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Mobile World Congress
Chancen nur noch in Schwellenländern

Facebook-Chef Mark Zuckerberg war dieses Jahr der Topredner auf dem Mobile World Congress in Barcelona - ein echter Aufreger im sonst so geschmeidigen Messetrubel. Der Internetstar versuchte den Granden der Mobilfunkbranche zu erklären, wie sie wieder Geld verdienen können.

Von Manfred Kloiber, Barcelona |
    "Nachdem Facebook den Meilenstein erreicht hat, über eine Milliarde Menschen miteinander zu verbinden, haben wir uns gefragt: Bei welchem Problem in der Welt können wir jetzt helfen? Wir wollen ja nicht nur ein Siebtel der Weltbevölkerung online bringen, sondern alle Menschen. Es geht ja nicht um den Internetzugang an sich, sondern um die Möglichkeiten online: Viele Menschen bekommen dadurch erst Zugang zu Krediten, um ein Geschäft aufzubauen oder ein Haus zu kaufen. Oder Zugang zu Gesundheitsinformationen, um die Kinder gesünder auf zu ziehen. Oder Zugang zu Bildungsmaterialien. Es gab gerade eine Studie einer großen Unternehmensberatung: Danach würde ein besserer Zugang zum Internet für Menschen in Entwicklungsländern mehrere hundert Millionen Menschen Arbeit verschaffen und so Armut vermeiden. Die Kindersterblichkeit könnte um bis zu sieben Prozent sinken und Millionen Menschenleben retten. Das ist doch ein sehr wichtiges Problem, an dem wir arbeiten sollten."
    Wachstums-Chancen nur noch in Schwellen- und Entwicklungsländern
    Das war Facebook-Chef Mark Zuckerberg über sein Projekt Internet.org. Und damit herzlich willkommen zu unserem Bericht über den Mobile World Congress - dem Branchenereignis der Mobilfunkwelt, das Montag bis Donnerstag in Barcelona stattfand. Zuckerberg war dieses Jahr der Topredner in der Katalanischen Hauptstadt. Und für viele Besucher war sein Auftritt im Auditorium in Messehalle 4 ein regelrechter Stachel im sonst so geschmeidigen Messetrubel. Zuckerberg, der Internetstar, wollte den Dinosauriern der Telekommunikationsbranche erklären, wie sie ihr Geschäft wieder profitabel machen können. Der Markt mit drahtlosem Internet und schicken Smartphones ist ja in den reichen Industrieländern ziemlich gesättigt, große Wachstums-Chancen gibt es nur noch in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Und da hat Zuckerberg seine ganz eigenen Vorstellungen – er will auch im Mobilfunk das Kostenlos-Modell des Internet einführen:
    "Ein großer Teil unserer Vorstellungen beschäftigt sich mit so einer Art Einstiegshilfe für’s Internet. Und ein Modell ist ähnlich wie beim ganz normalen Telefon: Da gibt es kostenfreie Telefonnummern für den Notfall und für ganz grundlegende Basisinformationen. Wir wollen diese Basisdienste auf das Internet übertragen. Es sollte also eine Handvoll Dienste geben, die kostenlos verfügbar sein sollten. Messaging, Wettervorhersage, Nahrungsmittel-Preise, oder Sachen wie Wikipedia, Basis-Suche, Basis Social Media. Also Basisdienste, auf die jeder zugreifen können sollte."
    Facebook-Tochterfirma WhatsApp setzt die Netzbetreiber unter Druck
    Auch wenn Zuckerberg der lebende Beweis ist, dass das Kostenlos-Modell funktioniert - in Barcelona konnte er mit seiner Aktion Internet.org nur schwer landen. Das lag auch ein bisschen daran, dass die neuerworbene Facebook-Tochterfirma WhatsApp die Netzbetreiber immer heftiger unter Druck setzt. Mit WhatsApp konnten sich die 500 Millionen Nutzer bislang kostenlos Textnachrichten von Smartphone zu Smartphone schicken. Vorbei an jeder kostenpflichtigen SMS. Und während Zuckerberg für Internet.org warb, kündigte der WhatsApp-Chef Jan Doum an, über WhatsApp demnächst auch noch kostenlos telefonieren zu können. Noch ein Schlag der neuen Internet-Welt gegen die altehrwürdige Telekommunikationsbranche.
