kälter.
"Im Sommer ist es hier schon nicht auszuhalten. Aber im Sommer kann ich unterm Baum schlafen. Aber jetzt geht das nicht mehr."
So wie die anderen Bewohner von Gaza hat zwar auch Husni Sukar von den Milliarden gehört, die Amerikaner, Europäer und arabische Staaten für den Wiederaufbau versprochen haben. Aber solange die bewaffneten palästinensischen Gruppierungen und Israel keinen dauerhaften Waffenstillstand vereinbaren, wird das alles wohl nichts bringen.