Alter Verwalter! Fährt mit fossiler Energie, grunzt wie ein Dinosaurier. Spektakuläre Triebabfuhr. Wieviel "Umin" hat der denn? - Erinnerung an Kindertage: Auto-Quartett-Karten. Allein schon die Namen: "Lamborghini!" - "Countach" und "Murciélago", benannt nach Kampfstieren. Das sind also gar keine Autos. Das sind Skulpturen! Oder Bildmotive für Kalender.
Manche Boliden schlucken einen Liter Sprit pro - einem – Kilometer. Sind die an allem schuld, als Symbole für den Kult ums Auto? - Nein, sie sind nicht gemeint in dem Buch "Ohne Auto leben", von Bernhard Knierim. Die Frage, ob man sich eine High End-Karosse zusammen sparen kann, ist sowieso rhetorisch. Gleich der erste Neureifensatz kostet so viel wie ein Kleinwagen.
Der "Lamborghini" ist - als Auto – Quatsch; und der Berliner Biophysiker vom Fach, weil er an der Entwicklung erneuerbarer Treibstoffe mitgearbeitet hat. 40 Millionen Automobile gibt es in Deutschland. Lieferwagen et cetera mit eingerechnet: Für Bernhard Knierim eindeutig zu viele. Eigenes Auto also besser abschaffen, in 2017?
Die Philosopie der "drei V's"
Bernhard Knierim auf der Frankfurter Buchmesse, Ende Oktober 2016:
"Das fände ich nicht zielführend, den Leuten zu sagen: Ihr müsst nur an eurem individuellen Verhalten arbeiten. Wenn man kann, soll man das machen. Aber es müssen auch die politischen Gegebenheiten dafür da sein."
Bemerkenswert, dass der Pro-Bahn- und Contra-Bahnprivatisierungs-Aktivist Bernhard Knierim, der seit Jahren ohne eigenes Auto lebt, eher die Buchmesse als die Internationale Automobilausstellung in Frankfurt besucht. Seine wenigen Sätze in diesem Radiobeitrag stammen dorther. Ganz in seinem Sinn, sagte er am Telefon: Wieder eine Fahrt gespart. "Ohne Auto leben", das ist: Eine Philosophie der "drei V's":
Bernhard Kierim: "Die Verkehrspolitik der drei V's: Verkehr vermeiden, Verlagern auf den öffentlichen Verkehr; und erst an dritter Stelle sollte das sein, was im Moment fast ausschließlich Verkehrspolitik ist: Nämlich das Ganze zu verbessern, effizientere Motoren und so weiter. Hat man gesehen – Abgas-Skandal – dass es damit nicht weit her ist."
Ein Mann – und natürlich auch eine Frau – ein Auto! Davon müsste man abrücken? Gesetzt den Fall, die 40 Millionen deutschen Autos würden – durch die Magie deutscher Ingenieure – über Nacht alle in Elektroautos verzaubert. Dann müssten aber auch Millionen von Bäumen zu Stromzapfsäulen verhext werden. Und am Ende des Tages stünde da die bisher noch gar nicht so richtig aufgetauchte Frage: Wo bitte soll der Strom dafür herkommen; etwa wieder aus Kohlekraftwerken?
Begrenztes Wachstum
Bernhard Knierim: "Wir müssen uns an diesen harten Gedanken gewöhnen, dass es nicht immer weiteres Wachstum geben kann. Das sind alles Vorschläge in dem Buch. Das soll nicht so verstanden werden: Der Moralapostel Knierim erzählt euch, wie es ist."
Carsharing, Radfahren und zum Einkaufen tatsächlich laufen! - Die Tipps, wie man ohne eigenes Auto leben kann, kennt man bereits. Und – das sagt der Autor - von seinem Berliner Kiez aus lässt sich auch eher bequem die Welt neu denken. Was aber ist mit den Millionen, die auf dem Land leben, wo zwei Mal wochentags ein Bus fährt? Die sind ebenso wenig gemeint, wie der "Lamborghini". Bernhard Knierim richtet sein Buch vor allem an die Ebene der Politik, die er unter der Fuchtel der Autolobby sieht. Jeder siebte deutsche Arbeitsplatz hänge direkt oder indirekt vom Auto ab, behauptet die Autoindustrie.
Nein, nur jeder vierzehnte sei es, und das auch nur sehr indirekt, sagen Autoablehner. Schade, dass man Bernhard Knierims informatives und argumentatives Buch nicht lesen kann, wenn man alleine im Auto sitzt, an der Ampel popelt oder aufs Lenkrad haut, weil es wieder nicht weiter geht. Und sich dabei – das ist ja das Prinzip Auto! – autark und unbeobachtet fühlt. Ohne Auto? Das geht ja gar nicht. Oder?
Bernhard Knierim: "Ohne Auto leben – Handbuch für den Verkehrsalltag"
Verlag: Promedia (Wien), ISBN: 978-3-85371-413-3
Verlag: Promedia (Wien), ISBN: 978-3-85371-413-3