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Museum Cottbus
Rückblick auf das DDR-Künstlerkollektiv Clara Mosch

Oft schon hat die Chemnitzer Künstlergruppe Clara Mosch Vergleiche mit der Fluxus-Bewegung um Joseph Beuys aushalten müssen. Oft hat man sie für schlechte Kopien westdeutscher Happening-Kunst der Sechziger- und Siebzigerjahre gehalten. Den vier Künstlern von Clara Mosch gefällt diese herablassende Sichtweise jedoch nicht.

Von Carsten Probst |
    "Es war ja auch die wichtigste Künstlergruppe in der DDR," sagt etwa Thomas Ranft, der die Gruppe rund um die gleichnamige Produzentengalerie zwischen 1976 und 1982 organisatorisch und auch programmatisch zusammengefügt hat. Er erzählt, wie sich Clara Mosch aus mehreren zuvor schon bestehenden, losen Künstlerverbünden hervorgebildet hat, nachdem er auch den notorischen Einzelgänger Carl Friedrich Claus für eine Teilnahme hat gewinnen können. Gewiss, bis auf Claus waren alle Mitglieder der Gruppe auch im Verband der Bildenden Künstler der DDR organisiert und somit zumindest nominell Teil des Systems. Aber es ging ihnen ganz offenkundig weit mehr um Veränderung als den allermeisten anderen Künstlern in der DDR - und als mehr oder weniger überzeugten Kommunisten fühlten sie sich dabei auch grundsätzlich gegenüber ihrem Staat im Recht.
    "Westkunst hat uns nicht beeinflusst"
    Die umfangreiche Retrospektive im Museum Dieselkraftwerk in Cottbus zeigt eine im Wesentlichen von der Zeichnung und Grafik geprägte Kunst, abstrakte oder halbabstrakte, teils gestische Arbeiten, in denen sich immer wieder Bezüge zur klassischen Moderne, zu Picasso, zu Paul Klee oder den Surrealisten finden - und zur spirituell und sprachlich geprägten Kunst von Carl Friedrich Claus. Hier ist in der Tat ganz offensichtlich eine Zeichensprache ganz eigener Art entstanden, teils epigonenhaft, teils konservativ und weitaus weniger radikal so scheint es, als manche Positionen der Westkunst seit den Fünfzigerjahren. Doch innerhalb der DDR war Clara Mosch schnell ein Sammelbecken der Ausgegrenzten und Chancenlosen, auf die ebenso schnell bis zu 150 Stasi-IMs angesetzt waren. Zu Einflüssen aus dem Westen hatte man offenkundig eine ganz eigene, originelle Haltung, wie Thomas Ranft gemeinsam mit Gregor-Torsten Kozik feststellt:
    "Also, die Westkunst hat uns nicht beeinflusst. Also die Kunst. Vielleicht irgendwie Vostell, Beuys und solche Aktionen, auch beim Klaus Staeck, der solche politischen Dinge gemacht hat."
    "Aufgrund von Beuys haben wir uns Gedanken gemacht, was wäre Beuys in der DDR. Und dann haben wir festgestellt, dass eigentlich die ganze DDR wie Beuys aussieht und dass man da was gegensetzen muss. Und dadurch ist ein interessanter Konservatismus entstanden. Ich hab dann mehr Wert auf Zeichnungen gelegt als ein schnelles Transportmittel und auch das Grauschwarz aufgenommen, ja? Solche Installationen, die wären ja untergegangen. Die Installationen von Beuys haben ja nur einen großen Sinn in so einer gelackten, gelehrten Welt, wo praktisch Edelstahl und Marmor eine Rolle gespielt haben, war ja in der DDR nicht, ja? So 'ne russische Fassade, das war doch n reiner Beuys."
    Ein Phänomen ganz eigener Ordnung
    Integraler Bestandteil der Gruppenaktivitäten waren eigentlich temporäre Aktionen, sogenannte Pleinairs, Versammlungen von Gruppenmitgliedern und hinzugeladenen Gästen unter freiem Himmel an verschiedenen Orten zwischen Hiddensee und Sachsen. Sie sind nur in vergleichsweise wenigen und lückenhaften Selbstzeugnissen dokumentiert. Ein wesentlicher Unterschied zu vergleichbaren Aktionen im Westen war, dass sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, keine radikale Konfrontation mit Publikum und Medien.
    Clara Mosch und ihre Anhänger und Stasibeobachter blieben bis zur Zerschlagung der Gruppe 1982 mehr oder weniger unter sich. Eine andere Möglichkeit des aktiven Widerstandes gab es nicht. Schon das macht diese Künstlergemeinschaft zu einem Phänomen ganz eigener Ordnung innerhalb der deutschen Kunstgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg.