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Multiresistente Keime
EU-Pläne gegen Antibiotika im Stall

Durch Antibiotika bei der Tierzucht bilden sich immer mehr multiresistente Keime. Das wird zu einer echten Bedrohung für den Menschen. Auch Deutschland ist hier nicht besonders fortschrittlich. Die EU möchte nun stärker dagegen vorgehen.

Von Karin Bensch |
    Ein Kalb liegt auf Stroh.
    Das Präperat Kexxtone ist umstritten - und wird seit 2013 in der Milchviehhaltung eingesetzt. (picture alliance / dpa / Carmen Jaspersen)
    Zwei Vorschläge liegen in Brüssel auf dem Tisch, die noch in diesem Jahr Gesetze werden könnten, sagt der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese: "Da geht es um eine systematische Überwachung des Antibiotika-Einsatzes in der Tiermedizin. Das, was in Deutschland seit 2013 gilt, wollen wir auch europaweit haben."
    Damit soll verhindert werden, dass Nutztiere zu viele Antibiotika bekommen. Und dann geht es auch noch um Reserveantibiotika bei Menschen. Das sind Antibiotika, die dann einsetzt werden, wenn nichts anderes mehr hilft, sagt Liese. "Dass wir die in der Tierzucht sehr stark einschränken wollen. Und teilweise müssen wir die auch verbieten, weil sonst die Gefahr besteht, dass sie beim Menschen irgendwann auch nicht mehr wirken."
    Arzneimittelrecht ermöglicht EU-Eingreifen
    In der Humanmedizin hat nicht die EU, dort haben die einzelnen Mitgliedsstaaten das Sagen. Aber über den europäischen Binnenmarkt und das Arzneimittelrecht gibt es Möglichkeiten. Möglichkeiten muss die EU nutzen muss, denn die multiresistenten Erreger sind eine unsichtbare Gefahr für Europa. Jedes Jahr sterben etwa 25.000 Menschen, weil Antibiotika nicht mehr wirken, sagt die Weltgesundheitsorganisation. Während Krankenhäuser und Tierzuchtbetriebe in den Niederlanden und Dänemark sehr fortschrittlich sind, hinken sie in anderen Länder wie zum Beispiel in Deutschland hinterher. Am größten ist das Problem allerdings in vielen ost- und südeuropäischen Ländern.
    "In Europa ist der Spitzenreiter nicht umsonst Griechenland", sagt Professor Tobias Welte von der Medizinischen Hochschule in Hannover. Das habe zum einen mit der großen Zuwanderung nach Griechenland zu tun, aber auch mit der dramatischen Finanzlage des Staates. Denn dadurch bricht auch das Gesundheitssystem ein. Viele Angestellte wurden entlassen, auch Putzfrauen, Krankenhäuser sind unterbesetzt und unterfinanziert. Es sind die grundlegendsten Dinge, die manchen Krankenhäusern in Griechenland fehlen, zum Beispiel Watte oder Handschuhe.
    Große Gefahr durch eingereiste Keime
    "Die Hochresistenzländer sind üblicherweise die, denen es ökonomisch am schlechtesten geht. Es gibt eine direkte Korrelation zwischen Staatsschulden und mangelndem Wirtschaftswachstum und resistenten Erregern", sagt Tobias Welte. Eine weitere Gefahr sind die lebensgefährlichen Keime, die von außerhalb in die Europäische Union kommen. Es ist ein weltweites Problem, sagt der Europaabgeordnete Liese. "In vielen Ländern außerhalb der Europäischen Union werden Antibiotika teilweise ohne Verschreibung ausgegeben. Indien ist so ein Fall. Und natürlich ist durch die Globalisierung, dadurch, dass wir alle viel mehr reisen, die Gefahr, dass wir die Keime aus den Ländern mitbringen."
    Doch soweit muss man sich gar nicht wegbewegen. Direkt vor der europäischen Haustür ist ein Land, das große Probleme mit multiresistenten Keimen hat, sagt Professor Welte von der Medizinischen Hochschule Hannover. "Ich nenne mal ein typisches Urlaubsland: Türkei. Wenn Sie da krank werden und Sie müssen auf eine Intensivstation, dann ist Ihre Wahrscheinlichkeit, dass Sie mit einem resistenten Erreger nach Deutschland zurückkommen, 90 Prozent."
    Die weltweite Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen muss dringend gestoppt werden, fordert auch Bundesgesundheitsminister Gröhe. "Wenn Antibiotika nicht mehr wirken, droht uns gleichsam ein Rückfall ins Vor-Penizillin-Zeitalter. Das hätte dramatische Folgen." Wenn jetzt nichts unternommen wird, könnten nach einer Studie der Berliner Charité im Jahr 2050 weltweit mehr Menschen an antibiotikaresistenten Bakterien sterben als derzeit an Krebs.