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Moscheeneubau in Bukarest
Größere Einflussnahme der Türkei befürchtet

In der rumänischen Hauptstadt Bukarest soll in den kommenden drei Jahren die größte Moschee des Landes entstehen - für rund 1.000 Gläubige. Der Staat stellt das Grundstück, finanziert wird der Bau aber von der türkischen Regierung. Das hat zu hitzigen Diskussionen über die Absichten Ankaras geführt.

Von Annett Müller |
    Blick in die derzeit älteste Moschee von Bukarest, die 1960 gebaut wurde. Vor der Wende war sie Anlaufpunkt für die traditionelle türkisch-tatarische Minderheit im Land, seither wird sie aber auch von vielen Muslimen aus der Türkei und dem Nahen Osten frequentiert. Sie kann bis zu 300 Gläubige fassen.
    Gläubige im Gebetsraum der Moschee in Bukarest. (Deutschlandradi / Annett Müller)
    Aziz Osman schlüpft aus den Lederschuhen, um seine nackten Füße unter einen Wasserstrahl zu halten. Es ist das Reinigungsritual vor dem Freitagsgebet. Der 74-jährige tatarische Imam wäscht sich in einem engen Badezimmer seines Büros. Derweil drängeln sich draußen im Innenhof der Moschee hundert Gläubige um fünf Wasserhähne: "Das reicht nicht aus. Im Sommer kann man sich noch im Hof waschen. Im Winter aber ist es schwierig, da haben wir nur diesen kleinen Waschraum. Ich wollte immer anbauen lassen, doch ich habe nicht die Mittel dafür. Wir sind eben ärmer als andere Religionsgemeinschaften. Mit den Spenden der Gemeinschaft kann ich gerade mal Wasser und Strom bezahlen."
    Osmans Moschee - 1960 gebaut - ist die älteste in Bukarest, sie bietet im Inneren Platz für 300 Gläubige. An Feiertagen wird es eng, dann muss ein Teil der Gemeinde im betongrauen Innenhof beten, eingekesselt von abgewirtschafteten Wohnblöcken. Doch nun soll eine neue Moschee entstehen - mit Platz für 1000 Muslime wäre sie die größte in Bukarest. Mohammed Ban Jata freut sich auf den Neubau. Der 21-jährige Bukarester kommt gerade zum Gebet: "Das ist doch eine gute Sache: Eine Moschee ist immer auch ein Ort, wo die Muslime sich nicht zur zum Beten versammeln, sondern sie diskutieren dort auch. Sie sprechen über Geschäfte, es ist ein Ort des Austauschs. Mit dem neuen Gotteshaus haben wir einen Treffpunkt mehr."
    Die Türkei schickt auch Prediger nach Rumänien
    Seit über einem Jahrzehnt drängt die türkische Staatsführung unter Erdogan auf einen solchen Bau. Der rumänische Regierungschef Victor Ponta hatte im Mai grünes Licht gegeben. Ponta und Erdogan sind politische Freunde. Doch wird die Bukarester Regierung aus Kostengründen nur das Grundstück stellen. Das Geld für den Bau kommt hingegen aus Ankara.
    Die neue Moschee ist nicht die einzige türkische Investition in die muslimische Gemeinschaft in Rumänien. So schickt die türkische Regierung seit Jahren eigene Prediger ins Land. Eine große Hilfe seien ihm die türkischen Kollegen aber nicht, sagt der Bukarester Imam Aziz Osman: "Sie stellen unsere jahrhundertelangen Traditionen in Rumänien infrage. Wir halten beispielsweise in Abständen immer wieder Gebete für die Verstorbenen ab. Die türkischen Prediger fragen 'Wozu braucht ihr das denn?' Sie führen sich auf wie die einstigen Herrscher; und mir scheint es, als ob sie hier wieder herrschen wollen. Wenn sie die neue Moschee bezahlen, werden sie dort auch den Ton angeben."
    Eine Meinung, die vielerorts in Rumänien zu hören ist. Das Verhältnis zu Ankara ist angespannt - angesichts der jahrhundertelangen Herrschaft und Kontrolle durch das Osmanische Reich. Viele Rumänen sehen sich als erbitterte Verteidiger der christlichen Welt gegen die islamischen Eroberer.
    Dass jetzt nun ausgerechnet die Türkei die größte Moschee in Bukarest finanzieren wird, werten viele Politikanalysten als Beweis für ein neues Großmachtstreben der islamisch-konservativen Regierung in Ankara. In den vergangenen Wochen hatten sich zahlreiche Intellektuelle aber auch Politiker gegen das Projekt ausgesprochen. Zu den Kritikern gehört auch die türkisch-rumänische Historikerin Fatma Yilmaz: "Die türkische Regierung macht exakt das, was auch andere Länder mit imperialer Vergangenheit tun. Sie verteidigt ihre Einflusszone, die sie in der Vergangenheit auf dem Balkan hatte. Und es geht Ankara auch um ein Signal an Europa. Die dortige Regierung will zeigen, dass die Türkei nach wie vor eine Macht ist, die etwas zu sagen hat."
    Die Moschee in Bukarest aus dem Jahr 1960.
    Die Moschee in Bukarest aus dem Jahr 1960. (Deutschlandradio / Annett Müller)
    Größte Spende seit hundert Jahren
    Selten hat es um die muslimische Gemeinschaft in Rumänien so viele Diskussionen gegeben wie zurzeit. Die traditionelle türkisch-tatarische Minderheit, die den Großteil der knapp 70.000 Muslime im Land stellt, gilt als gut integriert. Der rumänische Staat sichert ihnen Religionsfreiheit zu, finanzielle Hilfe gibt es jedoch so gut wie keine.
    Das geistliche Oberhaupt der muslimischen Gemeinschaft in Rumänien, Mufti Iusuf Muurat, muss deshalb nach ausländischen Geldgebern suchen. Zur Türkei hat der 37-Jährige beste Kontakte: Er ist dort nach der Wende zur Schule gegangen und hat später islamische Theologie in der Türkei studiert. Dass Ankara sich mit der neuen Moschee Einfluss in Europa sichern wolle, hält der Tatare für aufgebauscht.
    "Damit wir uns klar verstehen: Bukarest wird mit der neuen Moschee nicht zum Zentrum, von dem aus der Islam in Europa verbreitet wird. So lange ich Mufti bin, wird kein anderes Land hier die Möglichkeit bekommen, seine eigenen religiösen Ideen zu verbreiten: weder die Türkei, noch ein anderes islamisches Land."
    Innerhalb von drei Jahren - so die Auflage der rumänischen Regierung - muss die Moschee gebaut sein, ansonsten verfällt das Grundstücksangebot. Medienberichten zufolge könnte der Neubau bis zu drei Millionen Euro kosten. Offizielle Zahlen gibt es dazu noch keine. Historikerin Yilmaz hält das neue Gotteshaus für überflüssig. Ihre Landsleute aus der türkisch-tatarischen Minderheit bräuchten etwas ganz anderes, sagt sie. Die meisten leben in Dörfern, wo es an Jobs mangelt, an Bildung und an einer Gesundheitsversorgung.
    "Der Moscheebau ist sinnlos, eine Moschee hilft uns nicht. Der Mufti wird solche Kritik überhören, solange es diese atemberaubende Unterstützung aus der Türkei gibt. Eine solch große Spende für die muslimische Gemeinschaft, das hat es seit hundert Jahren nicht mehr gegeben. Darauf wird der Mufti nicht verzichten."