Es ist grau und diesig in der Kieler Förde. Leichter Nieselregen sprenkelt das Deck des Minenjagdboots Überherrn. In der Ferne zeichnen sich hinter Nebelbänken die Umrisse von Fähren und Containerschiffen ab. Auf dem Achterdeck der Überherrn steht Timo Voß, stemmt seine Hände in die Hosentaschen und zieht die Schultern hoch.
"Ich glaube, wir müssten jetzt so um die zehn Grad haben ist schon warm, ist schon warm, wir haben ja einen Trockenanzug."
Der Oberbootsmaat und seine Kollegen sind dabei, ihre Tauchausrüstung zusammen zu suchen. Gleich geht es ins Wasser. Hinab zu Minen, die seit 70 Jahren am Meeresboden liegen.
"Hier in der Ostsee haben wir gute Sicht, da erkenne ich natürlich: Klar das ist 'ne Mine es gibt ja von Ankertauminen bis Grundminen die alle verschiedene Formen haben, Größen haben, ob es ein Torpedokopf ist oder sonst irgendwas. Dann gibt's aber natürlich, in der Nordsee, da haben wir null Sicht, da muss dann das halt abtasten, da muss man gucken, ob man da irgendwelche Formen oder Aufhängungen oder so was findet, dass man da sagen kann, ja, es könnte was sein oder es ist ne Waschmaschine, ich mach den Deckel auf und fasse da rein."
Timo Voß und seine Kollegen suchen nach Seeminen, die von den Alliierten gelegt wurden, um deutsche Kriegsschiffe zu vernichten, und nach Waffen, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Meer verklappt wurden. In dicken Taucheranzügen, bepackt mit Sauerstoffflaschen und Werkzeug versuchen die Minentaucher, sie unschädlich zu machen.
Währenddessen hat ihr Chef, Fritz Rüdiger Klocke, an Deck des Minenjagdboots eine kleine Gruppe Journalisten um sich versammelt.
"So, ich geh einfach mal vor. Wir können hier durchs Schiff durchgehen, dann müssen wir nicht die steilen Niedergänge haben."
Der Mann in dunkler Marineuniform klemmt seine Kapitänsmütze unter den Arm und strebt auf einen schmalen Gang zu.
Zwei steile Stahltreppen steigt er hinab, dann biegt er nach rechts ab, bückt sich unter einer niedrigen Türzarge hindurch in die Messe hinein. Zwei Bullaugen spenden spärliches Tageslicht, an den Wänden sind gepolsterte Bänke befestigt, davor ein Tisch. Auf der weißen Decke stehen Kaffeetassen und Thermoskannen.
"Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, nochmals von meiner Seite einen schönen Guten Morgen! Ich bin der Fregattenkapitän Klocke und Vertreter der Einsatzflotille 1. Dort bin ich der Ansprechpartner für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung bzw. auch den Kampfmittelräumdienst, das Landeskriminalamt, in der Organisation der gemeinsamen Bewältigung der Altlasten im Bereich Ausgang Kieler Förde."
Millionen von Munitionen in deutschen Meeresgewässern
Durch die Kieler Förde fahren jedes Jahr etwa 40.000 Schiffe nach Kiel oder in den Nordostseekanal. Es ist eine der am stärksten befahrenen Wasserstraßen der Welt.
"Was haben wir gefunden? Dieses sind aktuelle Bilder, wenn wir das Licht einmal löschen, das ist der untere Schalter, Herr Winkler."
Auf dem Bildschirm an der Wand erscheinen Seekarten. Sie zeigen all die Gegenstände, die von Herrn Klocke und seinen Kollegen mithilfe von Sonaraufnahmen oder Tauchern als munitionsartig eingestuft worden sind. Ein roter Punkt für jede Bombe oder Mine. An einigen Stellen sind die Karten dunkelrot gefärbt. Und selbst in den Fahrrinnen, nur wenige Meter unter den Kielen der großen Skandinavienfähren, liegen Grundminen, die jederzeit explodieren könnten.
"In deutschen Meeresgewässern befinden sich nach unseren Recherchen noch 1,6 Millionen Tonnen an konventioneller Munition, davon sind 300.000 Tonnen in der Ostsee und der Rest in der Nordsee."
