Nachdem Javier Valdez die Redaktion von Rio Doce verlassen hat, wurde sein Wagen von einigen Individuen gestoppt. Sie zwangen ihn auszusteigen und erschossen ihn sofort.
Mit dem 50-jährigen Javier Valdez verlor einer der besten Kenner des Drogenterrors unter den mexikanischen Journalisten sein Leben. Er war Korrespondent der französischen Nachrichtenagentur Agence France Press und der linksliberalen Tageszeitung La Jornada.
Einsatz unter hohem Risiko
Vor Jahren hatte er Rio Doce gegründet, eine Wochenzeitung, in der er sich vor allem um die Aufklärung der Geschäfte der Drogenmafia im Bundesstaat Sinaloa und ihre Verstrickungen mit dem politischen System widmete.
Auch in mehreren Büchern hat er sich damit beschäftigt und 2011 für sein risikoreiches Engagement den Internationalen Preis für Pressefreiheit erhalten. Mehrfach wurde er bedroht.
"2009 warfen sie eine Granate in die Redaktion von Rio Doce. Sie verursachte nur materielle Schäden, hat uns aber zutiefst erschreckt, was wohl ihre Absicht war", sagte Valdez.
Leben in ständiger Angst
Doch Javier Valdez und seine Kollegen ließen sich dadurch von ihren Recherchen genauso wenig abhalten wie von telefonischen Morddrohungen, obwohl der Bundesstaat Sinaloa einer der gewaltreichsten und für Journalisten gefährlichsten in Mexiko ist. Über die Gefahrenlage hat er noch vor kurzem geschrieben:
"Die Situation ist konfus, es herrscht Paranoia, wir leben in ständiger Angst, wenn wir das Haus verlassen. Wir fürchten nicht nur die Drogenbanden, sondern auch die staatlichen Organe, die nichts dagegen tun oder sogar mitmischen."
Bedroht von verschiedenen Seiten
Javier Valdez wurde sehr wahrscheinlich von der Mafia ermordet. Doch nicht nur sie ist für die Gewalt in Mexiko verantwortlich – wie die unabhängige Presseorganisation "Freiheit im Widerstand" festgestellt hat.
Es ist oft müßig zu fragen, wer der Auftraggeber dieser Aggressionen ist, denn die Grenzen zwischen dem Terror der Drogenbanden und dem Terror des Staatsapparats sind fließend – wie der Fotoreporter Emmanuel Guillén Lozado berichtet.
"Politiker, Unternehmer und die Köpfe der Kartelle sind Teile desselben Monstrums der Gewalt. Sie stützen sich dabei auf das System der Straflosigkeit. Exekutionen, Entführungen und Folterungen werden in Mexiko zu 99 Prozent nicht geahndet. Man kann also ganz ruhig jemanden umbringen."
Lieber totschweigen als sterben
Die straflos bleibende Gewalt basiert auf einem Netz der Korruption, in dem weite Teile der Gesellschaft und der gesamte Staatsapparat verstrickt sind. Jeder Journalist, der dieses Dickicht zu durchdringen versucht, muss um sein Leben fürchten.
Viele Journalisten schreiben inzwischen nicht mehr unter ihrem Namen über solche Fälle. Manche Medien berichten – aus Selbstschutz – überhaupt nicht mehr darüber.
"Wir werden immer weniger" – hat Javier Valdez geschrieben, als im März Miroslava Breach, eine Kollegin von La Jornada, auf offener Straße ermordet wurde. Mit ihm ist jetzt eine weitere mutige Stimme zum Schweigen gebracht worden: die sechste in zwei Monaten. In Mexiko ist nicht nur die Presse gefährdet, sondern auch die Demokratie.