Adrian Dragomir zieht aus dem Schrank eine historische Fahne hervor. Ein Adler ist darauf zu sehen, den eine Krone ziert - das Staatswappen der Monarchie.
Diese Krone führt Rumänien jetzt wieder in seinem Wappen ein, um an die eigene royale Vergangenheit zu erinnern. Dragomir wird das neue Aufträge bescheren für sein 15-Mann-Unternehmen, das in Bukarest Flaggen näht:
"Ich bin kein Anhänger der Monarchie", sagt der 45-Jährige, "Aber fest steht, dass unser Land damals seine Blütezeit hatte und ein stark respektiertes Land in Europa war. Heute ist es ein bisschen umgekehrt."
König Mihai kündigte die Allianz Rumäniens mit Hitler-Deutschland auf
Dass Rumänien neuerdings wieder mit der königlichen Vergangenheit kokettiert, zeigt sich auch anderer Stelle: Die Regierung will laut einem Gesetzentwurf den Status der Königsfamilie ändern: Die als Privatpersonen im Land lebende Dynastie soll künftig den Status einer juristischen Person besitzen. Als staatlich finanzierte Würdenträger müssten die früheren Regenten dann allerdings auch der Republik dienen. Eine groteske Symbiose findet Unternehmer Dragomir:
"Mir scheint das pure Demagogie. Die Politik versucht nur Kapital aus dem guten Ruf des Königshauses zu ziehen. Mehr steckt nicht dahinter."
Respekt und Sympathie zollen viele Rumänen ihrer Königsfamilie und vor allem ihrem Ex -Monarchen, Mihai dem Ersten. Der inzwischen 94-Jährige hat ein wechselvolles Königsleben hinter sich. Seine wichtigste politische Entscheidung traf er im Zweiten Weltkrieg, als er Ende August 1944 die Allianz mit Hitler-Deutschland aufkündigte.
Der damals 22-Jährige wollte mit einem Frontwechsel ein schnelles Kriegsende für sein Land erreichen. Er konnte aber nicht verhindern, dass nach dem Krieg die Kommunisten die Macht übernahmen. 1947 musste Mihai abdanken. Von seinem Exil in der Schweiz übte er immer wieder Kritik am Ceausescu-Regime.
Die politische Klasse Rumäniens gilt als korrupt
"Die Menschen haben angehalten, als er kam. Sie erstarrten vor Staunen und Emotionen", erzählt Marilena Rotaru. Die Journalistin begleitete 1997 den König für eine Fernsehreportage durchs Land, nachdem er seine rumänische Staatsbürgerschaft zurückerhalten hatte:
"Die Leute suchten sich am Straßenrand irgendetwas, um damit zu winken, und wenn es Unkraut war. Der König hat immer den direkten Kontakt mit seinem Volk gesucht. Man kann ohne zu zögern sagen: Er ist die höchste moralische Instanz Rumäniens.
In Umfragen steht der frühere König auf Platz eins der vertrauenswürdigsten Persönlichkeiten des Landes, auch wenn er nur monatsweise in Rumänien lebt. Mihai gilt als bescheiden, als würdevoll, als ein Staatsoberhaupt, das allein den Interessen des Landes gedient habe - all das, was die Rumänen heute gemeinhin nicht mit ihren Politikern verbinden. So wie etwa die bekennende Monarchistin Marilena Rotaru:
"Die gesamte politische Klasse ist doch korrupt. Und jetzt nimmt sie das Königshaus wie einen Juwel, den sie der Republik ans Revers heftet. Das ist doch inakzeptabel."
Ex-König Mihai hatte schon für den Beitritt Rumäniens in die EU geworben
Das Königshaus sieht das allerdings anders. Der inzwischen schwer erkrankte Ex-König Mihai bezieht derzeit als früheres Staatsoberhaupt monatlich mehr als 1.000 Euro vom Staat und darf gratis in einem Palast wohnen. Laut Gesetzprojekt der Regierung soll das nach seinem Tod dann auch für seine Nachfolgerin gelten: Mihais älteste Tochter Margareta.
Zudem will die Regierung Aktivitäten der Königsfamilie finanzieren, die für ein gutes Image des Landes sorgen. Um welche Summen es dabei gehen soll, hat bis jetzt die Öffentlichkeit noch nicht erfahren. Neu ist diese Lobby-Idee keineswegs. Ex-König Mihai hatte in der Vergangenheit schon für den Beitritt Rumäniens in die EU und in die Nato geworben, vor allem bei den Monarchien, die es immerhin noch in einem Viertel aller EU-Staaten gibt.
"Unsere Politiker pflegen die Zwangsvorstellung, dass sie durch Lobbyarbeit das Negativ-Image Rumäniens reduzieren können", kritisiert der Bukarester Politologe Cristian Pirvulescu. "Dass der Imagewechsel nur über einen effizienten Antikorruptionskampf erfolgen kann, vor allem innerhalb der politischen Klasse - daran glauben sie dagegen nicht. Sie setzen lieber auf Lobby-Arbeit. Dieser Illusion geben sie sich seit über 25 Jahren hin."