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Nach dem Grubenunglück
Türkei schlägt Proteste in Soma nieder

Mit Tränengas und Wasserwerfern ist die türkische Polizei gegen Tausende Demonstranten am Ort des Bergwerksunglücks in Soma vorgegangen. Die aufgebrachten Menschen forderten drei Tage nach dem Grubenunglück den Rücktritt von Regierungschef Erdogan.

    Wasserwerfer werden gegen Demonstranten eingesetzt.
    Mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen ging die Polizei gegen Demonstranten vor. (BULENT KILIC / AFP)
    Außer Wasserwerfern und Tränengas hätten Sicherheitskräfte auch Gummigeschosse auf die Protestierer gefeuert, die einen Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan forderten, berichteten Augenzeugen. Die Wut in der Türkei nach dem Grubenunglück ist groß. Inwieweit jedoch die Präsidentenwahl davon beeinflusst werden könnte, sei derzeit nicht vorhersehbar, sagte ARD-Korrespondent Reinhard Baumgarten im Deutschlandfunk. Erdogan habe bisher alles überlebt und jede politische Verwerfung "plattgebügelt".
    Erdogan soll Demonstrant angegriffen haben
    Demonstranten werfen dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan nun außerdem vor, in der Stadt Soma einen Bergmann geohrfeigt zu haben. Eine Videoaufnahme der Szene wurde im Internet verbreitet, die angeblichen Schläge sind allerdings nicht zu sehen. Erdogan soll den demonstrierenden Bergmann außerdem als "Ausgeburt Israels" bezeichnet haben. Türkische Medien berichteten, der Regierungschef habe auch eine 15-Jährige angegriffen, nachdem diese ihn als Mörder ihres Vaters beschimpft hatte. Ein enger Berater Erdogans hatte auf derselben Demonstration einen Mann getreten, der am Boden lag. Der Politiker entschuldigte sich heute dafür.
    Am dritten Tag nach dem Unglück in dem Kohlebergwerk suchen die Rettungskräfte noch nach 18 Verschütteten. Bisher wurden 284 tote Arbeiter geborgen.
    Besuch in Köln steht in der Kritik
    Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Gunram Schneider forderte Erdogan indes auf, einen für nächste Woche geplanten Besuch in Köln abzusagen. Ein solcher Wahlkampfauftritt komme einem Misbrauch des Gastrechts nahe, sagte der SPD-Politiker der WAZ aus Essen. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte "Spiegel Online", Erdogan dürfe seine Wahlkampfschlachten nicht nach Deutschland verlagern.