    Auch das Gespräch mit Jochen Dose, am Stand der Firma Tyntec in Halle 7, einem mittelständischen Spezialanbieter für Mobilfunklösungen aus München, landet ganz schnell bei Zuckerberg, Whatsapp und der Zukunft des Mobilfunkmarktes. Geschäftsführer Dose sieht das gelassener und erinnert sich an Skype. Auch als der Videotelefonie-Dienst vor einigen Jahren in den Mobilfunkmarkt drängte, ging bei den Netzbetreibern die Angst um Ihre teuren Gesprächsminuten um. Da redet heute kaum noch jemand drüber. Und auch die SMS ist für ihn noch lange nicht tot. Denn Doses Firma will damit Geld verdienen. Sie bietet Onlinedienstleistern an, die SMS als sicheren Rückkanal für Registrierungen oder Bestellungen zu nutzen:
    "Während des Registrierungsprozesses kommt es immer wieder zu Abbruchprozessen, weil zum Beispiel der Kunde ein Tippfehler in seiner Mobilfunknummer hat. Wir können dort Dienstleistungen unter anderem anbieten, die dazu führen, dass noch während der Registrierung die Rufnummer überprüft wird und das Unternehmen feststellen kann, Moment, hier liegt ein Fehler vor. Traditionell gibt es über 15-17% Fehlerquoten und wenn ich dran denke, dass ich hier diese Fehlerquote ausmerzen kann, dann kann ich damit die Profitabilität meines Neukundengewinnungsprozesses deutlich nach oben steigern. Das funktioniert mit der SMS."
    Fehlerquoten bei SMS ausmerzen
    Also quasi eine SMS mit Zustellbescheid. Dazu werden die Botschaften des Zentralen Zeichenkanals 7 ausgewertet, eine Art Protokollhighway des weltweiten Telefonnetzes. Über diesen Kanal tauschen die Netzbetreiber Informationen wie "Besetzt", "Teilnehmer nicht verfügbar" oder "Rufnummer unbekannt" aus. Und diese Informationen sind richtig Geld wert, wenn Unternehmen wissen wollen, ob sie Ihre Kunden auch wirklich erreichen. Da spielt es dann – so Dose - keine Rolle, ob die einzelne SMS nun ein zehntel Cent oder einen Cent kostet.
    Mit dem Aufreger schlechthin - mit dem Auftritt von Zuckerberg und seinem Neuerwerb Whatsapp - startet auch das Gespräch mit Oliver Meyer von der Fanzlive Europe GmbH. Meyer zeigt "Interact" - eine Smartphone-App speziell für Fanclubs von Sportvereinen oder Musikern, die den bekannten Sozialen Netzwerken Konkurrenz machen soll:
    "Also es geht im Prinzip da drum, dass man heute ja, wenn man auf Facebook ist oder auf Twitter, zwar eine Community hat. Aber man kann mit dieser Community nicht arbeiten und auch diese Werte, die dabei entwickelt werden können, das bleibt alles in Facebook oder in Twitter. Man kann sehen, das führt dann zu 18 Milliarden in der Übernahme für WhatsApp, aber selber, wenn man selber sozusagen als Firma oder als Thema eine eigene Community hat, die man selber aktivieren möchte, nicht nur finanziell, sondern auch in der Aktion untereinander, dann muss selber sozusagen seine Micro-Community outsourcen. Und was wir tun ist, dass wir die Möglichkeit bieten, diese Micro-Community zusammenzufassen. Und das wir die Möglichkeit haben, diese auch auf dem Mobiltelefon stattfinden zu lassen."
    Mit dem Schalke 04 Fanclub-Verband hat das Unternehmen seinen Testballon gestartet. Apps für iOS und Android wurden im Design der Ruhrpott-Kicker gestaltet. Und das Servicecenter im Hintergrund sorgt dafür, dass sich die Zielgruppe - die Micro-Community - in den Blogs und Foren über ihre Themen austauschen kann. Für den Betreiber hingegen sind die Werbeflächen wichtig - damit refinanziert werden kann, wie es im Branchen-Jargon heißt.
