Archiv

Nahost-Konflikt
"Die deutsche Politik ist heute viel klarer"

Der persönliche Berater von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, Abdallah Frangi, hat die deutsche Haltung im Nahen Osten gelobt: "Man setzt sich ein für die Demokratie", sagte Frangi im DLF. Deutschland spiele bei den Friedensbemühungen eine besonders wichtige Rolle.

Abdallah Frangi im Gespräch mit Sarah Zerback |
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält vor Studierenden und Gästen eine Rede.
    Frank-Walter Steinmeier hält in der Hebräischen Universität in Jerusalem eine Rede: Abdallah Frangi lobt im Gespräch Haltung des Bundespräsidenten und der deutschen Regierung. (dpa / picture alliance)
    Sarah Zerback: Der Bundespräsident ist aktuell auf Versöhnungstour im Nahen Osten. Seit Samstag reist er durch Israel, auch um zu kitten, was der Besuch Sigmar Gabriels angeknackst hat, der vor zwei Wochen auch regierungskritische Nichtregierungsorganisationen getroffen hat und dafür von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kurzerhand wieder ausgeladen wurde.
    Schnell war klar, dass die nun nicht auf der Agenda Frank-Walter Steinmeiers stehen. Kritische Stimmen hat der Bundespräsident aber dennoch gehört.
    Darüber möchte ich jetzt sprechen mit Abdallah Frangi, persönlicher Berater von Palästinenser-Präsident Abbas und Gouverneur von Gaza. Guten Morgen, Herr Frangi.
    Abdallah Frangi: Guten Morgen, Frau Zerback.
    "Die deutsche Politik ist viel klarer und deutlicher"
    Zerback: Wir haben es gerade noch mal im Bericht gehört: Frank-Walter Steinmeier trifft sich nicht mit israelkritischen NGOs. Hat Sie das verärgert?
    Frangi: Nein! Wissen Sie, die deutsche Politik heute ist viel deutlicher und klarer. Man setzt sich ein für die Demokratie in dem gesamten Nahen Osten. Und das, was die israelische Regierung getan hat, hat die Demokratie in Israel nicht in Frage gestellt, sondern gestört. Denn Israel war immer bekannt und sie haben sich schon gegeben als die einzige Demokratie im Nahen Osten, und ich glaube, dass sie darauf bestanden haben, dass der Außenminister Gabriel nicht die Vertreter von Breaking the Silence und B’tselem treffen darf, obwohl das israelische Organisationen sind und die sind nicht gegen Israel und keine terroristischen Organisationen, sondern sie wollen die Menschenrechte der Palästinenser dort gestatten und sie sind gegen diese Haltung der israelischen Regierung.
    Und ich finde, es ist gut, dass hier in diesem Falle der Außenminister Gabriel unterstützt worden ist von Präsident Steinmeier, der sehr geschickt damit umgegangen ist und auch sehr betont, dass die deutsche Haltung in dieser Richtung klar ist. Ich verstehe darin, dass die deutsche Haltung sehr klar ist, vor allem auch, weil der Präsident und Gabriel unterstützt werden von Frau Merkel, der Kanzlerin von Deutschland.
    "Deutschland hat einen Platz in dieser Region"
    Zerback: Der Punkt ist deutlich geworden, Herr Frangi, denke ich, ein ganz klares Lob auch in die Richtung der Bundesregierung, an diese klare Haltung, wie Sie es sagen. Und klar ist auch, dass die Zwei-Staaten-Lösung aktuell die einzig denkbare Perspektive ist. Das ist ja auch die Linie der Bundeskanzlerin und das hat der Bundespräsident bei dieser Reise jetzt noch mal in Jerusalem betont. Können Sie sich denn unter diesen Umständen vorstellen, dass Deutschland tatsächlich in den Friedensbemühungen eine Vermittlerrolle einnimmt? Können Sie sich das vorstellen?
    Frangi: Vermittlerrolle vielleicht nicht, würde ich sagen. Aber sie werden die Rolle so wahrnehmen, wie sie damals mit diesem Atomvertrag mit den fünf Staaten von der Weltgemeinschaft gemacht wurde, aber Deutschland war dabei. Das heißt, Deutschland hat einen Platz in dieser Region und hat auch mitzureden, und wegen der Empfindlichkeiten der Geschichte war es bis jetzt nicht, sagen wir, gestattet seitens der USA oder seitens Israels oder Israels und der USA, dass andere Mächte in dieser Region mitmischen in diesem Konflikt. Aber ich glaube, jetzt ist es eine gute Chance für auch Deutschland, dass sie im Nahen Osten mit entscheiden und mitwirken, weil Deutschland ist ein großes Land.
    Deutschland ist auch betroffen und Deutschland hat auch mit der Geschichte dort sehr viel zu tun, genau wie die Engländer und die Franzosen und die anderen europäischen Länder. Sie haben aber dort einen besseren Namen in der Geschichte, dass sie kein Kolonialland in diesem Gebiet waren.
    "Unterstützen die Gründung eines palästinensischen Staates"
    Zerback: Aber welchen Einfluss hat denn Ihrer Meinung nach Deutschland, die Bundesregierung in der Region? Wenn jetzt keine Vermittlerrolle eingenommen werden soll, mit welchen Erwartungen gehen Sie jetzt heute in dieses Gespräch?