Jens Sternheim ist Vorsitzender der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Munition im Meer" beim Umweltministerium Schleswig-Holstein. Das Bundesland ist am stärksten von den Bomben in der Tiefe betroffen. 1,6 Millionen Tonnen konventionelle Munition. Dazu kommen 170.000 Tonnen chemische Kampfstoffe in der gesamten Nordsee und bis zu 65.000 Tonnen in der ganzen Ostsee.
"Am Ende des Zweiten Weltkrieges gab es bei allen Kriegsbeteiligten noch Restbestände von Rüstungsgütern, Bomben, Torpedos, Minen und viele andere Sprengkörper. Die wurden schlichtweg nicht mehr gebraucht und sind dann, das war damals die gängige Praxis, im Meer versenkt worden."
Lange wurden Kampfstoffe zur Entsorgung im Meer versenkt
Diese Praxis hielt noch lange nach dem Krieg an. Denn gerade chemische Kampfstoffe haben ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Nach dessen Ablauf sind sie nicht mehr zuverlässig anwendbar und müssen entsorgt werden. Bis in die 1970er-Jahre hinein war es üblich, sie dann einfach ins Meer zu werfen. Und das überall auf der Welt.
"We find these munitions on a global scale everywhere around the world and in all the oceans of the world and in many of the seas as well."
Die Munition finde sich in jedem Ozean der Welt genauso wie in vielen Binnenmeeren, sagt der kanadische Munitionsspezialist Terrance Long. Der Militäringenieur hat viele Jahre überall auf der Welt Minen entschärft. Heute leitet er die Nichtregierungsorganisation "International Dialogue on Underwater Munitions", die sich für international verbindliche Verträge zur Bergung der versenkten Munition einsetzt. Seinen Recherchen zufolge liegen in den Ozeanen der Welt Millionen von Tonnen chemischer Kampfstoffe und Dutzende Millionen Tonnen konventioneller Munition.
"Die Munition liegt im Mittelmeer, sie liegt im Roten Meer, im Schwarzen Meer, in der Ostsee und in der Nordsee, im Nordatlantik, im Atlantischen Ozean, im Pazifik. Allein an der Ostküste Kanadas haben wir 3.000 Versenkungsgebiete. In einem davon lagern 80.000 Tonnen Munition - und das mitten in einem unserer reichsten Fischfanggebiete."
Umweltschädliche Auswirkungen der Munition
Welche Auswirkungen die Munition auf die Tiere vor der kanadischen Küste hat, weiß niemand. In der Ostsee haben Wissenschaftler im Rahmen eines europäischen Forschungsprojektes namens CHEMSEA Fische untersucht und festgestellt, dass die Tiere in den Versenkungsgebieten Schäden am Immunsystem aufweisen, deutlich magerer und weniger fit sind als die Fische in Vergleichsgebieten. Terrance Long war als externer Berater für das Projekt tätig.
"Ich sage es Ihnen nur ungern, aber ich würde nichts essen, was aus der Ostsee stammt. Sie ist so stark kontaminiert. Hier sind die ersten schweren Auswirkungen der Chemiewaffen spürbar."
Kaum besser sieht es in der Karibik aus. Der Professor für Ökologie an der Universität von Georgia, Dr James W Porter untersucht seit 14 Jahren auf der Karibikinsel Vieques in Puerto Rico im Ozean versenkte Blindgänger. Auf der Insel haben die NATO-Mächte bis 2003 immer wieder Militärübungen abgehalten und Bomben und Artilleriegranaten getestet. Viele von ihnen landeten im Meer. Der amerikanische Forscher entdeckte krebserregende Stoffe aus der Munition im Gewebe von Seeigeln, Algen, Korallen und Fischen.
"Es hat uns überrascht, dass einige der krebserregenden Substanzen in extrem hohen Konzentrationen vorlagen, zum Teil 100.000-fach über den Grenzwerten der US-Umweltschutzbehörde."
Die Stoffe waren allesamt Bestandteile oder Abbauprodukte des Sprengstoffs TNT.
"Wir fanden hohe Konzentrationen der krebserregenden Substanzen in den kleinen Fischen, die in der Nähe der Bomben leben. Die großen Fische, die auf den Märkten verkauft werden, haben wir nicht untersucht. Wir vermuten aber, dass diese Stoffe sich in der Nahrungskette anreichern und so möglicherweise auch den Menschen erreichen. Das Seltsame an Vieques ist: Die Insel hat eine um 33 Prozent höhere Krebsrate als jede andere Region Puerto Ricos. Es ist die höchste Krebsrate in der gesamten Karibik.