    Crowd Testing
    Nicht weit von Oliver Meyer entfernt steht im App-Pavillion in Halle 8 des Mobile World Congress Philipp Benkler am Gemeinschaftsstand Bayern und präsentiert seine Internet-Plattform Testbirds. Benkeler und seine Kollegen denken nicht an eine kleine Zielgruppe und wie man mit ihr kommuniziert. Benkeler denkt an die Masse der Nutzer - an die Crowd. Noch während des Studiums zum Wirtschaftsingenieur kam er mit Freunden auf die Idee, möglichst viele Smartphone-Nutzer zum Testen von Apps einzuspannen. Crowd-Testing nennt er das und hat es mir erklärt:
    "Wir haben 20.000 Leute bei uns auf der Plattform - in ganz Europa und wir können im Prinzip zielgruppenspezifisch mit deren Endgeräte Tests fahren. Und was man einfach macht, man registriert sich einfach, macht einen kleinen Einstiegstest, verrät ein bißchen was, über sein Profil und sagt welche Endgeräte man hat: Welche Smartphone, Tabletts, Computer man hat. Und so bald es dann Tests gibt, der auf die Zielgruppe, der auf das Gerät paßt, dann bekommt man von uns per e-mail eine Einladung. Alles völlig frei, man muss nichts zwingend machen. Wenn man Lust hat ein bißchen Geld zu verdienen, gerne willkommen."
    Wie stellen Sie denn sicher, dass die Qualität eines Testes gewährleistet ist, damit der Kunde auch wirklich etwas damit anfangen kann, bei so vielen Menschen, die da mitmachen können?
    Apps werden mittlerweile für jeden Normalverbraucher gebaut. Die werden für Frauen, für Männer, für Studenten, für ältere Menschen, für alle Zielgruppen gebaut gebaut, von daher ist es enorm wichtig, dass ich ganz unterschiedliche Herangehensweisen habe, wie ich eine App teste. Nicht ein Spezialist testet auf 20 Geräten, sondern 20 normale Leute testen jeweils auf einem Gerät. Intern in der Abwicklung kümmern sich unsere Projektmanager dann darum, dass jeder Tester auch ausführlich testet und das komplette Testkonzept durcharbeitet.
    Das ist ja, glaube ich, für einen Softwareentwickler ein ganz großes Problem, wenn man vor allen Dingen auf Android programmiert, dass es ja gar nicht das Android gibt.
    "Ja, das ist richtig. Gerade für Android-Geschichten ist es natürlich der größte Albtraum, den man sich vorstellen kann. Ich bin Entwickler und muss schauen, dass es auf allen Endgeräten funktioniert. Zumal Sie ja nicht nur ein unterschiedliches Display haben, sondern Sie haben auch unterschiedliche Performance, Sie haben unterschiedliche Displaygrößen, Sie haben unterschiedliche Provider. Sie müssen sicherstellen, dass es auf den Wichtigsten funktioniert. Mit 20.000 Leuten erreichen wir über 30.000 Endgeräte. Da sind mit Sicherheit, die Endgeräte dabei, die unsere Kunden gerade brauchen für einen Test."
    Noch einmal zurück zu Zuckerberg und der Welle, die sein Auftritt in Barcelona geschlagen hat. Für Aufregung hat auch noch ein zweiter Mann gesorgt. Phil Zimmerman - der Erfinder des Email-Verschlüsselungssystems Pretty Good Privacy. Schon im November 2012 kündigte er mit Silent Circle eine Software zum sicheren, weil verschlüsseltem Telefonieren per Smartphone an. Zwischenzeitlich hat er zusammen mit dem spanischen Smartphone-Hersteller Geekphone eine neue Firma Namens Blackphone gegründet. An einer eigentlich überschaubaren Ecke des Gemeinschaftstandes Spanien musste ich mich durch eine riesige Menschentraube kämpfen, um John Callas vor’s Mikrofon zu bekommen. Callas, der Cheftechniker von Blackphone, ist schon heiser von den vielen Antworten, die er der Masse geben musste.
    "Unser Hauptvorteil ist, dass das Blackphone schon mit Einstellungen, mit extra Software und mit extra Diensten ausgestattet ist, die sie beim Datenschutz und bei der Datensicherheit unterstützen. Zum Beispiel haben Sie vier Abonnements für Silent Circle für die sichere Kommunikation. Es gibt Spider Oak, sichere Clouddienste. Sie können sicher browsen und auch den sicheren WLAN-Manager haben wir selbst entwickelt mit einer sehr ausdifferenzierten Freigabemöglichkeit für einzelne Apps, die sie selbst einstellen können. Und sie bekommen einen genauen Überblick, welche Apps was genau auf Ihrem Smartphone machen. Denn 85 Prozent aller Apps tun etwas, das sie nicht erwarten würden. Also, sie sehen bei den ganzen heruntergeladen Apps, welche davon zum Beispiel ihren Aufenthaltsort wissen oder auf Ihre Fotos zugreifen will. Und sie können dafür einzelne Berichtigungen vergeben oder zusammengefasst nach Gruppen oder Kategorien. Sie sehen, welche Berichtigungen jede einzelne App hat."
