Archiv

Moskau
Ein Denkmal für Fürst Wladimir

Mit einem Jahr Verzögerung bekommt der umstrittene Fürst Wladimir ein Denkmal am Moskauer Kreml. Er soll vor mehr als 1.000 Jahren das Reich der Ostslawen christianisiert haben. Der russischen Elite ist er ein mächtiges Denkmal wert. Namensvetter und Präsident Putin enthüllt es heute persönlich.

Von Gesine Dornblüth |
    Eingerüstetes Denkmal für Fürst Vladimir mit Kreuz in der erhobenen Hand, im Hintergrund die roten Mauern und Türme des Kreml
    Am Denkmal für Fürst Vladimir am Kreml in Moskau wird das Gerüst abgebaut. (Deutschlandradio / Gesine Dornblüth)
    Er ist ein Blickfang: Fürst Wladimir, in Bronze gegossen. Mit dem Schwert am Gürtel und dem Kreuz in der erhobenen Hand überragt er, vom Bürgersteig gegenüber betrachtet, die roten Zinnen der Kremlmauer. Die Kuppel der Christ-Erlöser Kathedrale ist auf Augenhöhe, vom Fluss Moskwa lugt die Spitze des Denkmals für Peter den Großen herüber. Der Künstler Salavat Scherbakow hat die Wladimir-Statue geschaffen, zwölf Meter hoch, das Kreuz noch einmal vier Meter. Bauarbeiter montieren das Gerüst ab. Passanten machen Fotos.
    "Wir freuen uns, dass es ein neues Denkmal gibt. Es steht hier an einem symbolischen Ort. Fürst Wladimir war doch die Hauptperson, der Begründer der Rus, er muss im Zentrum stehen."
    Die Rus - das war vor über tausend Jahren der erste ostslawische Staat.
    "Er hat so viel für Russland getan. Er hat das mehr als verdient. Und das Denkmal sieht gut aus. Viele sagen, hier sei der falsche Ort. Aber es passt sich gut ein."
    Eigentlich hatte das Denkmal für Wladimir schon vor einem Jahr eröffnet werden sollen, zum tausendsten Todestag des Fürsten. Es sollte auf dem Steilufer der Moskwa vor der Staatlichen Universität stehen. Anwohner protestierten. Die Beamten suchten nach einem neuen Ort und entschieden sich für den Borowitzkij-Platz am Kreml.
    Nur noch zweieinhalb Meter Sockel
    Die UNESCO meldete Bedenken an. Der Kreml ist Weltkulturerbe, eine so große Statue in unmittelbarer Nähe schmälere dessen Wirkung. In Moskau beschloss man daraufhin, den Sockel unter der Statue zu verkleinern, von beabsichtigten acht auf zweieinhalb Meter. An dem Ort am Kreml aber hielten die russischen Behörden fest.
    Russlands Führung, die politische wie auch die der Kirche, verehrt Fürst Wladimir als eine Art Nationalheiligen, passt er doch gut in die derzeitige offizielle Darstellung von Russland als Hort orthodoxer Werte und Traditionen und als starkem Staat. Präsident Putin bei der Tausend-Jahr-Feier im vergangenen Jahr:
    "Die Annahme des Christentums beruhte auf der tiefen Liebe Fürst Wladimirs zu seinem Vaterland, auf seinen ernsthaften geistigen Überlegungen, auf der Suche nach einer einheitlichen Grundlage, um das Volk und die zersprengten Ländereien zu einen. Indem er innere Unruhen beendete und äußere Gegner zerstörte, legte Fürst Wladimir den Anfang für eine geeinte russische Nation. Er hat den Weg gebahnt zu einem starken, zentralisierten russischen Staat."
    Überlieferungen zufolge ließ Fürst Wladimir sich aus rein pragmatischen Überlegungen taufen: Nur so durfte er die Schwester des Kaisers von Byzanz heiraten. Bis dahin galt er als Wüstling. Und bei der Unterwerfung der Nachbarvölker ging er auch nicht zimperlich vor. Das aber schadet dem Ansehen Wladimirs in Russland heute nicht, im Gegenteil. Patriarch Kirill bei einem Gottesdienst zu Ehren des Fürsten:
    "Wir verneigen uns vor dem Andenken Fürst Wladimirs und bitten ihn, bei uns zu sein. Wir bitten ihn, unser Volk klug zu machen, unserer Jugend zu helfen, die Heldentat seines Lebens zu erkennen und die Heldentaten Tausender, Tausender und Tausender, die sein heiliges Wirken gemehrt haben, die die Heilige Rus gegründet haben und die heute bereit sind, für diese Rus zu kämpfen."
    Früher war Kiew das Zentrum der Rus
    Was man in Moskau gern herunterspielt: Vor über tausend Jahren war Kiew das Zentrum der Heiligen Rus. In Kiew hat Fürst Wolodymyr, wie er dort heißt, schon seit langem ein Denkmal, auf einem Hügel am Dnjepr. Es ist über zwanzig Meter hoch. Die Ukrainer gelten den Russen heute als Abtrünnige. Natürlich musste das Moskauer Denkmal höher sein. Daraus wird nun nichts, wegen der UNESCO.
    In Moskau stößt die Statue nicht nur auf Liebe. Eine Studentin kommt mit zwei Freundinnen von der Uni. Sie erzählt von ihrer Oma.
    "Sie findet, Wladimir habe kein Denkmal im Stadtzentrum verdient, schon gar nicht so ein großes. Sie kann sich da richtig in Rage reden. Sie sagt, er sei ein schlechter Mensch gewesen."
    Die Enkelin ist auch nicht begeistert.
    "Für mich ist das einfach noch ein Denkmal mehr in Moskau. Der Staat hat genug Probleme mit dem Haushalt. Aber wir geben Millionen für Denkmäler und neue Bürgersteige aus. So gesehen, ist die Statue überflüssig. Ich bin aber Patriotin."