Die Schule an der Haunstettener Strasse von Augsburg ist ein riesiges Gebäude. Zwei Berufsschulen sind dort untergebracht. Man kann Klempner, Kfz-Mechatroniker, Koch oder Bäcker werden.
In der Klasse von Richard Beck geht es an diesem Vormittag um Kartoffeln. Es ist eine der fünf Flüchtlingsklassen im Haus. Sein Gastronomiekurs bildet zukünftige Köche aus. Unterstützt wird er per Teamteaching von einer Deutschlehrerin, falls seine Schüler ihn nicht verstehen.
An dem einem Tisch sitzen junge Männer zwischen 16 und 21 Jahren aus Afghanistan, Eritrea, Kosovo, Ukraine und dem Irak, am anderen Tisch junge Männer und Frauen aus Polen, Italien und Spanien.
"Ich komme aus dem Irak, ich bin 21 Jahre alt und ich will eine Ausbildung machen als Maschinen- und Anlagenführer und ich hoffe, ich schaffe es. Hier gefällt es mir gut in der Schule, alles läuft gut."
"Ich komme aus Afghanistan, ich bin seit zwei Jahren in Deutschland. Seit dem 15. September bin ich an dieser Schule, ich will hier den Hauptschulabschluss machen und dann als Elektriker einen Beruf lernen."
"Ich komme aus Eritrea, ich bin 19 Jahre alt, zehn Monate war ich in der Sprachschule und jetzt hier. Ich würde gern Metallbau machen oder andere Sachen."
Das Thema Kochen interessiert die meisten hier nicht wirklich, obwohl Köche dringend in den deutschen Gastronomiebetrieben gesucht werden. Es geht vor allem um die deutsche Sprache, um das Sprechen und eine Idee davon, was die Flüchtlinge später in Deutschland mal arbeiten könnten. Deshalb dürfen sie, wenn ihnen der Kurs nicht gefällt, jederzeit in eine der anderen fünf Flüchtlingsklassen wechseln.
Berufsschulen als Integrationsfaktor
Hauptsache, sie reden Deutsch und sitzen nicht perspektivlos und frustriert auf der Straße, sagt Schulleiterin Anna Hoffmann. Sie kennt sehr wohl die Verantwortung der Berufsschulen in Deutschland, alle schulpflichtigen Flüchtlinge zwischen 16 und 21 Jahren aufzufangen, die keine Regelschule besuchen können. Egal wie viele noch kommen werden:
"Also wir müssen da schon darauf achten, dass wir wirklich dafür sorgen, dass die integriert werden, dass sie sich zu uns gehörig fühlen irgendwie, dass sie unsere Regeln akzeptieren, unsere Kultur akzeptieren, unser Wissen, die Möglichkeiten, die sie bei uns finden, die sind ja vielfältig, aber das ist ganz wichtig, dass sie auch diese Dinge annehmen."
Rund 100 Flüchtlinge werden derzeit in ihren fünf Flüchtlingsklassen betreut. Darunter eine für Analphabeten, überwiegend junge Frauen, die in ihren Heimatländern nicht zur Schule gehen durften.
Die Zahl der Schüler variiert ständig, weil neue hinzukommen, andere einfach verschwinden. Keine einfache Situation. Dabei reicht die Zahl der insgesamt 13 Flüchtlingsklassen an den zwei Berufsschulen in Augsburg jetzt schon nicht aus, sagt Koordinierungslehrer Hubert Maier:
"Ja wir haben derzeit schon die Situation in Augsburg. Wir haben 35 Jugendliche auf der Warteliste, das wären noch mal zwei Klassen, die wir nicht auffangen können. Wir haben ja insgesamt schon dreizehn Klassen."
In anderen Bundesländern werden Flüchtlinge in Halbtagsklassen je vormittags und nachmittags beschult, das ermöglicht eine Verdopplung der Schülerzahl. Das bayerische System, allen eine Ganztagsbetreuung zukommen zu lassen, ist in Deutschland nicht die Normalität. Davon will man im bayerischen Kultusministerium auch nicht abrücken. Halbtags bringe den Schülern gar nichts, ist Schulleiterin Hoffmann überzeugt. Mehr Schüler aufnehmen könne sie aber auch nicht:
"Kann ich nicht. Ich habe ein gewisses Lehrerpersonal und das ist voll verteilt im Haus für den Unterricht, das ist voll aufgebraucht. Ich habe niemanden für zusätzliche Leute und Klassen. Nichts."
Sie habe gehört, dass derzeit rund 10.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Schwaben zu versorgen seien, ungeachtet der täglichen Neuankömmlinge, sagt Schulleiterin Hoffmann resigniert.
"Die kommen auf eine Warteliste, wir versuchen ja irgendwie, eine Lösung herbeizuführen mit Hilfe der Behörden. Wie die damit umgehen, keine Ahnung, fragen sie mich nicht, da müssen wir abwarten, wie das Problem gelöst wird. Es wird vermutlich am Anfang ziemlich chaotisch werden oder riesige Listen entstehen, die Leute nicht untergebracht sein, die werden warten müssen, ganz einfach, weil wir es nicht leisten können."