    630 Dollar soll das Blackphone kosten und schon bald ausgeliefert werden. Für die Dienste wie Silent Circle oder Spider Oak allerdings werden nach einem Jahr zusätzlich Abo-Gebühren fällig. Dafür aber gibt Blackphone noch ein weiteres Versprechen ab, das im Smartphonemarkt für Android-Geräte nicht gerade üblich ist: Man will regelmäßig Sicherheitsupdates für das Blackphone schicken.
    Themenwechsel - wenden wir uns einem anderen, großen Thema des diesjährigen Mobile World Congresses zu: Dem Auto. Denn das Auto ist für die ganze Mobilfunkbranche ein wirklich spannendes Gebiet. Zum einen können Autos per Mobilfunk wunderbar mit dem Rest der Welt verbunden werden. Zum Beispiel mit dem Hersteller. Oder mit dem Händler. Oder mit der Versicherung. Womit die wichtigsten drei schon genannt wären.
    Das Auto ist für die Mobilfunkbranche interessant
    Der andere Grund, warum das Auto für die Mobilfunkbranche interessant ist, ist die Tatsache, dass die Nutzer auch während der Fahrt nicht vom Handy lassen wollen. Vom unerlaubten Telefonieren mit Handy am Ohr während der Fahrt mal ganz abgesehen: Immer öfter wird - eine Hand am Steuer, die andere am Handy - gemailt, getwittert oder sonst was gemacht. Besser wäre es, wenn das Handy dafür über die im Auto typischen Schnittstellen, sprich Armaturenbrett und Lenkrad gesteuert wird. Dieses Ziel verfolgt jedenfalls das Connected Car Consortium, mit dessen Technischen Leiter Jörg Brakensiek ich zum Interview am Congress Square, dort wo die ganzen Verbände und Organisationen ausstellen, verabredet bin. Dem CCC gehören fast alle großen Auto- und Handyhersteller an. Und für die Verbindung von Auto und Handy haben sich die Mitglieder auf MirrorLink geeinigt:
    "Was MirrorLink bietet, ist ein sicherer ein verantwortlicher Zugriff auf sein Telefon während der Fahrt. Das Gerät muss nicht angefasst werden. Es muss auf das Gerät nicht geschaut werden, sondern ich kann die Elemente verwenden, die das Fahrzeug mir bereitstellt."
    Das wird mir im Gespräch mit Brakensiek ganz klar: Ins Auto, dessen Eigenschaften und Unterscheidmerkmale schon heute zum größten Teil von der Software in den verschiedenen Steuercomputer und vor allem im Entertainment-System bestimmt wird, - auch ins Auto zieht das App-Modell ein. Wer sich erst mal nur die Grundausstattung kauft und später dann doch mehr Auto haben will, der geht demnächst nicht mehr zu seinem Autohändler oder in den Tuning-Shop, sondern in den Auto-App-Store.
    Diese Aussichten werden den Autohandel sicher schrecken, denn er wird einen großen Teil seines Umsatzes abgeben müssen – so wie es vor ihm der Buchhandel erlebt hat, der Schuhhandel oder auch der Möbelhandel. Der ganze Einzelhandel stellt sich zur Zeit darauf ein, seine einstigen Präsenzkunden auch in Zukunft halten zu können, wenn es sein muss auch über das Smartphone oder den Tablet-Computer als Online-Kunden. Das weiß auch Dr. Thomas Alt vom Münchener Softwarehaus metaio. Und er kennt auch die Probleme – denn die Kunden können sich trotz hochaufgelöster Produktbilder und raffinierter 3D-Ansichten oft nicht vorstellen, wie die Waren in echt aussehen, zum Beispiel wie ein Möbelstück im eigenen Zimmer steht. Die Folge sind enorm hohe Rückläufer-Zahlen. Im Auftrag eines großen Möbelhauses hat seine Firma deshalb eine Augmented Reality-Lösung für den Papier-Katalog entwickelt. Während des Interviews wähle ich einen Büro-Stuhl aus, den er mir virtuell auf den Messestand in Halle 8 beamen soll. Und lässt er erst einmal den Katalog auf den Boden fallen:
    "Wie funktioniert das konkret? Man legt den Katalog auf seinen Boden im Wohnzimmer, nimmt sein Smartphone raus, schaltet die Kamera ein, mit einer entsprechenden App und sieht die 3-D-Möbelstücke in dem Wohnzimmer."