    Frangi: Natürlich hat Präsident Abbas sehr gute Kontakte zu Frau Merkel und zu Bundespräsident Steinmeier und zu allen deutschen Politikern im Grunde genommen. Für uns ist es wichtig, dass die Deutschen sehr klar die Zwei-Staaten-Lösung unterstützen. Das heißt, sie unterstützen die Gründung eines palästinensischen Staates in dieser Region, und das ist sehr wichtig. Sie unterstützen auch die Haltung der Weltgemeinschaft, dass die Siedlungspolitik illegal und nicht zu akzeptieren ist, und das ist für uns eine klare Aussage, dass man die Besetzung der palästinensischen Gebiete nicht mehr akzeptiert.
    Die Stimme Deutschlands hat in diesem Falle ein großes Gewicht in Europa und alle europäischen Staaten unterstützen uns sehr deutlich und sehr klar. Eine gewisse Hemmung in der Bewegung Deutschlands könnte damit jetzt schon überwunden werden.
    Zerback: Weniger klar ist ja aktuell die Position der USA. Am vergangenen Mittwoch haben Präsident Mahmud Abbas und Präsident Donald Trump sich getroffen. Der war ja von der Zwei-Staaten-Lösung in seiner schlussendlichen Konsequenz etwas abgerückt. Das hat Sie durchaus aufgeschreckt, das haben wir in den vergangenen Wochen wahrgenommen.
    Nun hat sich Trump ja sehr optimistisch geäußert nach dem Treffen, dass tatsächlich ein historischer Friedensschluss noch möglich sei. Teilen Sie diesen Optimismus der vergangenen Woche?
    "Israel akzeptieren, aber als Nachbarn und nicht als Besatzer"
    Frangi: Ich werde erst mal ein bisschen korrigieren. Am Anfang hat der amerikanische Präsident Trump Abstand von der Zwei-Staaten-Lösung genommen. Aber jetzt bei diesem Treffen ist es eindeutig, dass er das akzeptiert hat, dass er auch einen Frieden schließen will.
    Zerback: Darauf verlassen Sie sich in aller Eindeutigkeit? Da nehmen Sie den Präsidenten jetzt beim Wort?
    Frangi: Ich meine, der Präsident hat in manchen Punkten seinen Standpunkt geändert. Er war nicht erfahren in dem politischen Bereich. Ich glaube, er versucht jetzt mehr oder weniger direkt mit den Betroffenen zu reden. Er hat vor einem Monat ungefähr mit Netanjahu gesprochen und jetzt hat er mit Präsident Abbas gesprochen. Bei Präsident Abbas war die Stimmung eigentlich sehr gut.
    Mit den Ergebnissen sind wir zufrieden und ich glaube, Präsident Abbas hat auch ihm klar gesagt, dass die Lösung, einen Frieden in dieser Region zu erreichen, nur mit der Gründung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 machbar ist. Das heißt, wir sind Nachbarn von Israel, wir sind bereit, Israel zu akzeptieren, aber als Nachbarn und nicht als Besatzer.
    "Hamas muss sich eingliedern mit den Palästinensern"
    Zerback: Nun ist die internationale Verhandlungsposition von Abbas aber aktuell geschwächt, auch durch den Machtkampf mit der Hamas, und die Hamas zur Aufgabe der Macht zu zwingen, da hat Abbas angekündigt, Israel nicht mehr für Stromlieferungen in den Gazastreifen zu bezahlen. Wird hier der Machtkampf auf dem Rücken der Bevölkerung in Gaza ausgetragen?
    Frangi: Ich sehe das nicht so. Präsident Abbas hat die Unterstützung für seine Politik auf internationaler Ebene. Die Differenzen oder der Konflikt mit Hamas hat einen anderen Charakter. Wenn man beim Gazastreifen weiterhin darauf besteht, den Gazastreifen zu regieren, dann gibt es dafür keine Möglichkeit für Unterstützung auf internationaler Ebene. Die Weltgemeinschaft wird nie zwei Staaten bei den Palästinensern unterstützen. Das heißt, Hamas muss sich eingliedern mit den Palästinensern.
    Dieses Dokument, was sie jetzt veröffentlicht haben, sehe ich als einen positiven Schritt in die richtige Richtung. Das heißt, um sich mit der palästinensischen Regierung und mit Präsident Abbas zu arrangieren, und ich glaube, es gibt keine andere Möglichkeit, als die Trennung zwischen Gazastreifen zu ändern auf der Basis …
    Zerback: Herr Frangi, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Obwohl Hilfsorganisationen warnen, dass es dort eine gefährliche Krise geben kann bei der Wasserversorgung und der sanitären Lage im Land?
    Frangi: Mit Sicherheit! – Mit Sicherheit! – Der Zustand im Gazastreifen ist sehr schwer und sehr belastend eigentlich. Gott sei Dank, dass ich hier bin und alles miterlebe, und ich versuche, auch mehr oder weniger für diese Versöhnung, für diesen Versöhnungsprozess zu arbeiten, und ich glaube, wir haben keine andere Möglichkeit, als uns zu einigen. Und wenn wir uns einigen, dann werden wir mehr Unterstützung von internationaler Ebene bekommen. Und darf ich mal darauf aufmerksam machen, dass sogar die Türkei durch Herrn Erdogan seine Unterstützung für die Gründung eines palästinensischen Staates betont hat, mit Unterstützung durch Präsident Abbas, aber er hat auch das neue Papier von Hamas begrüßt, wo sie die Gründung eines palästinensischen Staates akzeptiert haben.
    Zerback: Herr Frangi, herzlichen Dank an dieser Stelle. Wir steuern auf die Nachrichten zu. – Abdallah Frangi war das, der persönliche Berater von Palästinenser-Präsident Abbas und Gouverneur von Gaza. Besten Dank heute Morgen.
    Frangi: Danke auch. – Tschüss!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.