Sollte ein Protagonist auf Abnahme des Films bestehen, wünscht sich Filmemacher Stephan Lamby eine klare Positionierung von Dokumentarfilmerinnen und -filmern. Der Grundsatz der unabhängigen Berichterstattung müsse gewahrt bleiben, so Lamby. "Und dieser Grundsatz ist gefährdet, wenn man einem Protagonisten oder einer Protagonistin ein Mitspracherecht bei einem Film oder einem Text eingesteht."
Als Beispiel nennt Lamby ein viertägiges Interview mit Helmut Kohl, das er und sein Team vor 14 Jahren gedreht haben. Der ehemalige Kanzler habe gesagt, er wolle das Interview gerne abnehmen. Für das Filmteam kam das allerdings nicht in Frage.
Grenzen vertraglich festlegen
"Wir haben gesagt, das können wir nicht tun. Weil Kohl dann Regisseur des Film über sich selbst werden würde. Wenn das ruchbar würde, würden wir als Autoren für alle Ewigkeiten beschädigt sein und der Film wertlos." Kohl habe das eingesehen, respektiert und auf alle Fragen geantwortet - und später weder das Interview noch den Film vor der Ausstrahlung zur Kenntnis bekommen.
So einsichtig sei nach Lambys Erfahrung aber nicht jeder. Ein Protagonist habe darauf bestanden, den Film vor der Ausstrahlung gezeigt zu bekommen. "Wir haben dann darauf verzichtet, den ganzen Film zu realisieren - was sehr ärgerlich war, aber die Bedingung konnten wir nicht erfüllen."
Lamby rät, dass jeder Vertrag deshalb beeinhalten solle, dass der Interviewpartner mit der Ausstrahlung des Interviews einverstanden ist - "aber nicht, dass er den Film zur Kenntnis bekommt. Und erst recht nicht das Recht, den Film abzunehmen."