    Das Handy zeigt mir dann an, wie dieser Stuhl in meiner normalen Umgebung, in meinem Wohnzimmer aussehen würde?
    "Ja, genau richtig, das Handy ist ausgestattet mit einer Software; mit einer Bildverarbeitungssoftware, die den Katalog erkennt und wenn der Katalog erkannt wird, kann man 3-D-Möbelstücke in ein Wohnzimmer Reinstellen."
    Jetzt haben Sie hier einen Tablett-Computer und halten den hier auf den Boden, da wo der Katalog des Möbelhauses liegt und jetzt erscheint ein Stuhl, den Sie ausgewählt haben, wenn Sie den Tablett-Computer jetzt bewegen, dann wird der Stuhl ja auch richtig gezoomt, die Größe wird angepasst. Wie machen Sie das denn?
    "Ja, Das ist der Clou, die Bildverarbeitung erkennt die Dimensionen des Kataloges und wenn sie die Dimension des Kataloges erkannt hat, dann wird das Objekt entsprechend skaliert in den Raum gestellt."
    Auch wenn der Stuhl selbst im Vergleich mit den echten Objekten auf dem Tablett-Schirm etwas künstlich aussieht, weil er aus den Cad-Daten des Herstellers in Bild reingerechnet wird, der Effekt ist verblüffend. Ein kleines Problem haben die Münchener Softwareentwickler allerdings mit dem Stromverbrauch ihrer Applikationen – denn diese extrem aufwendige Bildverarbeitung kostet enorm viel Rechenleistung, was ja bekanntlich schnell auf den Akku geht.
    Kleinste Kamera der Welt
    Mit zunehmend komplexer werdenden Aufgaben der Bildverarbeitung für Smartphones und vor allem in Zukunft für sogenannte Cyber Physikalische Systeme, also Kleinstcomputer, die autonom irgendwo Ihren Dienst verrichten und als Umwelt- oder Maschinensensor die Welt beobachten und nach Hause funken - für diese Zwecke denkt Dr. Patrick Gil von Rambus über einen ganz neuen Typ Kamera nach. In einem geschlossenen Besprechungsraum ganz am Ende der Halle 2 zeigt er seine angeblich kleinste Kamera der Welt.
    "Dieser Bildsensor ist ganz speziell, denn er hat keine Optik, sondern er arbeitet mit Lichtbrechung und erzeugt kein herkömmliches Bild auf der Sensorfläche. Sondern die Aufnahmen werden auf ganz spezielle Muster abgebildet, die der Sensor dann von einem Prozessor berechnen lassen kann. Damit können entweder herkömmliche Bilder dann berechnen lassen oder nur bestimmte Aspekte wie zum Beispiel Bewegungen herausrechnen."
    Um auf die Linse verzichten zu können, hat er die Strukturen eines herkömmlichen Bildsensors mit einer spiralförmig gemusterten Maske versehen, an der das einfallende Licht gebrochen wird. Bildsensor und Maske können in einem Herstellungsprozess auf einem Siliziumträger komplett als Chip produziert werden. Doch die Bilder, die diese Kamera mit nur 128 Bildpunkten aufnimmt sind, sind mit herkömmlichen Handyfotos gar nicht zu vergleichen. Erst die Auswertung der Lichtbrechungsprozesse an der gemusterten Maske, so Gil, ergibt verwertbare Informationen. Zum Beispiel über sich bewegende Objekte. Darin liege die Stärke diese Kamera: Dass sie am Ende ganz wenige, aber hoch spezialisierte Daten für vor allem für Bewegungserkennung und die Raumerfassung liefert – und keine schönen Bilder zum Ansehen:
    "Alles, was mit der Welt optisch interagiert, das Bewegungen oder Gesten wahrnehmen soll, wären mögliche Anwendungen. Und auch da, wo die Wellenlänge des Lichtes eine Optik sehr aufwendig machen. Zum Beispiel Linsen für ferne Infrarotstrahlung, die sind sehr teuer. Und das ist ein Ansatz, auf Linsen verzichten zu können."