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Musical "Hammerfrauen"
Frauen an die Macht - zwischen Flex und Fliesenkleber

Im Musical "Hammerfrauen" besetzen Frauen einen Baumarkt und zeigen den Männern, wo es langgeht. Diese Komödie wird im Berliner Kabarett "Die Wühlmäuse" unter der Regie von Craig Simmons uraufgeführt.

Von Oliver Kranz |
    Julia: "Ich habe das schon immer gehasst: die Bastelsonntage in der Kirche, der Werkunterricht in der Schule, das Renovieren in der WG!"
    Enno: "Die gute, alte Zeit ..."
    Julia: "Der Lärm, der Schmutz, die Schmerzen! Und am Ende steht man da mit versauten Klamotten, den Händen voller Pflaster und einem hässlichen Dings!"
    Julia steckt in der Klemme. Sie liebt Mark und würde ihn auch heiraten. Doch er hat sie ohne ihr Wissen bei einem Heimwerkerkurs im Baumarkt angemeldet.
    "Wir haben uns im Baumarkt kennengelernt. Da hat das ganze Missverständnis angefangen. Er dachte, dass ich auch Heimwerkerin bin. Dabei brauchte ich nur eine neue Klobürste."
    Doch das hat Julia ihrem Liebsten nie gesagt. Er will eine verfallene Mühle kaufen, die er gemeinsam mit ihr ausbauen möchte.
    "Das Besondere an einer Komödie ist, dass die Tragödie anders erzählt wird. Komödie ist, wie Trampolinspringen" sagt Michael Frowin, der für das Stück die Songtexte geschrieben hat.
    Die Handlung hüpft von einer Pointe zur nächsten. Frowin steht in der Rolle des Baumarktmitarbeiters Enno selbst auf der Bühne. Er ist Julias Kursleiter:
    "Einblenden, kurz stehen lassen, dann leise zum Übersprechen."
    Wie penibel Enno ist, merkt man, wenn er das "i" von Fliesen singt. Er ist ein Langweiler vor dem Herrn. Doch das ist im Stück gewollt. Während er den Fliesenkleber anrührt, lernt Julia drei ziemlich eigenwillige Frauen kennen.
    "Ich brauche nur ein paar Tipps, und ich das kleine Einmaleins, ich brauch weder noch, ich kachel mir so einen Baumarktheinz. Ich such' nur das, was ich nicht kann, ich den Strohhalm, der mich retten kann. Wir sind bereit zur Ladys Night."
    "Da ist eine, die eine typische junge Berlinerin, die wahrscheinlich in die Stadt gekommen ist um Party zu machen, eine, die seit längerer Zeit verheiratet ist und ihre Ehe ist vielleicht nicht ganz so in Ordnung. Dieses Problem muss sie lösen. Und eine, wo der Mann gestorben ist. Sie muss sich damit auseinandersetzen. Das klingt alles tragisch und ernst, aber eigentlich ist es eine tolle Komödie bei der ganzen Sache."
    Craig Simmons führt Regie. Er stammt aus den USA, lebt aber seit 20 Jahren in Deutschland. Er ist ein ausgewiesener Musical-Experte:
    "Die Musik ist fantastisch. Die ist toll. Und die Geschichten der vier Frauen. Das ist interessant, weil genau diese vier Frauen, jeder hat irgendwie ein Problem, irgendetwas im Leben, das ungelöst ist und an diesem Abend mit Rotkäppchen-Sekt und Party, da kommt das Problem von jeder Frau raus."
    Benedikt Eichhorn, der die Musik geschrieben hat, streift stilistisch quer durch den Gemüsegarten - vom Rap bis zum Tango, von Chansons bis zum Beatboxen. Mal wird über Baumarktmitarbeiter gespottet, mal über Paare, bei denen die Rollenverteilung klar ist: Er bedient die Bohrmaschine, sie den Staubsauger.
    "Jede Komödie lebt vom Klischee. Das ist klar. Weil sie auch immer etwas über uns erzählen. Aber wir haben uns schon sehr bemüht, eben nicht, das gängige Klischee zu bedienen, dass da vier Frauen sind, die pausenlos darüber reden, dass sie die Bohrmaschine nicht halten können."
    Die Frauen, die mit gemeinsam mit Julia den Fliesenleger-Kurs absolvieren sind nämlich anders. Am Ende besetzen sie kurzerhand den Baumarkt. Die Männer, die sich ihnen in den Weg stellen, werden mit Kabelbindern an die Regale gefesselt:
    Das Stück ist überdreht und streckenweise ziemlich albern, aber es hat einen guten Groove. "Shades of Grey" einmal anders. Auf der Musicalbühne dominieren eindeutig die Frauen.