Ich meine, dass kein vernünftiger Mensch auf die Idee kommen kann, dass man Munition im Meer versenken sollte, und wenn sie denn schon drin ist, dass sie drin bleibt. Es ist Chemie im wahrsten Sinne, es ist giftig, und insofern sollte man einiges dafür tun, dass man es wieder rausholt."
Wirtschaftliche Folgen
Vor der Deutschen Küste würden die Bomben darüber hinaus immer öfter zu einem wirtschaftlichen Problem, sagt Jens Sternheim von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Munition im Meer. Zuletzt beim Bau des Windparks Riffgat im Jahr 2013:
"Das ist ein Windpark vor der niedersächsischen Küste, der natürlich wie alle anderen Windparks auch mit einem Kabel an das Festland angebunden werden muss. Bei dieser Verlegearbeit bzw. bei den Vorarbeiten dazu sind große Mengen an Weltkriegsmunition auf der Kabeltrasse gefunden worden und die mussten beseitigt werden."
Bei den Bauarbeiten fand man 30 Tonnen Munition mitten auf der Kabeltrasse. 18 Monate lang waren 60 Spezialisten rund um die Uhr mit der Räumung beschäftigt. Die Mehrkosten beliefen sich auf 100 Millionen Euro. Die meisten Bomben in Nord- und Ostsee liegen seit fast 70 Jahren im Wasser. Jahrzehntelang hat sich niemand darum gekümmert. Die Behörden - allen voran das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, das BSH - hätten das Problem konsequent ignoriert, so lautet der Vorwurf vieler Experten.
"Ja, den Vorwurf weise ich natürlich zurück."
Enak Ferlemann ist Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, dem das BSH untersteht.
"Weil wir ja in Bund-Länder-Arbeitsgruppen sind, wo das Problem evident ist und wo es sogar behandelt und beraten wird, aber es ist einfach eine Frage der Zuständigkeit. Wie immer bei öffentlichen Behörden und zuständig sind nun mal die Länder."
Schleswig-holsteinischer Umweltminister für Altlasten zuständig
Damit gibt Enak Ferlemann die Verantwortung unter anderem nach Schleswig-Holstein ab. Dort ist seit 2012 Dr. Robert Habeck als Umweltminister für die Altlasten zuständig.
"Ich finde die Argumentation von Herrn Ferlemann sozusagen kategorial idiotisch und ich will da nicht mit der gleichen Münze zurückzahlen also ich will nicht sagen, Schleswig-Holstein ist gar nicht dran, der Bund muss es machen, sondern es muss halt gemacht werden, egal wie es geht und wer ein bisschen mehr Geld hat der soll eben mehr machen und sich mehr in die Verantwortung begeben und dieses Hin- und Herschieben, das ist nicht meine Denke. Erstens. Und zweitens ist es richtig, das räumt Herr Ferlemann, auch wenn er es hier abstreitet, implizit ja ein, dass eben die letzten Jahre oder Jahrzehnte nichts getan wurde. Man hat das Problem versucht, zu ignorieren unter der Annahme: Das Meer ist groß. Wenn die Sachen durchrosten, dann verdünnt sich das schon und dann sind wir da alle nicht betroffen und wie man zu so einer - darf ich das sagen? - bescheuerten Schlussfolgerung kommen kann, das entzieht sich meiner kleinen politischen Logik völlig."
In Robert Habecks Ministerium ist seit 2007 die deutschlandweit einzige Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Thema Munition im Meer mit - neben Jens Sternheim - noch einer weiteren Vollzeitkraft angesiedelt. Sie versuchen anhand von alten Logbüchern, Karten und Dokumenten aus der Zeit des Weltkriegs nachzuvollziehen und zu kartieren, wo welche und wieviel Munition liegt. Bomben, die in den Fahrrinnen gefunden werden, entschärft der Kampfmittelräumdienst. Aber dessen sechs Taucher können unmöglich die Millionen von Bomben und Minen bergen, die jenseits der Fahrrinnen allein in deutschen Meeresgewässern liegen. Robert Habecks Ansicht nach müsste das Problem endlich in einem großen Maßstab angegangen werden. Und da sieht der Umweltminister von Schleswig-Holstein den Bund in der Pflicht.
"Das Problem ist, das bislang keine Bergungskonzepte entwickelt wurden - und zwar 70 Jahre lang nicht. Nun ist es natürlich ein sportlicher Auftrag, Bergungskonzepte in wenigen Jahren zu entwickeln, die in Jahrzehnten davor nicht angegangen wurden aber das ist das Hauptdilemma. Man hat tatsächlich die Augen zugemacht, im besten Fall hat man angefangen, da ist Schleswig-Holstein immer federführend gewesen, die Munitionsaltlasten zu kartieren, dann wissen wir immerhin ungefähr, wo die sind und wie viele es sind. Aber toll, letztlich sind die Karten ja keine Antwort, sondern es ist keine Antwort gegeben worden, wie kriegen wir die Munitionsaltlasten aus dem Meer raus? Woran wir arbeiten, 'wir' heißt ein Forscherverbund, den wir unterstützen, ist tatsächlich dabei, eine Maschine zu entwickeln, die unter diesen schwierigen Bedingungen bei wenig Sicht und unter hohem Gefährdungspotenzial diese Minen aufschneiden kann und die Giftstoffe oder die Explosionsstoffe dann raussaugen, rausrüsseln kann aus diesen Sachen. Und dann sind die Munitionsaltlasten weg und man kann die dann entsorgen. Damit sind wir ganz gut unterwegs, aber noch lange nicht durch die Wand durch, auch, wenn ich das so sagen darf, weil der Bund sich echt anstellt, dieses Forschungsprojekt zu finanzieren und auf das Gleis zu bringen."
Forschungsprojekt bislang abgelehnt
Ein erster Projektantrag wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung abgelehnt. In einem Schreiben vom Frühjahr 2013 heißt es: Zitat: "Der eingereichte Vorschlag konnte im Wettbewerb mit den anderen Projektideen leider keine ausreichend hohe Priorität erzielen, um im Rahmen dieser Fördermaßnahme berücksichtigt zu werden." Zitatende. Konkrete Gründe für die Ablehnung werden nicht genannt. Robert Habeck vermutet daher, dass man in Berlin einfach vor den gewaltigen Kosten zurückschreckt, die ein erfolgreiches Forschungsprojekt nach sich ziehen würde.
"Richtig teuer wird es, wenn es funktioniert und dann natürlich fängt man wirklich an sich am Kopf zu kratzen, wenn die Sorge ist, dass eine wissenschaftliche, technische Entwicklung uns ermöglicht ein Problem zu lösen und - das ist die Sorge - wenn das dann erfolgreich ist, dann erwarten ja die Menschen zu Recht, dann setzt das Ding auch ein, und dann wird's teuer, dann verstehe ich Politik nicht mehr, also der Bund hat, oder ich befürchte, dass die Sorge ist, dass wenn es möglich ist, die Minen zu bergen, dass dann zu Recht die Forderung kommt, dann bergt sie auch und dann reden wir nicht mehr über niedrige einstellige Millionenbeträge, sondern wahrscheinlich über hohe dreistellige Millionenbeträge."
Bislang argumentiert der Bund, dass eine Bergung der Munition nicht möglich sei. Der Forschungsverbund hat den Projektantrag nun überarbeitet und im Sommer dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vorgelegt. Sollte der Antrag diesmal genehmigt werden, könnte ein umgebauter Unterwasserroboter in Zukunft bis zu 50 Munitionskörper pro Tag unschädlich machen. Das ist mehr als die Taucher des Kampfmittelräumdienstes im gesamten vergangenen Jahr entschärfen konnten.
"Dieser Roboter macht folgendes: Er ist also so umgebaut, dass er die einzelnen Munitionskörper greift, zum Beispiel eine Ankertaumine und entsprechend zu einer Bearbeitungseinheit umlagert, er greift die dann vorsichtig, dreht die in die entsprechende Position, dass der Zünder nicht irgendwie oder eventuelle Zünder nicht angegangen werden und fährt sie dann in eine Bearbeitungseinheit, die wie eine große Kiste ist, die man dann verschließen kann. Und innerhalb dieses Bearbeitungsraumes wird dann ein sogenannter WAS Schneider, also ein Suspensionsschneidesystem verwendet werden, um einen kleinen Zugang zur Munition zu schneiden. Dort, wo das TNT oder der Sprengstoff ist, den man dann mit einem weiteren Schneider zerspant und dort eine Suspension bildet, die man dann vergelen und aus dem Sprengkörper heraus und aus der Bearbeitungskammer heraus in ein Depot bringt, wo es chemisch behandelt und inert gemacht werden kann."
Wird der Antrag wieder abgelehnt, bleiben die tickenden Zeitbomben im Meer. Und dort bereiten sie auch dem am Projekt beteiligten Geologen Warner Brückmann vom Ozeanforschungszentrum GEOMAR in Kiel Bauchschmerzen.
"Hier unser Munitionsversenkungsgebiet Kolberger Heide ist ja extrem flach, 15 Meter, 20 Meter. Da haben Sie Kugelhaufen, also Haufen aus mehr als 100 einzelnen Sprengkörpern, kugeligen Sprengkörpern, die so sechs Meter hoch über den Meeresboden aufragen, weil man die alle auf einen Haufen geworfen hat. Jetzt stellen Sie sich mal vor so eine Situation, Sie haben ein großes, sagen wir mal eine Fähre, die Fähre hat einen Ruderschaden, Wind kommt aus einer ungünstigen Richtung. Es ist Niedrigwasser, das Schiff driftet da rein. Dann war aber die Costa Concordia echt ein Kindergeburtstag dagegen. Weil, wenn Sie in so einem Kugelhaufen eine Bombe zünden, fliegen die ihnen alle um die Ohren."
Munition wird durch Salzwasser angegriffen
Die Zeit drängt. Denn das Salzwasser greift die Metallhülsen der Munition seit 70 Jahren an. Immer mehr Löcher entstehen und die Kampfstoffe gelangen in immer stärkerem Umfang ins Meer, sagt Jens Sternheim von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Munition im Meer".
"Die Munition wird insgesamt durch langes Lagern handlungsunsicherer, so sagen die Fachleute. Im Ergebnis bedeutet das: Sie wird gefährlicher."
Es gibt noch einen weiteren Grund, die Minen möglichst schnell aus dem Meer herauszuholen.
Die 19:30 Uhr Nachrichten im italienischen Sender Radio Due vom 23. Mai 1992:
"Mafia Attentat in Sizilien: Eine Bombe zerstörte die Autobahn, auf der Giovanni Falcone fuhr. Der Generaldirektor der Strafabteilung des Ministeriums für Barmherzigkeit und Justiz ist kurz danach im Ospedale Civile gestorben, mit ihm auch drei Personen der Eskorte und viele andere, die vorbeifuhren. Zum Ort des Anschlags sind Polizei und Rettungskräfte unterwegs."
Der Richter und Mafiajäger Giovanni Falcone und seine Begleiter wurden damals mit 500 Kilogramm Sprengstoff getötet. Sprengstoff, den die Mafia von Fischern aus dem Mittelmeer hatte holen lassen. Aus versenkter Weltkriegsmunition. In den Jahren darauf bediente sich die Mafia immer wieder im Meer und verübte mit dem Sprengstoff Anschläge in Rom, Florenz und Mailand.
Die Bomben im Meer zu belassen birgt viele Risiken. Schadstoffe vergiften die Meeresumwelt, Terroristen können sie recyceln, der Bau von Windparks und Kabeltrassen wird behindert. Trotzdem werden bis heute nur die Minen und Bomben geborgen, die in Schifffahrtsstraßen oder Offshorebaugebieten Probleme bereiten. Für jede einzelne von ihnen setzen Taucher wie Timo Voß ihr Leben aufs Spiel. Jeden Tag.
"Es gibt natürlich auch Minen oder alte Ankertauminen, die dann mit Bleikappen funktionieren, da ist dann halt 'ne Lösung drin, wenn die dann schon angetitscht sind und ich dagegen komm ... Aber das fühle ich dann halt, wenn ich schon so merke, ich hab ein rundes Gefäß, das könnte eine Ankertaumine sein mit etwas dickeren Kappen drauf, dann macht man das schon ein bisschen vorsichtiger. Man muss halt immer langsam, sich die Zeit nehmen und nicht hetzen lassen und dann geht das schon alles rund."