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Muslime in Italien
Gegen potentielle Gefährder in Gefängnissen

Immer wieder haben Fachleute darauf hingewiesen, dass potentielle Terroristen sich häufig in Gefängnissen radikalisieren. Auch in Italien hat man diese Erfahrung gemacht. Deshalb hat man mit der muslimischen Gemeinschaft ein Programm aufgelegt, um Gefährdete auch in den Gefängnissen zu erreichen.

    Das Gefängnis Regina Coeli in Rom (Italien), aufgenommen am 27.03.2017.
    Die Radikalisierung in italienischen Gefängnissen ist ein Problem. Immer wieder werden Häftlinge zur Beute von Fanatikern. (dpa/Annette Reuther)
    Die Radikalisierung von Muslimen in Gefängnissen zu verhindern, ist das Ziel. Izzeddin Elzir ist einer der höchsten Vertreter des Islam in Italien, ist Präsident der Union der Islamischen Gemeinschaften, einem Dachverband. Er erklärt, wie es zu dem Projekt kam:
    "Als es die verschiedenen Terroranschläge in Europa gab und wir festgestellt haben, dass die meisten Terroristen nicht die Moschee, sondern ein Gefängnis besucht hatten. Die Ergebnisse sind sehr positiv, das sagen uns auch die Gefängnisdirektoren. Wir helfen den muslimischen Häftlingen, damit sie merken, dass ihre Religionsfreiheit respektiert wird. Aber wir erziehen sie auch in Sachen Verantwortung und Vergebung. Sicherheit ist nicht nur Aufgabe eines Teils der Bürger, sondern von allen."
    Sie haben ein Abkommen mit dem Justizministerium in Rom geschlossen und in acht Gefängnissen begonnen. In Mailand, Turin, Cremona, Verona sind jetzt Imame und auch ein paar Frauen als geistliche Begleiterinnen unterwegs. Insgesamt 16 wurden geschult und vorbereitet auf die Aufgabe.
    Beten mit den Gefangenen
    Hamdam Al-Zeqri macht das jetzt schon seit eineinhalb Jahren. Immer freitags besucht er Gefangene im Gefängnis von Florenz, betet mit ihnen das Freitagsgebet. Früher hatten die Häftlinge einen aus ihren Reihen als Vorbeter für den Freitag erwählt. Dass jetzt ein Imam kommt wird geschätzt, etwa 80 kommen zum Freitagsgebet. Zweimal in der Zeit hat Hamdam Al-Zeqri gemerkt, dass die Gefahr einer Radikalisierung bestand:
    "Bei zwei Leuten ist das vielleicht passiert. Das ist eine Wut gegen sich selbst, gegen die Gesellschaft. Die Angst zu scheitern, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren. Du merkst, er will Dir sagen, dass er nichts zu verlieren hat. Nichts zu verlieren! Also versuchst Du mit ihm ins Gespräch zu kommen."
    Dann geht es nicht nur um den Glauben, sondern um ganz alltägliche Probleme im Gefängnis. Hamdam versucht den muslimischen Häftlingen beizubringen, dass sie Geduld haben müssen. Und dass es Vergebung gibt. Und eigentlich geht es immer darum, dass sie wieder einen Platz finden in der Gesellschaft:
    "Das ist eine große Herausforderung, sie wieder einzugliedern ist sehr schwierig. Eine Aufgabe für alle - die Institutionen, die Zivilgesellschaft. Und nicht nur im Gefängnis, sondern auch, wenn sie rauskommen und keine Unterkunft finden, keine Arbeit.
    Dieses Gefühl des Scheiterns ist meiner Meinung nach tödlich. Denn dann kommt einer, macht komische Sachen, nimmt irgendeinen Koranvers und glaubt, dass er ins Paradies kommt. Aber im unserem Glauben funktioniert das nicht so."
    "Diese Häftlinge sind der schwächste Teil der Gesellschaft"
    Die islamischem Gemeinschaften helfen mit bei der Prävention. Denn die Radikalisierung in Gefängnissen ist ein Problem. Immer wieder war es vorgekommen, dass Häftlinge zur Beute von Fanatikern wurden. Izzeddin Elzir, der Präsident der Union der Islamischen Gemeinschaften in Italien:
    "Diese Häftlinge sind der schwächste Teil der Gesellschaft. Sie könnten benutzt werden, um Anschläge zu begehen. Und deshalb haben wir vorgeschlagen, in den Gefängnissen aktiv zu werden und ihnen die Wirklichkeit des echten islamischen Glaubens beizubringen. Wir glauben: Wenn ein Moslem seinen Glauben kennt, dann wird er niemals eine Gewalttat begehen. Deshalb haben wir vorgeschlagen, unsere Imame, unsere religiösen Führerinnen in die Gefängnisse zu schicken."
    Der einzige Wehrmutstropfen: Noch sind zu wenige Imame und geistliche Führerinnen in Italiens Gefängnissen unterwegs. 200 bräuchte man - es sind nur 16. Aber das Projekt ist ein guter Beitrag zur Terrorprävention und auch die Direktoren der beteiligten Gefängnisse haben sie sehr positiv geäußert.